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Lauf, wenn es dunkel wird

Lauf, wenn es dunkel wird

Titel: Lauf, wenn es dunkel wird
Autoren: April Henry
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fädelte ein. Er fuhr, so schnell es ging, über die Autobahnüberführung. Als er aufs Gaspedal trat, schoss der Escalade nach vorne und erreichte mühelos 100.
    So wie es heute lief, würden ihn die Bullen wahrscheinlich fürs Rasen drankriegen. Griffin brauchte Zeit zum Nachdenken, aber er wusste nicht, woher er sie nehmen sollte. So viel Abstand wie möglich zwischen den Autobesitzer und das Mädchen auf dem Rücksitz zu bringen, war sicher das Richtige. Und er musste von möglichen Zeugen wegkommen, die vielleicht gerade jetzt den Notruf wählten. Er zog vor einen roten Honda und raste die nächste Ausfahrt raus. Erst mal weg von der Hauptverkehrsstraße.
    Frustriert schlug er sich gegen den Kopf. Warum war er nur so dämlich gewesen und hatte nicht gemerkt, dass da noch jemand im Auto war? Er konnte Roy schon brüllen hören - fast so wie das Mädchen auf dem Rücksitz, das Mädchen, das nicht aufhörte zu schreien.
    Er hatte nicht weiter gedacht als bis zu den Schlüsseln, die vom Zündschloss baumelten. Es war so einfach gewesen und so dumm. Griffin war die langen Reihen mit Fahrzeugen entlanggelaufen und hatte wie jeder andere gestresste Weihnachtseinkäufer ausgesehen, der sein Auto nicht fand. Griffin aber schaute nach Paketen, die er klauen konnte. Die Pakete waren aus den kastenförmigen Geschäften, die Meter für Meter den Parkplatz des Einkaufszentrums umsäumten. (Das Gelände war so groß, dass die meisten Leute ins Auto stiegen, sobald sie ein Geschäft verließen, und dann zum nächsten Geschäft weiterfuhren, das in einer Stadt ungefähr drei Blocks weiter gewesen wäre.)
    Dank Roy wusste Griffin, wie er in weniger als einer Minute in ein verschlossenes Auto hinein- und auch wieder hinauskam. Er kriegte es sogar unbemerkt hin, wenn aus dem danebenstehenden Auto gerade jemand ausstieg. Als Nervenkitzel nickte er sogar manchmal jemandem zu, während er sich mit der J. Crew-Tüte oder der Schachtel von Abercrombie aufrichtete. Danach schlenderte er zu seinem eigenen Auto, das immer in der Nähe von einer der Ausfahrten geparkt war, und legte die Taschen in den Kofferraum. Wenn der Kofferraum voll war, fuhr er nach Portland rein und über den Fluss in die 82. Straße, wo jeder der vielen Secondhandläden, ohne nachzufragen, gerne neue Ware kaufte.
    Der Escalade war wie ein Geschenk gewesen, ein Überraschungsgeschenk nur für ihn. Jeder, der so dämlich war und seinen Schlüssel für alle Welt sichtbar im Zündschloss stecken ließ, verdiente es nicht anders, als dass sein Auto geklaut wurde. Er hatte es gar nicht erwarten können, den Wagen nach Hause zu bringen und ihn Roy zu zeigen.
    Das waren Griffins Gedanken gewesen, zumindest bis sich herausstellte, dass unter der Decke auf dem Rücksitz ein Mädchen steckte.
    Besser er blendete das Mädchen aus und seine panischen Gedanken, Erklärungen und Rechtfertigungen auch, die er sich für zu Hause zurechtlegte, und fuhr so schnell weiter, wie er konnte, ohne dass er dabei die Kontrolle über das Auto verlor. So schnell zumindest, dass sie sich nicht trauen würde rauszuspringen.
    Er hatte den Kopf zur Seite gedreht und versuchte gleichzeitig die Straße und das Mädchen im Auge zu behalten. Griffin schlängelte sich um langsamere Autos, bog in eine Seitenstraße ein, und in noch eine, bis er schließlich auf eine leere Straße stieß, die durch ein Stück Buschland führte. An den Ecken standen große weiße Schilder, auf denen das Land zum Verkauf angeboten wurde. Jeder Bauunternehmer war willkommen.
    Als er abbremste, ging das Mädchen mit ausgestreckten Händen auf ihn los. Sie kratzte ihn und schrie wie am Spieß. Den Kopf hielt sie dabei seitlich, ihre weit aufgerissenen Augen starrten ihn an. Sie sah verrückt aus. Vielleicht war sie es ja.
    Hastig schaltete Griffin die Automatik auf Parken und versuchte dem Angriff des Mädchens auszuweichen, indem er sich von ihr wegdrehte. Wenigstens war niemand in der Nähe, der sie hören konnte. Ihre Fingernägel kratzten seine rechte Wange entlang, und er spürte, dass die Wunde zu bluten begann.
    Irgendetwas musste er tun, aber was? Er quetschte sich zwischen den Sitzen durch. Griffin wollte sie beruhigen, doch sie kämpfte weiter gegen ihn an - schweigend und verbissen. Schließlich setzte er sich auf sie und hielt ihre Arme fest. Er war größer als sie und er lief auf Adrenalin. Immerhin hatte sie mit dem Schreien aufgehört. Im Auto war jetzt nur ihr stoßweises Atmen zu hören. Dann erst bemerkte
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