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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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vielleicht stärker war als er.
    „Du oder ich?“, lautet stets seine Frage, wenn er wieder einen von diesen Kuttenbrunzern traf, die stärker sein wollten als er. Und dann hat er sie alle verprügelt, diese Schmalspurcornettos und lächerlichen Fahnen im Wind, die ihm damals in die noch unasphaltierten Gassen gelaufen kamen und sich bescheuerte Namen wie „Master of the Universe“ gaben, wenn sie mit ihm in den Ring stiegen. Nur dass dann bald keiner mehr mit ihm spielen wollte und sie alle mit vollgeschissenen Hosen vor ihm davonliefen, das machte dann echt keinen Spaß mehr!
    Schon begann er Fett anzusetzen, und die Hornhaut an seinen Sohlen drohte ihm bereits abzufallen, als er dann jahrelang nur am Ufer von diesem reißenden Fluss herumlag und nichts weiter tat, als Steinchen ins Wasser zu werfen, McDatteln mit süßsaurer Sauce zu fressen, sich am Arsch zu kratzen und zu warten, ob vielleicht doch noch einer daherkommen würde, der es mit ihm aufnimmt und ihm zeigt, wo genau der Hammer hängt.
    Er war schon ein echter Vollsack mit einem schönen Schwimmreifen um die Hüften geworden, als tatsächlich eines Tages dieser Dreikäsehoch daherspaziert kam, alles in allem nicht größer als sein kleiner Zeh, aber lässig die kleinen Händchen in die Hosentaschen gesteckt und fröhlich „Kumbaya, my Lord“ pfeifend. Und weil es damals (oh selige Zeiten!) über all die Flüsse der Welt noch keine stark befahrenen Autobahnbrücken samt Glatteisgarantie im Frühherbst gab, fragt der kleine Hosenscheißer frech: „Was liegt an, Mann? Kannste mich vielleicht mal hinüber machen ans andere Ufer, oder geht bei dir gar nichts mehr, du alter Schlauch?“
    Sagt der einfach alter Schlauch zu ihm!
    Aber anstatt ihn an den Ohren zu packen und ihn über den Rand der Erde hinauszuschießen, wie er es bei allen anderen getan hätte, schultert er diese halbe Portion und bringt sie wie der Briefträger die Post mit ein paar flotten Kraultempi hinüber ans andere Ufer, ihm war einfach so was von scheißlangweilig!
    Hätte er gewusst, was er sich in der Folge an Scherereien einhandelt, wenn er sich mit Zwerg Bumsti auf ein Zwiegespräch einlässt, hätte er sich gleich die Zunge herausgerissen und in den Arsch gesteckt. Aber der kleine Prinz schaut ihn plötzlich an wie der junge Aristoteles und sagt:
    „He du! Ein Rätsel: Was glaubst du, wen du gerade getragen hast, ha?“
    Mann, er hat echt nichts kapiert! Er hat den Wurm nur mit offenem Mund angestarrt und sich den Schorf vom Arsch gekratzt.
    „Okay, ich verrats dir!“, sagt der Kleine schließlich. „Du hast gerade mehr getragen als die Welt. Du hast den König der Welt getragen.“
    Jetzt ist es so: Normalerweise geht ihm ja die Hutschnur auf, wenn sich einer vor ihm aufbaut und den König der Welt raushängen lässt! Aber die Rotznase erhöht noch einmal die Dosis und sagt:
    „Mann, ich bin’s! Der Jesus Christ! Hast du’s endlich geschnallt, du Doofi?“
    Und als er ihm endlich die Löffel lang ziehen will für all seine Frechheiten, sieht ihn der selbst ernannte Jesus Christ einfach ganz ruhig an und – wie soll er sagen? – war dabei ganz peace, right?
    Da schmolz ihm der stählerne Pilum dahin, mit dem sein Herz ummantelt war, und er sank vor dem Milchgesicht auf die Knie. Er weinte sich die Augen raus und beichtete ihm sein Leben. Und dann schob er Supertussi den Satz raus, den er – in der Rückschau! – besser nie gesagt hätte:
    „Dir will ich dienen, oh König der Welt.“
    Und schon war er heilig!
    Aber als wäre das alles nicht ohnehin schon zum Im-Kreis-Gehen, hängt ihm sein neuer bester Freund, der Herrscher der Welt, nicht nur diesen Allerwelts-Klein-Puschi-Namen Christophorus um dem Hals, sondern weist ihm auch gleich diese verfickte Zuständigkeit für diese verdammten Autofahrer zu. Und seither steht er an jeder zweiten Linkskurve auf dieser Erde als Marterl herum, und er baumelt von jedem zweiten Rückspiegel als Medaillon herab, und es freut ihn so was von gar nicht, echt zero!
    Einen Sack voll Kreuzigungsnägel könnte er heute fressen, wenn er sich als Mitglied des inner circles beim himmlischen Mittagessen zum Beispiel dieses Igelschnäuzchen Hildegard von Bingen ansieht, die sich als Heilige nur um die Müslifresser in den Tante-Emma-Läden da unten kümmern muss! Und warum kann nicht er mal einen auf cooler Flo machen, ärgert er sich über den Streber, der immer den Superman spielen und mit seinem Segen alle Flammen löschen darf, wenn
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