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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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wieder irgendwo eine Chemiefabrik in die Luft fliegt? Und warum kriegt immer nur der heilige Nikolaus den ganzen Applaus, weil er den kleinen Pampersträgern im Advent die schönen bunten Sachen bringt und sie ihn alle dafür lieben, während er immer nur als Watschenbaum und Sündenbock herhalten muss, wenn sich wieder mal einer dutzendfach überschlägt und sich dabei den Schädel abreißt, so wie der Mallinger gerade eben, der nun als Torso im komplett zerknüllten Ferrari des Schlevsky sitzt, während er selbst ein paar hundert Meter von ihm entfernt hilflos im nassen Laub liegt und sich das Gejammere dieser sehr sehr blonden (und sehr sehr leckeren) Russin im grünen Wetterfleck anhören kann, die sich scheinbar im Mischwald verirrt hat und ihn beständig auf Russisch fragt:
    „Wo bitte geht es denn hier nach Nowaja Semlja?“
    Soll sie der Blitz beim Scheißen treffen! Er kann sich doch nicht um alles kümmern!
    Lieber würde er den heiligen Osterhasen spielen als den Schutzpatron für diese doppelt und dreifach blöden Autofahrer wie den Mallinger, den er ja trotz seiner Heiligkeit doch wieder nicht davor bewahren konnte, wie die angestochene Sau ins eigene Unglück zu rasen. So sehr konnte er sich zuvor gar nicht in sein Unterbewusstsein schleichen und ihm in seinen schrecklichen Alpträumen mit „Rübe ab!“ drohen, als dass der kapiert hätte, dass er nicht Auto fahren kann und besser für alle Zeiten keinen Fuß mehr auf ein Gaspedal setzt!
    Stattdessen kommt der Schafskopf unbelehrbar vor einer halben Stunde wieder viel zu schnell um diese Kurve geschossen. In einem Ferrari diesmal, aber wie damals ohne jedes Gespür für die Beschaffenheit der Straße und die Möglichkeiten, die diese Kurve bei diesen Witterungsbedingungen zulässt. Kommt also entfesselt um die Kurve geschossen wie der Furz aus dem Kanal, diesmal in einer seltsam roten Rennmontur steckend anstatt wie damals in einem grünen Steireranzug. Kommt also immer näher, dieser Spaßaffe, und geht einfach nicht vom Gas, der geht einfach nie vom Gas, sodass er auf dem glitschigen Terrain und in der Nebelsuppe mit dem linken Hinterrad – was vorhersehbar war! – auf das Straßenbankett gerät, wo ihm wiederum ein abgebrochenes Stück vom Geweih des Hirschen, den vor einigen Tagen an einer Stelle nicht weit von hier dieser verrückte Biermösel mit seiner Glock über den Haufen geschossen hat, den Reifen aufschlitzt, was wiederum zur Folge hatte, dass der Ferrari am Scheitelpunkt der Kurve unweit der Bodenwelle, vor der ihn der Grasmuck erst vorgestern als Statue wieder aufgestellt hat, spontan nach links ausbrach.
    Und dann war im Prinzip wieder alles wie damals: Der Mallinger begann hektisch an seinem Lenkrad herumzufuhrwerken und wie verrückt dagegenzulenken, in dem wie immer irrigen Glauben, dass solch hektische Manöver ein Beweis seiner Reaktionsschnelligkeit wären und seine Fahrkünste unterstreichen würden. Doch war er „zu diesem Zeitpunkt nur noch Passagier“, wie der Heinz Prüller in seinen Live-Übertragungen im Staatsfunk den Zustand des völligen Kontrollverlustes richtig beschreibt, der zwangsläufig immer dann eintritt, wenn ein katholischer Deutschlehrer einen roten Ferrari steuert.
    Dabei musste der Mallinger doch spätestens seit seinem Crash damals, als er die Tonne Fett namens Hertha neben sich auf dem Beifahrersitz in den Tod schickte und den Nachwuchs-Niki gleich mit dazu, dabei musste er doch wissen, dass aus ihm nie eine Rennsau werden würde! Vielleicht aus Rotkäppchen oder einem Kilo Hackfleisch, dass man eine Rennsau machen könnte. Aber aus dem Mallinger? Neverever!
    Mit zerfetztem Reifen schlitterte er zunächst den Straßengraben auf der rechten Seite der Straße entlang, bevor ihm ein Erdwall einen unverhofften Linksdrall verpasste, der den Ferrari direkt zu ihm auf die Mischwaldseite herüberschoss, wo es ihn an einem betonierten Straßenbegrenzungspfeiler abrupt stoppte, es ihn in die Luft wirbelte, wo er 14 gehechtete Saltos mit sieben Schrauben schlug, bevor er selbst, der Chris, vom Heckflügel des F50 so schwer touchiert wurde, dass er – als Vorhut gewissermaßen! – in den Mischwald heraufgeschleudert wurde, von wo aus er sich dann sozusagen erste Reihe fußfrei die Fortsetzung des Actionschockers anschauen durfte:
    Der Mallinger in seinem Ferrari krachte nach all den Saltos gegen die erste Buche, von der er quasi wie ein Tennisball mit ungeheurer Wucht ein letztes, ein allerletztes Mal
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