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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug
Autoren: Joy Fielding
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aufheulen und wiegte sich in ihrem Rhythmus, immer schneller, immer heftiger. Jack trat einen Schritt zurück und machte den weißen Gestalten Platz, die vor ihren Augen verschwammen. Sie merkte auf einmal, daß die Sirenen in ihrem Innern ertönten, und wußte, daß bald wieder eine Nadel aufblitzen würde, um die Menschen um sie herum von diesem furchtbaren Schrei zu erlösen und allen Linderung zu verschaffen, die nicht unmittelbar zu leiden brauchten.
    »Sind meine Eltern benachrichtigt worden?« erkundigte sich Gail später bei Jack. Sie wußte nicht, ob es noch derselbe oder bereits ein anderer Tag war.
    »Ich hab’ sie angerufen. Sie fliegen heute nachmittag her. Carol ist schon da. Sie wartet zu Hause auf dich. Die Ärzte sind nämlich der Meinung, du solltest im Krankenhaus möglichst wenige Besucher haben, damit du dich nicht überanstrengst.«
    »Aber sie ist meine Schwester!«
    »Wenn du willst, fahr’ ich sie später her.«
    »Von wem sind die Blumen?« Es kostete sie Mühe, ihre Gedanken zu ordnen.
    »Die hat Nancy geschickt.«
    »Das war nett von ihr.«
    »All unsre Freunde haben angerufen und sich erkundigt, wie sie uns helfen können. Laura ist einfach großartig. Sie organisiert alles, sorgt fürs Essen...«

    »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Ich konnte sie bis jetzt noch nicht erreichen. Sie macht’ne Kreuzfahrt in der Karibik. Laura versucht sie aufzuspüren.«
    »Ich sollte nach Hause kommen«, wiederholte Gail dumpf. Wie oft hab᾽ ich das in den letzten Tagen schon gesagt? Wie lange bin ich wohl schon hier? überlegte sie. Die vielen Notizblöcke und die gespannten Gesichter fielen ihr ein. »Wo waren die Reporter?«
    »Vor unserem Haus, als wir dich ins Krankenhaus brachten. Ein paar lungern immer noch da rum.«
    »Was wollen sie denn?«
    »Antworten, genau wie wir.«
    Gail schloß die Augen.
    »Draußen ist jemand von der Polizei«, sagte Jack. »Er möchte mit dir reden. Willst du ihn sehen?«
    »Ja.« Gail richtete sich in den Kissen auf und betrachtete den gutaussehenden jungen Mann mit dem hellbraunen Haar, der an ihr Bett trat, ein trauriges Lächeln auf den Lippen.
    »Ich bin Lieutenant Cole.« Er zog sich einen Stuhl heran. »Ich war gestern bei Ihnen.«
    Was denn, erst gestern? wunderte sich Gail. So viele Träume in der kurzen Zeit? »Haben Sie den Mann gefunden?« fragte sie mit kaum hörbarer Stimme.
    »Nein«, antwortete der Kommissar. »Aber die Jungs, die Cindy fanden, konnten uns’ne Beschreibung geben.«
    Er sprach sehr behutsam. »Leider ist nicht viel damit anzufangen. Wir haben sogar einen Arzt hinzugezogen, der die Jungen hypnotisierte, aber sie konnten sich lediglich darauf einigen, daß der Kerl aschblondes Haar hatte, schlank und mittelgroß war und einen jugendlichen Eindruck machte.«
    »Ist das alles?« fragte Jack.
    »Sie haben ihn nur von hinten gesehen. Er trug Bluejeans und eine gelbe Windjacke. Das ist’ne ziemlich vage Beschreibung, die auf mindestens tausend Männer passen könnte, mich eingeschlossen.
« Er hielt inne und fuhr dann leise fort: »Oder zum Beispiel auf Ihren Exmann, Mark Gallagher.«
    »Mark?« wiederholte Gail ungläubig.
    »Darf ich Ihnen ein paar Fragen über Ihren früheren Mann stellen, Mrs. Walton?«
    »Bitte, fragen Sie.« Gail schüttelte die von den Betäubungsmitteln verursachte Lethargie ab. »Aber Sie verschwenden nur Ihre Zeit. Mark hätte meiner kleinen Tochter nie etwas zuleide getan.«
    »Wann wurden Sie von Mr. Gallagher geschieden?«
    Gail mußte einen Augenblick nachdenken. »Ach, das ist schon fast dreizehn Jahre her.«
    »Macht es Ihnen etwas aus, mir zu sagen, warum Sie sich scheiden ließen?«
    »Dafür gab’s viele Gründe. Wir waren sehr jung und sehr verschieden. Mark war noch nicht reif für die Ehe. Er hatte... hatte andere Frauen.« Lieutenant Cole blickte von seinen Notizen auf. »Frauen«, wiederholte Gail. »Keine Kinder. Die Damen, die ihm gefielen, waren in jeder Beziehung erwachsen, das können Sie mir glauben.«
    »Wie stand er zu Ihrer neuerlichen Heirat?«
    Gail zuckte die Achseln. »Er hat mir Glück gewünscht. Ich weiß nicht, was Sie von mir hören wollen.«
    Jacks Hand umklammerte die ihre.
    »Welche Beziehung hat er zu seiner Tochter?«
    »Er liebt Jennifer. Er ist ihr ein wundervoller Vater.«
    »Wie reagierte er denn darauf, daß Jack seinen Platz einnahm?«
    Gail sah ihrem Mann in die Augen. »Ich glaube, anfangs war er ein bißchen beunruhigt. Aber als er merkte, daß Jack keineswegs die
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