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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen
Autoren: Teresa De Sio
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aufstehe. Kurz vorher hat er sich über den Alten gebeugt und den Schlauch aus dem Katheter gezogen, der am Rollstuhl hängt, wenn er unterwegs ist, und am Bett, wenn er sich hingelegt hat. Der Schlauch ist mit einem Plastikbeutel verbunden, in den sein ganzes Pipi fließt. Als Severino noch da war, mussten wir beide das machen. Der Alte rief uns, wenn wir im Garten waren oder im Hof mit den Hühnern spielten, und wenn er uns rief, überlief es uns kalt. Dann mussten wir ins Haus gehen, und die Zwillingsschwestern sagten: »Geht nur, Kinder, der Onkel braucht euch. Habt ihr ihn nicht gehört, er ruft schon seit Ewigkeiten nach euch.« Da gingen wir in das Schlafzimmer, das immer abgedunkelt war, und versuchten, möglichst keinen Lärm zu machen, denn vielleicht war er ja wieder eingeschlafen … Aber der schlief ja nie. Er sagte: »Los, geht mir mal zur Hand, ihr müsst mir den Beutel abmachen, komm, Severino, komm zum Onkel,
zieh den Schlauch heraus und leere den Schlauch auf dem Klo aus.« Einmal hatte der Beutel einen Riss bekommen, und das ganze Pipi war auf Severino und auf mich gespritzt, als ich ihm helfen wollte. Da hat Severino, ohne etwas zu sagen, als wäre das nicht das Ekligste und Furchtbarste auf der Welt, vielleicht um es mir leichter zu machen, einfach den kaputten Beutel genommen, ist damit ins Bad gelaufen, um ihn auszuleeren und sich die Hände zu waschen. Ich stand stocksteif da, neben dem Bett, und habe angefangen zu weinen. Aber der Alte wollte, dass ich ihn mit dem Handtuch abtrockne, das auf dem Sessel lag. Und während ich ihm mit dem Stoff zwischen die Beine fuhr, da fing er an zu stöhnen und zu ächzen, immer schneller, bis das Handtuch am Ende noch nasser war als vorher und ich vollkommen verzweifelt war, weil ich dachte, ich hätte alles falsch gemacht und jetzt würde ich bestimmt bestraft. Es war aber gar nichts passiert. Bloß am Tag darauf, als im Wohnzimmer des Gutshauses niemand war, habe ich mich in den großen Kamin gehockt und mitten hinein, direkt unter dem Abzug, einen riesigen Haufen gemacht, der im ganzen Zimmer furchtbar stank. Die Zwillingsschwestern brauchten einen halben Tag, um herauszufinden, woher der Gestank kam.

    Jetzt packt mich mein Vater von hinten an den Schultern, und ich muss mich vor den Alten hinstellen. Der nimmt einen Kringel vom Teller und steckt ihn mir zwischen die Lippen, klappt aber dabei seinen eigenen Mund auf und zu, als wollte er ihn essen. Zusammen mit dem Gebäck steckt er mir auch zwei Finger in den Mund, die sich bewegen, die mit dem Teig über meinen Gaumen fahren, und die Cremefüllung
verteilt sich in meinem Mund, während er mir die Zunge massiert, bis es mich fast würgt, und dann nimmt er mit dem Finger ein bisschen von der Creme und leckt alles ab, und dann macht er, so weit er das mit seinen toten Beinen noch kann, die Beine breit und steckt die Hände unter mein Kleidchen, streichelt mir die Beine und die Unterhose mit diesen Fingern, an denen die Creme klebt, und er berührt mich weiter und zieht mich dabei an sich, während sich auf seinem Gesicht ein Lächeln ausbreitet, das Lächeln eines Idioten. Einen Moment lang sieht es so aus, als wollte er mich um Verzeihung bitten. Ich stehe immer noch da, stocksteif und weit weg, aber nicht weit genug. Jetzt beugt sich mein Vater von hinten mit seinem ganzen Körper über mich, er drängt sich an mich heran, und sein Atem geht immer schneller, während er mit dem Alten redet, lauter Sachen, die gar nichts damit zu tun haben. Er redet von den Schafen, die ihn mit ihrem hässlichen Tod nur in Schulden gestürzt haben, und dass er seine Töchter zu ernähren hat, und Angelo wüsste, dass er damals im Kerker, als wir noch in Procida lebten, viel besser verdient hat, und dass er auch jetzt, wenn alle Stricke reißen, dort sehr gut wieder arbeiten könnte, und dann würde er mich mitnehmen. Aber wenn er ihn wirklich braucht, so wie jetzt, dann könnte nur Angelo ihm helfen, wenn ihm etwas daran liegt, dass wir in Mangiamuso bleiben. Und dann sagt er: »Gib mir die Handschuhe, gib sie dem Papa.« Während ich sie ausziehe, einen Finger nach dem anderen, versucht er mir das weiße Kleid hochzuziehen … Er zieht es mir bis fast über den Kopf, aber es geht nicht drüber, weil es zu eng ist. Ich sehe, und ich sehe nichts, ich kann nicht richtig atmen. Dabei versucht mein Vater,
mit der einen Hand meine Knöpfe aufzumachen, und mit der anderen hält er mich fest. Seit wir von zu Hause weggegangen
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