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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten
Autoren: Jens Lapidus
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seinen Fahrer Hägerström fest. Sie nahmen ebenfalls mehrere der Männer fest, sowohl von ihren als auch von Stefanovics Leuten. Es gelang ihnen jedoch nicht, die Russen und den Dolmetscher ausfindig zu machen. Und es gelang ihnen nicht, Averin zu ergreifen. Sein Auftauchen musste sie ebenfalls überrascht haben. Oder vielleicht hatten sie ihn auch gar nicht entdeckt.
    Sie wusste es nicht.
     
    Sie lehnte sich im Sessel zurück. Auf dem Bartisch standen eine Flasche Johnnie Walker Blue Label, Glenfiddich, Wodka, Coca-Cola und Tonic.
    Sie schenkte sich ein Glas Blue Label ein.
    In zehn Minuten würden sie hier sein.
    Sie musste an JW denken.
    Irgendwo muss es ein Leck gegeben haben. Warum befanden sich sonst all die Polizisten vor Ort? Vielleicht war es dieser Fahrer, Hägerström. Jorge, der Kumpel von JW , hatte JW in der Lobby angerufen. Hatte davon geredet, dass man ihm nicht trauen könne.
    JW telefonierte daraufhin mit diversen Personen und hörte sich um, beispielsweise bei Hägerströms Schwester. Es stimmte, was Jorge sagte – Hägerström hatte sie mehrfach angelogen. JW : hypernervös wie immer – ging kein Risiko ein. Er rief unmittelbar Mischa Bladman an.
    Diese Reaktion erwies sich als die richtige. Zwanzig Minuten nach dem Zugriff auf das Radisson Blu Arlandia Hotel schlug die Polizei in den Büroräumen von MB Redovisningskonsult zu. Offenbar wussten die Beamten auch, wo sie ihr geheimes Büro hatten.
    Über fünfzehn Polizisten stürmten herein, stellten Bladman mit dem Rücken gegen die Wand. Durchsuchten das Büro und die zusätzlichen Räume wie mit der Lupe.
    Aber sie fanden
nada
.
    Bladman war ein Held. Ihm und seinen Assistenten war es gelungen, die Festplatten zu löschen, dafür zu sorgen, dass die wichtigsten Ordner verschwanden, und das Archiv im Büro sowie die Bücherregale in den geheimen Räumen in null Komma nichts zu leeren. Jegliches Material, das einen Beweiswert hatte, zu entfernen.
    JW wurde zur selben Zeit wieder entlassen wie sie. War frei wie ein Vogel.
    Er hatte sie angerufen und es ihr erzählt. Die Wirtschaftsabteilung der Polizei hatte viel Material, aber sein Name, sein Konto oder seine Unterschrift waren nirgends zu finden. Der Strohmann Hansén hatte einen perfekten Job gemacht. Und Bladman hatte extrem schnell reagiert.
    Und jetzt war JW irgendwo im Ausland. Wartete, bis die Lage sich wieder beruhigte.
    Im Augenblick gab es zu viele Leute hier in Schweden, die sauer auf ihn waren.
    Achtzig verschwundene Millionen sorgten leicht für Frustration.
    Aber er würde zurückkommen – das hatte er Natalie versprochen.
    Sie sehnte sich nach ihm.
    Die Tür zur Bibliothek wurde geöffnet.
    Goran kam herein.
    Sie küssten sich auf die Wangen.
    Natalie schenkte ihm Whisky ein. Er setzte sich.
    »Die anderen müssen jeden Moment eintreffen.«
    »Gut.«
    Er sagte: »Einer von Ivan Hasdics Männern hat angerufen. Sie schicken morgen irgendwelche Unterlagen hoch. Sie dürften am Donnerstag hier sein.«
    Natalie nahm einen Schluck von ihrem Whisky.
    »Gut«, sagte sie erneut.
    Sie saßen eine Weile schweigend da.
    Goran sagte: »Ich habe übrigens dafür gesorgt, dass Darko ein paar Worte mit Viktor, deinem Ex, wechselt.«
    »Und was sagte er?«
    »Darko musste es ihm ziemlich unter die Nase reiben. Aber jetzt sind sie sich einig, er hat die Konsequenzen kapiert. Er wird nichts tun, das irgendwen enttäuschen würde.«
    Natalie lehnte sich zurück. »Gut«, sagte sie zum dritten Mal. Sie wusste, dass JW zufrieden sein würde.
    Die Bibliothek war schön geworden. Sie hatte sie neu tapezieren lassen. Hellgrüne Tapeten anstelle der alten dunklen. Neue Bücherregale an den Wänden – hellere, mit quadratischen Fächern für die Bücher. Die Bilder hatte sie hängen lassen. Von Europa und dem Balkan. Der Donau. Der Schlacht auf dem Amselfeld. Die Porträts der Heiligen. Die Landkarten von Serbien und Montenegro.
    Aber sie hatte auch ein neues Bild aufgehängt: einen gerahmten Stich von Stockholm aus dem Jahr 1803.
    Damals war die Stadt noch bedeutend kleiner gewesen. Nur Gamla Stan, die nördlichen Teile von Söder und gewisse Teile von Norrmalm waren bebaut. Alles andere war zu dem Zeitpunkt noch Ackerland.
    Stockholm: Das war jetzt ihr Revier. Ihr Geschäftsbereich.
    Sie hatte sich des Öfteren gefragt, wer sie eigentlich war. War sie ein Mädchen, das zu schnell erwachsen werden musste? War sie eine Frau, die ihrer vorbestimmten Rolle gewachsen war? War sie Studentin oder
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