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Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Titel: Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
Autoren: Elna Uterrmöhle
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reichlich Kerzen da.
    Doch, wir waren wirklich euphorisch. Nicht gelogen. Wir setzten uns an den massiven Eichentisch, versuchten mit dem einbetonierten Kaminofen ein wenig Wärme zu erzeugen und schmiedeten Pläne bis spät in die Nacht.
    Gut geschlafen habe ich, ehrlich gesagt, nicht. Immer wieder schreckte ich hoch und stammelte Entschuldigungen. Kein Wunder. Der Schweizer hatte einfach die Tür hinter sich zu gemacht. So, als sei er nur kurz zum Einkaufen gefahren. Seine Zahnbürste im Becher auf dem Waschbecken. Seine Kleidung  im Schrank. Die Küchenschränke voller angebrochener Packungen. Das Bett, in dem er die Nacht zuvor geschlafen hatte, zerwühlt. Ich dachte jede Sekunde, gleich kommt er und stellt uns zur Rede, wieso wir ungefragt in seinem Haus nächtigen.
     
    Am nächsten Morgen, das Wetter war nicht besser, stellte ich voller Elan den Kessel auf den Gasherd und mischte dann heißes mit kaltem Wasser in einer Gießkanne. Kannten wir ja schon von unseren Aussteiger-Freunden. Nur fehlte der Fleischerhaken zum Aufhängen der Kanne. So wuschen wir uns eben gegenseitig die Haare. Wie sonst? Ohne Strom kein Durchlauferhitzer für Zisternenwasser. Zum Föhnen schmissen wir den Dieselgenerator an. Funktioniert super.
     
    Am Vormittag kam Enzo, der Bauer, mit Trecker und Anhänger. Moni und Jürgen halfen, all die Spuren des Schweizers und seiner Familie zu verladen. Falsche Perserteppiche, eine Lack-Anrichte mit eingelassenen Papageien, Doppelbett und Frisierkommode aus braunem Resopal, eine grünsamtige Couchgarnitur mit schmiedeeisernem Tischchen, Geschirr und Töpfe und natürlich besagte verschnörkelte Sitzbank. Nicht zu vergessen das Kuhfell und die sechs Stockbetten. Die standen im ersten Stock im breiten Durchgang zum Schlafzimmer und dienten Kindern und Gästen. Wir hatten nicht vor, eine Jugendherberge aufzumachen.
    Wir waren wie im Rausch. Schleppten alles raus. Mit allem meine ich alles. Nein, stimmt nicht. Eine hübsche mechanische Wanduhr hat unseren Furor überlebt.
    Zufrieden standen wir im leeren Haus. Bis die Frage kam: Und wo schlafen wir nun? Ehrlich, so blöd kann man doch nicht sein. Wir hatten wirklich kein Bett, keinen Stuhl, keinen Tisch mehr.
    Netterweise nahmen uns Moni und Jürgen wieder für eine Nacht auf.
    Am nächsten Morgen mieteten wir einen Lieferwagen und kauften die wichtigsten entsorgten Möbel neu ein. Nur natürlich viel schöner.
    So ein leeres Haus ist ja auch gleich viel größer. Lässt Raum für Kreativität…
    Enzo eröffnete dann auf seinem Hof einen Flohmarkt und verschenkte den von uns ungeliebten Hausstand, der uns einen guten Einstand bescherte. Nicht nur manche Dorf-  wie Waldbewohner freuten sich. Ein Schäferhund wedelt freundlich mit dem Schwanz, seitdem er auf einem unserer falschen Perserteppiche liegt. Bilde ich mir zumindest ein.   
     
     
                                        V
     
    Urlaub ist Gesetz . Vor der nächsten Reise in die Toskana las ich zufällig den entscheidenden Satz im Bundesurlaubsgesetz: „Erholungsurlaub dient vor allem der Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers.“
     
    Wie sich der Mensch am besten erholt, steht da nicht.
    Aber ich kann versichern, dass es sehr erholsam ist, auf einer Großbaustelle zu leben. Ganz im Ernst. Es ist doch viel anstrengender, eingeölt und eingezwängt zwischen Großfamilien am Strand zu liegen und mit verwehtem Sand gewürzte Wassermelone zu essen. Ich konnte es noch nie leiden, im Sand rum zu liegen, ein Buch zu lesen und mal die rechte, mal die linke eingeschlafene Hand zu wecken. Das passiert garantiert nicht, wenn ich unter Brombeergestrüpp verkümmerte Oleander aus dem steinigen Boden ausgrabe und umpflanze. Noch besser ist es, einen Schuppen abzureißen, damit da mal ein Gästezimmer steht.
     
    Die Zisterne war leer. Kein Tropfen Wasser mehr da. Wunderbar. Wieder dieses herrliche Gefühl, in Urzeiten zurückzukehren und den Unbilden des Lebens zu trotzen. Du kaufst mehrere 20-Liter-Kanister, füllst sie an einer öffentlichen Quelle und schleppst sie nach hause. Eine unbezahlbare Erfahrung. Plötzlich ist Wasser wieder kostbar. Du lernst, mit sieben Litern in der Gießkanne eine Volldusche inklusive shampoonierter Haare zu nehmen. Dein Geschirr nicht gedankenlos unter fließendem Wasser abzuwaschen, sondern ohne jedes Ekelgefühl in der Brühe der Schüssel nach der noch fehlenden Gabel zu fischen.
    Die alten Storys von
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