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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß
Autoren: Colin Forbes
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Flughafen, bitte. Ich bin ziemlich verspätet…«
    Matt Leroy, der nach ihr aus dem Zug ausgestiegen war, hatte einen anderen Weg gewählt. Er sprintete durch die breite Seitenhalle an der Gepäckaufbewahrung vorbei und hatte die Wagenschlüssel schon in der Hand, als er den an der Stirnseite des Bahnhofs geparkten Citroen erreichte. Der Motor sprang augenblicklich an – der Wagen war ihm erst vor wenigen Minuten hingestellt worden –, und er fuhr noch so rechtzeitig zur Vorderseite des Bahnhofs, daß er Elsas Taxi wegfahren sehen konnte. Sie sah aus dem Fenster, so daß er sie erkennen konnte. Er folgte ihr in unauffälligem Abstand zum Flughafen, rund sechzehn Kilometer außerhalb der Stadt.
    Der vierunddreißig Jahre alte Leroy hatte eine täuschend beflissen wirkende Erscheinung, aber es lag etwas wie stählerne Wachsamkeit in seiner Haltung, als er durch seine silbergeränderte Brille nach vorn spähte, um Elsas Taxi im Blickfeld zu behalten. Er sah immer wieder in den Rückspiegel, um sich zu vergewissern, daß kein Fahrzeug sie verfolgte. Seine Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, daß Elsa Lang sicher den Züricher Flughafen erreichte. Unterstützt wurde er dabei von dem Team in Basel; das hatte die beiden Männer verschwinden lassen, die den Kellner abgefangen hatten. Und wie bei den vorhergehenden allmonatlichen Fahrten sah er auch diesmal mit einem Gefühl der Erleichterung, wie Elsa Langs Taxi vor dem Flughafengebäude vorfuhr, wie sie mit ihrer Gucci-Reisetasche ausstieg und ins Innere des Gebäudes eilte. Er ließ den Citroen stehen und folgte ihr.
    Seine Erleichterung wurde noch größer, als er in der Halle einen hochgewachsenen, dunkelhaarigen Engländer an einem Zeitungsstand stehen sah, der sich für die ausliegenden Taschenbücher zu interessieren schien. Leroy seufzte; seine Aufgabe war wieder einmal erledigt. Jetzt übernahm Harry Wargrave.
    Mit seinen siebenunddreißig Jahren hatte Harry Charles Frederick Wargrave dreimal soviel erlebt wie andere Männer seines Alters.
    Er war über einen Meter achtzig groß, schlank und bewegte sich leicht und mühelos. Seine Augenbrauen hatten die gleiche dunkle Farbe wie sein dichtes Haar. Wenn er Menschen mit seinem spöttischen Blick ansah, hoben sich oft unmerklich die Augenbrauen. Er hatte eine lange Nase, vorstehende Backenknochen und einen breiten Mund, dessen Mundwinkel Humor ahnen ließen. Als er in seinem militärisch geschnittenen Regenmantel am Zeitungsstand wartete, vermittelte seine ganze Erscheinung den Eindruck von einem Mann, dem im Leben alles glatt und leicht von der Hand ging und der unbekümmert dahinlebte. Sein Verhalten strahlte eine sorglose Nachlässigkeit aus. Manch einer hatte seine Fehleinschätzung von Wargraves Person bedauern müssen. Einige waren schon vorher gestorben.
    Mit neunzehn hatte Wargrave seine Pilotenausbildung durchgestanden – damals war er der jüngste Pilot der britischen Marine gewesen. Daneben besaß er einen Pilotenschein für Hubschrauber. Er hatte Torpedoboote gesteuert und beschrieb sich manchmal selbst als einen ›Technik-Verrückten‹. Wenn ich an einem Fahrzeug oder einem Flugzeug etwas Neues sehe, muß ich das Ding fahren oder fliegen…
    Später, nach der Überstellung zum Nachrichtendienst der Marine im Rang eines Commanders, war er der britischen Botschaft in Washington mit der Aufgabe zugeteilt worden, in den USA tätige Spione aufzuspüren. Diese Spione hatten der Sowjetunion technische Geheimnisse verraten, die Großbritannien seinerseits mit den USA geteilt hatte. Dies alles war aber nur ein Anfang gewesen. Mit seinen fließenden französischen, deutschen, italienischen und serbokroatischen Sprachkenntnissen war er danach zum Secret Service abkommandiert worden – dem noch immer besten Geheimdienst der Welt, mögen einige Romanschreiber auch versuchen, ihn als einen Klub von lauter Trotteln hinzustellen.
    Nachdem er in verschiedenen Teilen Westeuropas gearbeitet hatte – in dieser Zeit hatte er sämtliche Spitzenleute der Abschirmdienste und der Abwehrorganisationen gut kennengelernt –, wurde Wargrave zum Balkan in Marsch gesetzt. Von seinem Hauptsitz in Athen aus hatte er sich Aktivitäten gewidmet, die noch immer in Dunkel gehüllt waren. ›Die größte Mördergrube der Welt‹, hatte er den Balkan einmal genannt. ›Wenn jemand dort unten überleben kann, kann er überall überleben…‹ Mit sechsunddreißig war Wargrave aus dem Dienst ausgeschieden und nach Kanada
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