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235 - Auf dem sechsten Kontinent

235 - Auf dem sechsten Kontinent

Titel: 235 - Auf dem sechsten Kontinent
Autoren: Michael M. Thurner
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1.
    Ankunft
    20. Januar 2525, Südpolarbecken
    Eine Wasserwüste lag vor ihnen, hinter ihnen, links und rechts und unter ihnen. Die Transportqualle schaukelte behäbig über meterhohe Wellenkämme; sie allein vermittelte das Gefühl von ein wenig Geborgenheit inmitten dieser Einöde.
    »Es ist schaurig schön«, sagte Aruula. Sie lehnte sich gegen Matts Schulter.
    »Dennoch hätte ich nichts gegen festen Boden unter meinen Beinen einzuwenden. Allmählich habe ich genug von Wasser, von Salzkrusten, von Tiefseefahrten und von Nahrung, die ausschließlich aus Meeresgetier besteht.«
    »Gefällt es dir etwa nicht, mit mir alleine zu sein?«, fragte Aruula schmollmundig.
    »Ja, schon, aber…«
    »… aber?!« Sie fauchte wie eine Katze und löste sich von ihm. »Hast du genug von mir? Reichen dir ein paar Tage, um all das aufzuholen, was wir über Monate hinweg versäumt hatten? Sehnst du dich vielleicht nach einem anderen Weib?«
    »Natürlich nicht…«
    »Stinke ich aus dem Mund, riechen meine Füße, missfallen dir meine Narben?«
    »Aber nein…«
    »Bin ich dir zu alt geworden? Bist du zu alt geworden und schaffst es nicht mehr, deinen kleinen Krieger kampfbereit zu halten?«
    »Also hör mal – das geht jetzt wirklich zu weit…«
    »Du redest, redest, redest ununterbrochen.« Aruula presste ein paar Tränchen hervor. »Und dabei erlöschen Liebe und Leidenschaft und du empfindest nichts mehr für mich…«
    »Es reicht!« Matt trat auf die Barbarin zu, packte sie um die Hüfte und zwängte sich mit ihr hinab ins Innere der Transportqualle. »Der alt gewordene Maddrax wird dir zeigen, wie es steht um seine Leidenschaft.« Er drückte eine Taste der bionetischen Kontrollen und in der Quallenwandung bildete sich ein breites Lager aus. »Mach dich auf was gefasst!«
    »So?« Aruula legte sich auf den Rücken und räkelte sich erwartungsvoll auf dem halborganischen Material. »Sollte ich mich etwa in dir getäuscht haben?« Sie grinste ihn an.
    »Dir werd ich’s zeigen, du Lotterweib!« Matt zog sich Hose und Hemd vom Leib. »Ich möchte niemals wieder Beschwerden über meine Qualitäten hören!«
    »Wie du befiehlst.« Aruula grinste ihn an, erwiderte seinen Kuss und genoss sichtlich seine Erregung. Männer sind ja so berechenbar…
    Sie liebten sich lange und leidenschaftlich im Rhythmus der Transportqualle, die über Wellenkämme hinwegrollte, bis die Nacht über dem endlosen Ozean hereinbrach.
    »Geht’s dir jetzt besser?«, fragte Aruula, als sie ermattet nebeneinander lagen.
    »Ja, dank dir.« Matt verzog das Gesicht. »Ich laufe zurzeit ein wenig… unrund.«
    »Das habe ich gespürt.« Sie grinste ihn an. »Da musste ich dich einfach mal ein bisschen ablenken.«
    »Was dir auch gelungen ist.« Er küsste sie. »Weißt du… es hat mich ja gefreut, nach Australien zurück zu kehren und Airin und ihre Freunde wieder zu sehen. Und es war auch wichtig, die Stele des Finders auf dem falschen Uluru zu vernichten. Aber ich spüre, dass uns die Zeit unter den Nägeln brennt. Ich wollte, wir hätten die alte Waffe der Hydriten bereits gefunden.«
    »Es läuft dir nichts davon«, sagte Aruula. »Dieser Flächenräumer ist seit zehntausend Jahren unter dem ewigen Eis begraben. Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es sicherlich nicht an.«
    »Wenn du dich da mal nicht täuschst! Ich habe oft erlebt, dass sich die Dinge zu einem bestimmten Zeitpunkt zuspitzen. Mitunter kommt es auf Stunden oder gar Minuten an. Ich bin immer noch in Sorge, dass uns die Pläne in Gilam’esh’gad gestohlen wurden und wir den Täter nicht ermitteln konnten. Das Wissen um diese Waffe darf keinesfalls in fremde Hände gelangen.«
    Matt blickte westwärts. Gazeähnliche Lichter tanzten dort durch die Dunkelheit. Sie bewegten und drehten sich wie ineinander gewundene Tücher. Nordlichter waren dies – beziehungsweise Südlichter, auch Aurora Australis genannt. Sie bewiesen, wie sehr sich die Erde während der Fünfhundert-Jahres-Frist verändert hatte, die er als Reisender im Inneren eines Zeitstrahls übersprungen hatte. Der geographische Südpol befand sich nun, schenkte man den Aufzeichnungen der Internationalen Raumstation Glauben, die die Cyborgs in Amarillo damals ausgewertet hatten, nahe der Kerguelen-Inseln auf Höhe des 50. südlichen Breitengrades. Binnen weniger Jahrzehnte hatte sich dort ein Eispanzer gebildet, der wuchs und wuchs und für gewaltige klimatische Umwälzungen sorgte. Die Antarktis, die man im 21. Jahrhundert
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