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Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Titel: Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
Autoren: Elna Uterrmöhle
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den Dorfbewohnern, als sie noch mit Maultieren zur weit entfernten Quelle wanderten, werden so zu lebendigem Geschichtsunterricht. Vielleicht könnte ich zusätzliche fünf freie Tage als Bildungsurlaub beantragen?
     
    Apropos Wasser. Der Antrag auf eine ordentliche Leitung ist gestellt. Es soll auch „nur“ zehn Monaten dauern, bis er genehmigt ist. Ungeachtet des Wassermangels wurde schon mal ein sogenannter Pozzo Imhoff geliefert. Das Beton-Ungetüm ist ein Mini-Klärwerk, das unter der Erde versenkt wird. Das Gesetz verlangt, dass wir ungeachtet der maximal vier Betten im Haus jeden Tag theoretisch 100 Leuten ein Klo zur Verfügung stellen. Eine Geschäftsidee? Schwierig. Der Bedarf an öffentlichen Toiletten scheint mir in dieser Wildnis doch eher gering. Oder sollten wir die Wildschweine zur Reinlichkeit erziehen?      
    Diese possierlichen Tierchen hatten übrigens den Schlauch zur Quelle gründlich zerbissen. Muss unglaublich lecker sein. Auf jeden Fall haben wir allein schon vor der Idee, Wasser in die Zisterne zu pumpen, kapituliert.
     
     
                                          VI
     
    Zurück in der Zivilisatio n - mit langen Duschorgien und ohne körperliche Arbeit – tauchte plötzlich dieser verbotene Gedanke auf: Ferienhäuser sind bescheuert.
    Es erfordert schon eine gewisse Übung der Autosuggestion, um ihn wieder loszuwerden. Oft hilft nur, ein beschwörendes Mantra vor sich hin zu murmeln: „Es ist nicht frustrierend, anzukommen, zu arbeiten und wieder abzureisen. Es ist nicht…“
    Es hat ja auch etwas Verlässliches. Wir müssen keine Unwägbarkeiten wie in anderen Urlauben fürchten. Stattdessen ein einfaches Triple-A. Ankommen, Arbeiten, Abreisen. Nein, das ist nicht langweilig. Absolut nicht. Da gibt es immer wieder neue Varianten. Zum Beispiel, wenn die lieben Wildschweine den Waldweg zu ihrem Schlammbad erkoren haben und nun kein normaler Pkw mehr unser Haus erreicht. Ist doch lustig. Noch lustiger ist es, mit Schaufeln und Schubkarren voller Rollsplitt loszuziehen, um dann zuzuschauen, wie die Steinchen im Matsch einfach versinken…
     
     
                                           VII
     
    Endlich kam der große Tag . Wir beschlossen, in die Toskana umzuziehen. Und schon stellten sich ganz neue Fragen.
    Wie viel Zivilisation wollen wir? Viel.
    Und wie viel Wildnis vertragen wir? Wenig.
    Das beginnt mit der Heizung. Offene Kamine mögen behaglich sein, aber sie heizen erbärmlich. Ein ordentlicher Kaminofen muss mit. Klar mit Feinstaubfilter. Für die Umwelt, das klingt gut. Aber ehrlich gesagt, ist mir wichtiger, dass wir nicht bei zu viel Kohlenmonoxyd ewig schläfrig sind oder bei eisiger Kälte stets die Fenster aufreißen.
    Gut, die untere Etage wäre damit warm. Bleiben Schlaf- und Gästezimmer. Ich glaube kaum, dass im Winter die Besucher Schlange stehen. Klar, wollen sie nur uns und nicht die Toskana sehen, aber grad zwischen Oktober und April werden sie dafür leider, leider keine Zeit haben. Verstehe ich gut. Zudem wird das Gästezimmer in den kalten Monaten ein ideales Gewächshaus für Zitronen-, Orangen- und Mandarinenbäumchen sein. Aber sollen wir alle Wände aufschlagen, um Heizungsrohre zu verlegen? Eine tiefe Grube für einen Gastank buddeln? Ich glaube nicht, dass ein Gastanker freiwillig durch die Schlaglöcher zu unserem Haus schaukelt.
    Die Lösung ist einfach. Marmorheizungen. Die flachen Platten mit rückseitigen Heizspiralen sehen gut aus und bescheiden sich mit einer simplen Steckdose. Okay, es sind Stromfresser, aber für die gesparten Baukosten inklusive Heizungsanlage können wir die nächsten 20 Jahre viel Strom verdaddeln. Zumal die Pflanzen ja im Gästezimmer bei fünf Grad und wir, im Bett, zumal mit warmer Zudecke bei zehn Grad überleben werden.                                                                     
     
     
     
    Irritierend ist die Reaktion der Freunde. Sie glauben, wir würden nur Aussteiger auf Zeit und spätestens nach zwei Jahren wieder ins Kostümchen- und Krawattenleben einsteigen. Die Wett-Quote steht im Moment bei 18 zu 1. Ehrlich gesagt die „1“ sind wir. Allein gegen alle. Es gab mal einen Mehrteiler im  Fernsehen „Allein gegen die Mafia“. Bei uns heißt es nun „Allein gegen die Freunde“. Einige sind so überzeugt von unserer Kapitulation, dass sie für jedes Jahr,
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