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Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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konnte. Den hatte ich schon ewig nicht mehr gesehen. Bisher hatte ich das blöde Ding noch nie herzeigen müssen, obwohl ich es schon gefühlte hundert Jahre besaß.
    »Was will der Mann von uns, Mama?«
    »Oh, er möchte nur mal meinen Führerschein sehen.«
    »Warum? Will er wissen, wie der aussieht?« Timo dachte nach. »Er hat bestimmt selber einen Führerschein, sonst dürfte er ja nicht mit dem Auto fahren. Da könnte er doch seinen eigenen Führerschein angucken.«
    Ich wühlte in meiner Tasche. »Er will ihn sehen, weil er Polizist ist. Die Polizei darf so was.«
    »Er hat aber keine Uniform an.«
    »Die braucht er nicht, weil er bei der Kripo ist.«
    Der Typ klopfte gegen die Scheibe, und ich beeilte mich, die Tür wieder aufzumachen. »Ich finde es gleich«, sagte ich nervös. Mir brach der Schweiß aus, während ich im Geiste schon zusammenrechnete, was mich der ganze Spaß kosten würde. Fahren ohne Führerschein, das machte … keine Ahnung, dabei hatte ich es neulich erst irgendwo gelesen. Telefonieren während der Fahrt, das waren … Herrje, ich wollte es gar nicht wissen. Punkte gab es dafür auch, hoffentlich nicht so viele, dass Sophies Führerschein mit siebzehn umsonst war. Sie stand kurz vor der Fahrprüfung, aber danach würde sie nur dann einen Wagen steuern dürfen, wenn jemand sie begleitete, der über dreißig war und nicht mehr als drei Punkte in Flensburg hatte.
    »Ihr rechtes Bremslicht ist kaputt«, sagte der Typ, während er ungeduldig auf den Fersen wippte und mir beim Taschenwühlen zusah.
    »Woher wollen Sie das wissen?«, platzte ich heraus. »Sie sind doch vor mir hergefahren!«
    »Das war vor der letzten Ampel«, korrigierte er mich. »Da habe ich Sie überholt. Als Sie gerade zum ersten Mal telefoniert haben. Sie wissen, dass man während der Fahrt nicht mit dem Handy telefonieren darf, oder?«
    »Werden wir jetzt verhaftet, Mama?«, fragte Timo. Sein kleines Gesicht war blass vor Sorge.
    »Gibt das mehr als drei Punkte?«, fragte ich, ebenfalls sehr besorgt.
    »Warum sehen Sie nicht mal in Ihrem Handschuhfach nach?«, fragte der Kripotyp anstelle einer Antwort. »Da haben die Leute meist ihre Papiere. Oder hinter der Sonnenblende auf der Beifahrerseite.« Er ging ein wenig in die Knie und sagte über meine Schulter hinweg zu Timo: »Keine Angst, junger Mann. Verhaftet wird hier niemand. Ich sehe mir einfach nur gern ab und zu die Führerscheine von anderen Leuten an.«
    Im Handschuhfach war nichts, abgesehen von ungefähr hundert CD s von Benedikt und Sophie. Ich klappte die Sonnenblende herunter. Tatsächlich, da klemmte das Mäppchen mit dem Fahrzeugschein. Und der Führerschein war gleich dahinter! Ich wusste doch, dass ich beides irgendwo griffbereit deponiert hatte! Erleichtert reichte ich die Papiere nach draußen. »Vielen Dank«, sagte ich, und es kam mir aus tiefstem Herzen. Die Polizei, dein Freund und Helfer. Ohne ihn hätte ich vermutlich wochenlang vergeblich das Haus auf den Kopf gestellt und viel Geld für neue Papiere ausgeben müssen, wesentlich mehr als für das Telefonieren am Steuer.
    »Hast du selber keinen Führerschein?«, erkundigte Timo sich mitfühlend.
    »Doch. Aber den kenne ich ja schon. Den von anderen Leuten dagegen noch nicht. Das ist das Spannende an meinem Beruf. Ich kann Autos anhalten und mit den Leuten reden, so kann ich sie näher kennenlernen. Wie heißt du denn zum Beispiel, und wie alt bist du?«
    »Timo. Ich bin sechs. Und das ist meine Mama, sie heißt Annabell und wird in genau einem Monat nicht vierzig, sondern fünfundvierzig.«
    Ich stöhnte unhörbar. Warum hatte das Kind so scharfe Ohren?
    »Ich heiße Tobias und bin auch fünfundvierzig«, sagte der Kripotyp.
    Er prüfte meine Papiere und kritzelte etwas auf einen Block.
    »Ein Punkt in Flensburg«, sagte er. »Und vierzig Euro für das Handy. Wegen der Bremsleuchte belasse ich es bei einer Verwarnung ohne Verwarnungsgeld, wenn Sie mir versichern, dass Sie es schnellstmöglich machen lassen.« Es klang, als täte er mir einen Gefallen. Ich starrte ihn an. Er war unrasiert, hatte ein paar Flecken vorn auf dem Hemd, trug ausgebeulte Jeans und sah auch sonst aus wie ein Straßenräuber. Vielleicht war er überhaupt kein richtiger Polizist, sondern wollte nur mal eben auf die Schnelle ein paar als Gebühren getarnte Euro abzocken.
    »Könnte ich Ihre Dienstmarke noch mal sehen?«
    Er holte sie kommentarlos raus und zeigte sie mir, zusammen mit seinem Dienstausweis. Beides sah echt
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