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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß
Autoren: Colin Forbes
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Reihenfolge, erinnerte Wargrave sich selbst: Erst die anderen Fluggäste, dann Elsas Beine. Nach dem Start mußte er den Waschraum aufsuchen, um die Notiz zu lesen, die Matt Leroy in sein Taschenbuch gesteckt hatte.
    Vor dem Flughafengebäude hatte Matt Leroy es sich in seinem Citroen, in dem das Heizungsgebläse auf vollen Touren lief, gemütlich gemacht. Er rauchte eine Zigarette und wartete auf das Abheben der Maschine. Es hatte aufgehört zu schneien, aber die Wolkendecke hing niedrig; die prallen Wolken verhießen weiteren Schnee, und dabei war es erst Dezember. Die Wetterfrösche sprachen bei ihren langfristigen Vorhersagen schon jetzt davon, auf Europa komme der härteste Winter seit vielen Jahren zu. Und das nach dem heißesten und längsten Sommer seit Menschengedenken, in dem Westeuropa von Dürre heimgesucht worden war und die Temperaturen selbst im Süden Englands auf weit über dreißig Grad geklettert waren. »Das nennt man wohl Kompensation, glaube ich«, sagte Matt zu sich selbst. Er blickte hoch und sah die Maschine.
    Die DC-10 stieg steil empor und zog einen Schweif schmutziger Abgase hinter sich her. Dann war sie verschwunden, verschluckt von der dichten Wolkendecke. Der Flug 160 der Swissair ging aber nicht in die USA oder nach Großbritannien, was normal gewesen wäre, hätte das Unternehmen drei Jahre früher stattgefunden. Der Zielort war Montreal in Kanada.

2. Montreal und Washington, D. C.
     
     
     
    Im zehnten Stock des Baton Rouge Building in Montreal öffneten sich die Türen des Fahrstuhls um 15 Uhr 30 Ortszeit, und Elsa Lang stieg aus, gefolgt von Wargrave, der ihre Reisetasche trug. Es war noch immer Mittwoch, der 3. Dezember. Elsa warf einen Blick in beide Richtungen und ging dann durch den Korridor zu der Tür mit dem Schild, das die Aufschrift Riverton Corp. Inc. trug. Sie machte die Tür auf und sah sich einem Mädchen hinter einem riesigen Empfangstisch gegenüber. Wargrave sprach als erster.
    »Wir werden erwartet…« Er sprach mit amerikanischem Akzent, nahm beim Sprechen nicht die Zigarre aus dem Mund und trug zudem eine Sonnenbrille. »Mrs. Perkins und Clyde Wilson. Mr. Riverton erwartet uns…«
    Elsa Lang trug ihre dunkle Perücke und die Hornbrille, die sie aufgesetzt hatte, als Wargrave sie in dem gemieteten Wagen vom Flughafen herfuhr. Die Empfangsdame würdigte sie keines zweiten Blicks, sagte etwas in die Gegensprechanlage und bat sie dann, einzutreten. Elsa ging durch die vertraute Tür voran, und Wargrave schloß sie sorgfältig hinter sich, als ein gedrungener, pokergesichtiger Mann sich hinter einem Schreibtisch erhob, der viel kleiner war als der der Empfangsdame.
    »Freue mich, daß Sie wieder da sind.«
    Das war alles, was William Riverton, der legendäre kanadische Millionär und Industrielle, sagte, als er langsam und zielstrebig auf eine Tür an der Seitenwand seines Büros zuging und sie aufschloß. Der jetzt dreiundsiebzigjährige Riverton hatte während des Zweiten Weltkriegs eine der geheimsten Abwehrorganisationen der westlichen Hemisphäre geleitet. Selbst jetzt noch besaß dieser außergewöhnliche Mann eine starke Ausstrahlung. Sein unbewegliches Gesicht und seine sich nur langsam bewegenden Augen ließen etwas von enormer Willenskraft ahnen. Wargrave beobachtete den alten Krieger fast mit Zuneigung, während der Kanadier die schwere Tür aufschloß und beiseite trat, um die beiden einzulassen.
    Der weitläufige Raum hinter der Tür war fensterlos und wurde durch Neonröhren an der Decke erleuchtet. An einer Wand zeigten einige Uhren die Uhrzeit in verschiedenen Teilen der Welt – Züricher Zeit, Bukarester Zeit, Moskauer Zeit…
    »Setzen Sie sich, Sie müssen müde sein. Wie ist es gelaufen? Kaffee?«
    Die Stimme war die eines Amerikaners. Der Mann, der gesprochen hatte, war fünfundfünfzigjährig, gut gebaut, mit sich lichtendem grauweißem Haar, einer fein gemeißelten Stirn und einem aufmunternden Lächeln, das Zuversicht und Gutmütigkeit ausstrahlte. Nur die Augen blickten prüfend, als suchten sie nach Anzeichen der Anspannung, nach einer Andeutung, es könnte Schwierigkeiten gegeben haben. Julian Haller umarmte Elsa und drückte sie an sich, half ihr aus dem Regenmantel und grinste, als sie Perücke und Brille abnahm.
    »Das gefällt mir schon besser«, bemerkte er.
    »Danke, Julian.« Elsa schenkte ihm ihr herzlichstes Lächeln. »Und Kaffee wäre fabelhaft – diese Zeitverschiebung macht mich noch wahnsinnig.«
    »Hab’ ich genau
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