Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leb wohl, liebes Hausgespenst!

Leb wohl, liebes Hausgespenst!

Titel: Leb wohl, liebes Hausgespenst!
Autoren: Marie Louise Fischer
Vom Netzwerk:
Gelände des Hotels befinden.
    Die Nacht würde sie also sicherlich nicht im Freien verbringen müssen — aber was für eine Blamage! Frau Stein würde sich schrecklich aufregen und mit ihr schimpfen, und Ingrid und Norbert würden sie bis ans Ende ihrer Tage damit aufziehen.
    Nein, sie mußte allein hier herausfinden.
    Wenn es nur gleichmäßige Steine gegeben hätte oder etwas Ähnliches, mit dem sie ihren Weg hätte kennzeichnen können, damit sie wenigstens wußte, ob sie ihn schon einmal gegangen war. Aber sie fand nichts, was dazu dienen konnte.
    Also ging sie langsam weiter und sah sich jeden Strauch, jeden Baum und jeden Hügel aufmerksam an.

Monika macht eine Bekanntschaft

    Endlich erreichte Monika wieder einmal eine Lichtung und — traute ihren Augen nicht! Sie schloß die Lider und riß sie wieder auf. Aber es war keine Fata Morgana. Bäuchlings auf einer Decke ausgestreckt lag ein großer Junge, die Ellbogen aufgestützt, das Kinn in den Händen, und las. Er war so in sein Buch vertieft, daß er sie gar nicht bemerkte.
    Monika fiel ein Stein vom Herzen. Sie war gerettet, und sie war nicht mehr allein. Wenn sie nur Englisch gekonnt hätte! Aber auch so mußte sie ihn ansprechen. Das Wort „Hotel“ würde er doch bestimmt verstehen.

    Also trat sie zaghaft näher und sagte: „Excuse me...“ Das war einer der wenigen Ausdrücke, die sie auf dem Schiff gelernt hatte, und bedeutete, soviel sie wußte, „Entschuldigung“.
    Der Junge hob den Kopf und blickte sie mit gerunzelter Stirn an.
    „Zum... Hotel?“ fragte Monika und wies mit der Hand suchend in verschiedene Richtungen.
    „Wie kommst du denn hierher?“ fragte der Junge.
    „Du sprichst deutsch?“ rief Monika erleichtert.
    „Ich bin Deutscher. Stört dich das etwa?“
    „Nein, im Gegenteil... ich bin nur so überrascht! Kannst du mir sagen, wie ich zum Hotel zurückkomme?“
    „Was willst du denn dort?“ Der Junge sah auf seine Armbanduhr. „Es ist ja noch nicht einmal Mittag.“
    „Ich möchte bloß wissen, wo es liegt.“
    „Du hast dich verirrt?“
    „Lach mich bloß nicht aus!“
    „Tu ich ja gar nicht. Das Gelände ist unheimlich groß. In den ersten Tagen habe ich versucht, es zu umkreisen. Aber das ist unmöglich. Man würde viele Stunden brauchen. Vielleicht sogar Tage.“
    „Das habe ich nicht gewußt.“
    „Mach dir nichts draus. Jetzt weißt du es.“
    „Aber wie komme ich zurück?“
    „Noch ein Stückchen geradeaus und dann rechts ab.“ Er merkte, wie unsicher sie war, klappte sein Buch zu, sprang auf die Füße und rollte die Decke zusammen. „Ich werde es dir zeigen“, erbot er sich großmütig.
    „Das ist nett.“
    Er ging vor ihr her.
    „Komisch“, sagte sie, „die ganze Zeit habe ich keinen Menschen hier getroffen... außer dir!“
    „Ja, eben drum.“ Er ging mit großen Schritten vor ihr her, so daß sie ihm kaum folgen konnte.
    Sie versuchte den Sinn seiner Worte zu verstehen. „Liebst du die Einsamkeit?“
    „Ich will bloß manchmal meine Ruhe haben.“
    „Aha!“
    Er blieb stehen und fühlte sich jetzt doch zu einer näheren Erklärung bemüßigt. „Weißt du, ich bin mit meiner Mutter hier. Im allgemeinen komme ich ganz gut mit ihr aus. Aber manchmal hat sie schlechte Laune, und dann gehe ich ihr, wenn irgend möglich, aus dem Weg.“
    „Vielleicht hat sie Kopfschmerzen oder so, und du solltest sie trösten.“
    „Alles schon versucht. Glaub mir, das Beste ist immer noch, ich lasse mich gar nicht blicken.“
    „Du mußt es ja wissen. Übrigens... ich heiße Monika.“
    „Ich Günther.“
    „Und woher kommst du?“
    „Aus Ottobrunn.“
    Ihre Wangen röteten sich. „Aus Ottobrunn bei München?“
    „Du kennst es?“
    „Aber ich lebe ja ganz in der Nähe! In Haidholzen... das ist ein Weiler... und wir leben noch außerhalb. Aber es ist wunderschön dort.“ Als er ein skeptisches Gesicht machte, fügte sie hinzu: „Wirklich! Und im Herbst komme ich aufs Gymnasium nach Ottobrunn!“
    „Da bin ich.“
    „Auf dem Gymnasium?“
    „Sechste Klasse.“
    „Toll!“ sagte sie voll Bewunderung. Jetzt, da sie nicht mehr fürchten mußte verlorenzugehen, kam sie erst dazu, ihn sich richtig anzusehen; er war groß und schlaksig, hatte dunkelblondes weiches Haar und leuchtend braune Augen. Beinahe hätte sie impulsiv gesagt: „Du gefällst mir!“, aber sie verkniff es sich dann doch noch.
    „So toll nun auch wieder nicht!“ sagte er und ging weiter.
    Sie trabte hinter ihm her und dachte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher