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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst
Autoren: Linda Howard
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Bär, dass seine Beute verschwunden war, während die Schafe den Berg hinauf und in das felsigste Gelände geflohen waren, das sie finden konnten.
    Er verfiel in blinde Zerstörungswut, brüllte seinen Zorn und seine Verzweiflung heraus, während er seinen Tötungsrausch auf die Vegetation in seiner Umgebung richtete, junge Bäume mit den Wurzeln ausriss, Sträucher zerfetzte und Felsbrocken, so groß wie sein Kopf, den Berg hinunterrollen ließ. Schließlich konnte er nicht mehr und blieb an Ort und Stelle schnaufend und keuchend stehen. Die Schafe waren verschwunden. Er schnüffelte in der Luft, aber keine anderen Gerüche erregten jetzt sein Interesse. Er scharrte fast eine Stunde durch das Grün auf der Suche nach Nüssen oder Insekten, aber es war spät in der Jahreszeit, und die meisten Nüsse waren fort. Nach einer Weile hob er den Kopf, um den Wind erneut zu prüfen; sein Wutanfall hatte ihn durstig gemacht, und diesmal hatte sich sein scharfer Geruchssinn auf den frischen Duft von Wasser gerichtet. Er fand, wonach er suchte, und dann sogar etwas, das noch interessanter war. Zielstrebig begann er, sich den Berg hinabzubewegen.
    Der Name des Wanderers war Daniel Warnicki. Er war dreiundzwanzig; im letzten Sommer hatte er seinen Abschluss an der University of California in Berkeley gemacht, aber noch hatte er keine richtige Arbeit gefunden, daher behalf er sich tagsüber mit einem stumpfsinnigen Job und arbeitete abends Teilzeit in einer beliebten Bar als Kellner. Seine Trinkgelder waren beinahe so hoch wie sein Lohn in dem Job, und das sollte etwas heißen. Manchmal waren die Stunden hart, aber er war noch jung, und das Extraeinkommen bedeutete, dass er es sich manchmal leisten konnte wegzukommen. So wie jetzt.
    Er blieb auf einer hohen Kurve des schmalen Pfades stehen und stützte sich auf seinen dicken, schweren Wanderstock, während er die atemberaubende Aussicht betrachtete, die sich vor ihm auftat: Die Landschaft bildete ein riesiges natürliches V, das weiter unten mit einem gewundenen, tanzenden Bach begann, der weiß spritzend über aufragende Steine floss, und sich dann nach oben erweiterte: Der schmale, sandige Kiesstreifen neben dem Bach, die steile Anhöhe einer Wiese, die all ihre Herbstfarben verloren hatte, aber nun, da die Konturen der Landschaft klar zu erkennen waren, eine andere, kahle Erscheinung angenommen hatte, und schließlich die schroffen, majestätischen Berge, die sich in den kristallklaren blauen Himmel erhoben.
    Er atmete tief ein. Gott, hier draußen zu sein, war unglaublich! Die Luft war frischer als alles, was er jemals in der Stadt einatmen konnte, die Landschaft war der Wahnsinn, und die Stille war so tief, dass er seinen eigenen Atem hören konnte. Er liebte es, sich in diesen Wäldern zu verlieren – nicht, als hätte er den Weg
verloren
, sondern verloren in dem Sinne, dass er der einzige Mensch weit und breit war. Es gab keine Abgase, keine klingelnden Handys, keine SMS , kein ständiges Geräusch von Menschen und Maschinen, das die Luft erfüllte. Es gab nur ihn selbst, die Berge und den Himmel.
    Es machte Spaß. Seine Vorstellung von Spaß deckte sich nicht immer mit der seiner Freunde – oder seiner Freundin –, aber für ihn grenzte das hier an Perfektion. Er war gerne draußen in der Natur, während ihre Vorstellung von Campen große Mengen von Alkohol und aufblasbare Luftmatratzen beinhaltete, außerdem wollten sie nie weit von einem McDonald’s entfernt sein. Danny mochte Partys genauso wie die anderen, aber wenn er zelten ging, wollte er einen klaren Kopf behalten. Er zog sogar einen Schlafsack einer aufblasbaren Luftmatratze vor. Es war zwar irgendwie idiotisch, aber es gab ihm das Gefühl, als hätte er etwas mit den Siedlern gemeinsam, die sich vor hundertfünfzig Jahren damit begnügt hatten, sich in eine Decke zu hüllen.
    Was das Essen betraf, war er für ein paar Tage mit Studentenfutter und Wasser zufrieden. Nach dem einfachen Leben im Freien lernte er bei seiner Rückkehr die weiche Matratze auf seinem Bett und eine heiße Mahlzeit erst wieder richtig zu schätzen.
    Heather, seine Freundin, wurde manchmal ein bisschen sauer, wenn er sich für zwei oder drei Tage zu einem Campingtrip aufmachte. Aber sie bot ihm nicht mehr an mitzukommen, einmal hatte ihr gereicht. Wenn er ehrlich war, hatte ihm dieses eine Mal auch gereicht. Heather wusste Stille nicht so zu schätzen wie er. Sie hatte geredet und geredet und geredet, hatte so die meisten Tiere
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