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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß
Autoren: Colin Forbes
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Zug auf seiner langen Fahrt nach Wien zunächst nach Zürich abfahren. Sie öffnete ihre Handtasche – die Kassette, die der Kellner ihr zugesteckt hatte, befand sich in einem Seitenfach mit Reißverschluß –, nahm eine elfenbeinerne Zigarettenspitze heraus, steckte eine Zigarette hinein, zündete sie an und nahm einen tiefen und langen Zug.
    »Mein Gott«, sagte sie zu sich selbst, »schon wieder dieses Rumoren im Magen. Werde ich in solchen Augenblicken nie die Spannung loswerden?«
    Dann fiel ihr ein, was Harry Wargrave ihr einmal gesagt hatte. »Wenn du keine Anspannung mehr spürst, bist du raus aus diesem Geschäft – du brauchst sie, damit die Reflexe rasiermesserscharf bleiben…« Die Erinnerung an diese Bemerkung tröstete sie ein wenig, während sie sich zwang, zu entspannen, sich zurückzulehnen und zu fühlen, wie ihr Puls sich normalisierte.
    Sie fühlte sich noch mehr getröstet, als sie Matt Leroy vor ihrem Abteilfenster vorübergehen und in den nächsten Waggon einsteigen sah. Mein Gott, dachte sie, diesmal ist er spät dran; möchte gern wissen, warum? Der Expreß setzte sich in Bewegung, glitt nach Osten aus der riesigen Halle des Bundesbahnhofs in den Schneefall hinaus und beschleunigte rasch auf seiner schnellen einstündigen Fahrt nach Zürich.
    Der Schweizer Bahnschaffner kam wenige Minuten später herein, als der Zug schon durch die Landschaft raste. Er ließ sich Zeit mit dem Prüfen ihrer Fahrkarte: Er war ein Mann, der weibliche Schönheit zu schätzen wußte. Und die hier ist eine Schönheit, dachte er, als er die Fahrkarte knipste und Elsa Lang dann wieder betrachtete. Gleichmütige graue Augen, in denen die Andeutung eines schelmischen Lächelns aufblitzte, erwiderten seinen Blick. Sie hatte eine auffallende Gesichtsform, eine wohlgeformte Nase, volle, aber feste Lippen und ein Kinn, das auf Charakter und Entschlossenheit schließen ließ.
    »Angenehme Reise, Madame«, sagte er in gepflegtem Englisch. Er sah aus dem Fenster und zuckte die Achseln. »Trotz des Wetters…« Er verließ das Abteil. Ein aufmerksamer Schweizer, dachte Elsa Lang, als sie die Rückfahrkarte wieder in die Geldbörse steckte. ›… Madame.‹ Er hatte ihren Ehering bemerkt, obwohl sie in Wahrheit mit ihren achtundzwanzig Jahren noch sehr ledig war. Ein weiteres Detail, auf dem Harry Wargrave bestanden hatte. ›Verheiratete Frauen ziehen eine Spur weniger Aufmerksamkeit auf sich als ein alleinstehendes Mädchen, das allein reist.‹
    Draußen auf dem Gang prüfte der Schaffner die Rückfahrkarte des Amerikaners Matt Leroy, der sich gegen die Leiste des Türrahmens lehnte und eine Zigarette rauchte. »Ich habe um einen Platz in einem Raucherabteil gebeten«, bemerkte er beiläufig, »und dann hat man mir diesen gegeben«, log er. Er zeigte auf das leere Nichtraucherabteil hinter ihm, in dem seine Reisetasche auf einem Sitz lag. Der Schaffner schloß aus dem Akzent Leroys, daß er es mit einem Engländer zu tun hatte. Diesen Akzent hatte Leroy während seiner zwei Jahre als Sicherheitsbeamter an der amerikanischen Botschaft am Grosvenor Square zur Perfektion gebracht. Außerdem trug der Amerikaner einen in der Savile Row gekauften Kamelhaarmantel.
    »In den Raucherabteilen ist noch viel Platz«, meinte der Schaffner, als er die Fahrkarte knipste.
    »Macht nichts«, versicherte Leroy. »Bis Zürich ist es ja nicht weit.«
    In Wahrheit hatte er sich den Platz im Nichtraucherabteil reservieren lassen, um in der Nähe Elsa Langs zu sein. Während der Schaffner seine Runde fortsetzte, sah Leroy auf die Uhr und strich sich über den Schnauzbart. Der Zeitplan war wie immer sehr knapp, und er hoffte wieder einmal inständig, daß der Expreß rechtzeitig in Zürich ankam. Die Tatsache, daß er genau wie Elsa mit einer Rückfahrkarte reiste, war nur ein weiteres Detail, auf dem der Engländer, Harry Wargrave, bestanden hatte. »Das läßt darauf schließen, daß Sie nach Basel zurückfahren werden«, hatte er hervorgehoben. »Nur für den Fall, daß die falsche Person in Ihrer Nähe steht…«
    Punkt 11 Uhr 12 lief der Expreß im Züricher Hauptbahnhof ein. Elsa Lang stand bereits mit ihrem Koffer am Ende des Waggons, um sofort aussteigen zu können. Sie eilte zum Ausgang und trug ihren Koffer selbst zum Taxistand gegenüber vom Hotel Schweizerhof auf der anderen Straßenseite. Sie stieg in das erste wartende Taxi ein. Erst als sie im Wagen saß, sagte sie dem Fahrer mit leiser, sanfter Stimme, wohin sie wollte.
    »Zum
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