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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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hochgeschleudert wurde, bevor es den roten Renner aus Maranello in Rückenlage zwischen die Bäume warf, wo es dem Mallinger endlich den Schädel abriss und der Wagen mit der verbliebenen Restenergie des Crashs in einem letzten Aufbäumen, wie ein sterbendes Tier, mit einem elenden Krächzen noch ein paar Mal vor und zurück schaukelte, bevor er endlich arg zerrupft im aufgewühlten Erdreich stecken blieb, während der Schädel des Mallinger im Sturzhelm noch langsam einige hundert Meter bergab kullerte, Richtung Zuständigkeitsbereich des Grasmuck, wo er schließlich in eine gut getarnte Erdspalte plumpste, in der gerade ein Erdhörnchen schlief
    Nun, gerade zwei Stunden, nachdem ein Anruf bei der Gendarmerie eingegangen war, steht ein paar Meter von ihm entfernt dieser Grasmuck wie eine Dose Tomaten bei Aldi im Regal herum und schaut sich kopfschüttelnd den Ort des Unfalls und den Ferrari an (und fragt sich, was der wohl kostet). Und als jetzt auch noch dieser Biermösel hinzustößt, wünscht sich der Heilige Chris wirklich nichts mehr, als dass er damals bei irgendeinem Scheiß-Pferderennen sein Gespann an die Wand gesetzt und sich dabei den Schädel gespalten hätte!
    Stattdessen hört er nun die beiden Einfaltspinsel über das Wetter reden und sich über die eine wichtige Frage unterhalten, wer es sich von ihnen beiden unten herum mehr vertan hat (als wäre das eine olympische Disziplin, für die es irgendeinen Pisstopf zu gewinnen gäbe!). Er hört sie über „das Wunder Schweinsbraten“ reden und wie lange genau das Fleisch im Rohr bleiben muss („auf Vollgas“, wie sie es nennen!), damit das Krusterl auch schön knusprig wird. Er hört sie weiters über schwarze, gewellte, rassige Mähnen und über fette Ärsche reden, und wie sehr sie beides lieben würden („Viel Arsch, viel Freude“, lautet ihr Motto). Und er hört sie die Vorzüge der Triumph Fips einerseits (Biermösel) und die der Triumph Knirps andererseits (Grasmuck) loben.
    Da spätestens verdammt der Chris den fürchterlichsten Crash überhaupt, den Urknall, den ER in seiner göttlichen Einmaligkeit damals gezündet hat und mit dem wohl alles Elend begann. Er verflucht den Tag, an dem ER das Licht aufgedrehte und die Sonne und die Erde und die Menschenkinder und in weiterer Folge all den Wahnsinn auf den Straßen der Erde geschaffen hat. Und er verflucht das Wort, das am Anfang war, weil er den beiden noch immer bei ihrem Dialog-Pingpong zuhören muss, unterbrochen nur jeweils von tiefen Seufzern und langen Zügen aus ihren Schnapsflaschen:
    „Naja, halt ja.“
    „Ja freilich, halt ja.“
    Da fragt sich der Chris: What the fuck bitte hat ER sich in seiner göttlichen Herrlichkeit gedacht, als er die beiden erschaffen hat?
    Könnte er noch einmal von vorne anfangen, würde er so sinnlos und oberflächlich wie dieser Schlevsky leben, den er gerade fröhlich „Turaluraluralu“ singend und bis auf die Knochen erlöst drüben in den All-inclusive-Wellness-Bereich des Himmels hereinstolpern sieht. In seiner langen Unterhose, die ihm halb beim Arsch hinunterhängt und die natürlich jeder Beschreibung spottet. Sogar das schallende Gelächter der Heerscharen des Himmels würde er in Kauf nehmen, die nun kurz mal ihre Posaunen weglegen, um mit nacktem Finger auf diese Witzfigur zu zeigen, weil er seit dem Luis Trenker der Erste ist, der in der langen Unterhose in den Himmel kommt.
    Der Chris würde im Prinzip alles in Kauf nehmen, wenn er sich sein Dasein hier an der Abzweigung nach Goisern ersparen könnte.
    „Naja.“

Auftunken und Einschmieren
    Über dem Auerhahn ist Ruh’.
    Freilich nicht sehr lange. Weil schon zuckt wieder der erste Blitz und schlägt in den Buchenscheiterstoß hinten am Schießstand ein, an dem der Biermösel gut versteckt die Fernsehantenne montiert hat, damit er sich als passionierter Schwarzseher die Rundfunkgebühr erspart. Und sofort fängt – als Strafe vielleicht? – das Bild im Fernseher an zu wackeln, wie wenn die Welt endgültig und verdientermaßen untergehen täte. Wenn aber das Bild im Fernsehen zum Zittern anfängt, dann muss man sich innerlich auf das Äußerste vorbereiten. Das weiß auch ein jeder, der sich ein bisserl damit beschäftigt. Dann dauert es oft nicht mehr sehr lange, und man ist tot.
    „Naja“, seufzt der Biermösel und kratzt sich hinterm Ohrwascherl. „Naja gut, so ist das halt.“
    Die „Zeit im Bild 1“ ist schon längst vorbei, und die Schwarzhaarige mit ihrer dramatischen Mähne
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