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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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unter der Wellpappe, der kann nichts passieren. Und er selbst wird heute sowieso nicht mehr hinausgehen, so wie es jetzt ausschaut, lieber bleibt er heute herinnen in der warmen Stube. Am Samstag bleibt er einfach am liebsten herinnen, wenn alle anderen draußen ausschweifen gehen. Sollen sich die anderen draußen die Schädel einschlagen und im Alkoholrausch gegen Bäume und Heilige rasen, sagt er sich immer, er legt sich lieber auf die Ofenbank und zieht weiter Bilanz:
    Dass er den Schlevsky im Blutbad ersoffen aufgefunden hat? Dazu von ihm abschließend vielleicht nur noch zwei Worte: „Mir wurscht!“
    Es ist ihm nämlich nicht leid um den Schlevsky, ehrlich nicht. Er hat den Schlevsky nie mögen. Ein Gendarm aus Aussee mit Charakter und Grundsätzen, wie er einer ist, und ein Puffkaiser aus dem deutschen Osten ohne Anstand und Benimm, wie der Schlevsky einer war, das wird keine Lebensfreundschaft, das passt einfach hinten und vorne nicht zusammen.
    „Da, tunk brav auf!“, sagt die Roswitha, wie sie die zweite Rein mit dem Bratlfett herstellt und einen halben Laib Brot mit noch einem Marillenen dazu. „Ich geh schon vor und wart dann auf dich.“
    „Jaja“, sagt der Biermösel und bricht das Brot. „Geh du schon vor und wart dann auf mich.“
    Jetzt, wo die Roswitha vorgegangen ist und auf ihn warten wird, fällt ihm auf, dass er die ganze Zeit schon an die platinblonde mutmaßliche Amme aus dem Deutschkurs denken muss, und wie gern er der den Arsch heute einschmieren täte anstatt der Roswitha. Die wäre weiß Gott besser dran, wenn sie ihm verfallen wäre anstatt dem Schlevsky, hadert er jetzt ein bisserl mit dem Schicksal. Ihm hätte sie in die Hände fallen müssen, ihm, ihm, ihm! Aber sag den Weiberleut’, sie sollen den geraden, sicheren Weg zusammen mit ihm beschreiten, schon kratzen sie mit ihren langen Fingernägeln Serpentinen in die Landschaft und ziehen den Zickzack-Kurs vor. So sind sie halt, die Weiberleut’! Stur und uneinsichtig sind sie. Geheimnisvoll und unergründlich. Fast wie der Chinese.
    Na gut, denkt sich der Biermösel noch einmal und zieht die Rein heran. Dann geht er halt wieder zur Roswitha hinauf in die Kammer, wo sie sich wahrscheinlich gerade auf ihrem Bett aufbockt und das Gesäß himmelwärts richtet wie der Ramzi das seine beim Gebet. Sie wird den roten Kopf in die weißen Hände stützen und das Rot-Weiß-Rote Liedbuch der Parteigranden vor sich auf den Kopfpolster legen, und daraus wird sie ihm gleich „Brüderlein fein“ Vorsingen, weil er genau das für die Roswitha ist – das Brüderlein fein.
    Da wischt sich der Biermösel eine Träne aus dem Auge, weil das dann schon auch immer sehr bewegende Momente sind, die er mit seiner Schwester erleben darf. Und wenn er sich anschaut, wo so mancher andere in dieser ganzen blöden Geschichte gestrandet (oder verendet) ist, dann hat er es vielleicht mit der Roswitha an seiner Seite gar nicht so schlecht erwischt.
    Naja, denkt sich der Biermösel. Naja gut.
    Da reißt es ihn augenblicklich aus seiner Bettschwere, wie er den Moik im Fernsehen weiter in die Enge treiben will und sich stattdessen auf einmal fragt: Sind das jetzt vielleicht die Radinger Spitzbuam beim Moik im Fernsehen?! Kann es denn in Dreiherrgottsnamen wirklich sein, dass das die Radinger Spitzbuam sind? Ist es denn möglich, dass die da drinnen beim Moik tanzen, hüpfen, springen und singen und er sie nicht hören kann, weil er die depperte Fernbedienung nirgends findet, Kruzifixnocheinmal, darf denn das sein?
    Na freilich darf das sein!
    Wie er nämlich die Fernbedienung unter dem Schafwollpolsterl endlich findet, verabschiedet der Moik die Radinger Spitzbuam schon wieder, und der Biermösel ist einmal mehr um den Höhepunkt in seinem Leben umgefallen.
    Es war ihm halt einfach wieder nicht vergönnt.
    Da schaltet er den Fernseher überhaupt komplett aus und setzt sich wieder auf sein Polsterl auf der Bank. Ein bisserl eingeschnappt ist er jetzt schon, weil es der Herrgott dort drüben in seinem Winkerl wieder nicht so eingerichtet hat, dass er die Radinger Spitzbuam hat live hören dürfen.
    „Deine Wege sind auch sehr unergründlich!“, wirft er dem Herrgott mit einem scharfen Blick aus den Augenwinkeln heraus vor. „Kenn sich einer aus bei dir!“
    Da richtet sich der Biermösel auf und kratzt sich am Ohrwascherl, weil ihn da drinnen schon die ganze Zeit irgendwas so deppert juckt, das ist aber lästig! Und wie er mit dem vierundvierzig Deka schweren
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