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Leb wohl, liebes Hausgespenst!

Leb wohl, liebes Hausgespenst!

Titel: Leb wohl, liebes Hausgespenst!
Autoren: Marie Louise Fischer
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festhielten, die großen braunen Früchte ab und rutschten, mit ihrer Beute unter dem Arm, wieder herunter. Sie liefen damit zu einem offenen Kastenwagen, auf den ein älterer Mann die Nüsse schichtete. Der Wagen war schon fast voll.
    „Sieh nur! Sieh!“ rief Monika begeistert. „Hast du so etwas schon gesehen!? Ist das nicht wie im Kino!?“
    Günther blieb gelassen. „Soll ich dir eine runterholen?“ fragte er.
    „Nur ja nicht!“
    Günther wandte sich an den älteren Mann und fragte ihn etwas auf englisch, was Monika nicht verstand. Der Aufseher schüttelte den Kopf und zeigte gleichzeitig mit einem freundlichen Lächeln weiße, sehr große Zähne. Dann nahm er eine Art eisernen Meißel, schlug ein Loch in eine der Kokosnüsse und reichte sie Monika. „Drink, please!“ sagte er.
    Das verstand Monika. Sie setzte die Kokosnuß an die Lippen und trank. Die Kokosnußmilch schmeckte süß, fruchtig und frisch. Sie glaubte, daß ihr nie etwas Köstlicheres über die Zunge und in die Kehle geronnen war.

    Als sie die Nuß absetzte, gab der Aufseher, der sie lächelnd beobachtet hatte, ihr mit dem Kopf einen Wink, sie Günther weiterzureichen.
    Sie tat es, obwohl es ihr komisch vorkam, daß sie beide, die sich doch gerade erst kennengelernt hatten, schon aus ein und derselben Nuß trinken sollten. Aber er nahm sie ihr ganz selbstverständlich ab, hielt sie hoch, beugte den Kopf nach hinten und trank.
    „Schmeckt das nicht fabelhaft!?“ rief sie. „Nie hätte ich mir träumen lassen, daß ich einmal frische Kokosnußmilch trinken würde!“
    Er setzte die Nuß ab und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Willst du noch mal?“
    „Nein, danke! Ich hatte bestimmt schon den größeren Teil. Hoffentlich habe ich dir überhaupt noch genug gelassen.“
    „Wirklich nicht?“
    „Nein, danke! In meinem Bauch pumpert’s schon.“ Günther trank und schüttelte die Kokosnuß dann, um festzustellen, ob sie auch wirklich leer war.
    „Finished?“ fragte der Aufseher.
    „I think so!“
    Der Aufseher streckte seine braune Hand aus, und Günther legte ihm die Kokosnuß hinein. Der Mann nahm ein erschreckend großes Messer — die Klinge war sicher dreißig Zentimeter lang — holte aus und hieb die Kokosnuß mit einem einzigen Schlag in zwei Hälften, von denen er eine Monika, die andere Günther reichte.
    „Danke, vielen Dank!“ rief Monika, besann sich aber und fügte in ihrem mühsamen, königlich-bayrischen Englisch hinzu: „Thank you, mister!“
    Sie steckte ihr Gesicht in die Kokosnußhälfte und begann zu knabbern, und das Fleisch schmeckte ganz anders, als sie erwartet hatte. Es war weich und süß und mild und hatte in seiner Beschaffenheit gar keine Ähnlichkeit mit dem der getrockneten Kokosnüsse, die sie vom Oktoberfest her kannte. Einen Augenblick dachte sie daran, ein Stück aufzuheben und es Ingrid und Norbert mitzubringen. Aber es schmeckte viel zu gut, und sie wollte auch den freundlichen Spender nicht enttäuschen. So kaute und schluckte sie denn, bis nur noch die braune Schale übrig geblieben war.
    Günther tat es ihr gleich. „Das war wirklich ein Hochgenuß!“ sagte er und leckte sich die Lippen ab.
    „Das kannst du zweimal sagen!“ bestätigte Monika strahlend. „Auch wenn ich jetzt keinen Appetit mehr für das Mittagessen habe... das war die Sache wert.“
    Günther suchte in seiner Hosentasche. „Schade, daß ich kein Geld bei mir habe.“
    Monika verstand sofort. „Du möchtest ihm was geben? Aber das brauchst du doch nicht. Er hat uns doch bestimmt angesehen, daß wir nichts haben. Er wollte uns nur eine Freude machen.“
    So ließen sie es also dabei bewenden, sich noch einmal sehr herzlich in deutscher und, so gut es gehen wollte, englischer Sprache zu bedanken. Der Aufseher war, wie Monika vorausgesehen hatte, gar nicht enttäuscht, sondern strahlte über das ganze Gesicht.
    „Nette Menschen hier, nicht?“ sagte Monika, als sie abschoben.
    „Riesig nett“, bestätigte Günther.
    „Sag mal, hättest du dich wirklich getraut, eine Palme hochzuklettern?“
    „Na klar. Warum denn nicht? Ich bin ein guter Turner.“
    „Aber die Dinger sind verflixt hoch! Mindestens fünf Meter.“
    Er lachte. „Natürlich hätte ich mir die kleinste ausgesucht.“
    „Das spricht für dich. Aber ich bin trotzdem froh, daß du es nicht getan hast.“
    „Ich hätte es versucht, wenn der Mann es mir erlaubt hätte. „
    „Du hast wirklich Mut!“ sagte Monika bewundernd.
    „Meine
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