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Lakefield House (German Edition)

Lakefield House (German Edition)

Titel: Lakefield House (German Edition)
Autoren: Faith Washington
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geben. Sie ist laut und blond und rosa angezogen.“
    „Nora“, hauchte Rebecca.
    „Ganz genau richtig. Ich meine, soll ich es etwa auf mir sitzen lassen, dass ich nicht einmal eine fünfjährige umbringen kann? Damals hab ich es nicht geschafft bei dir, aber jetzt werde ich es schaffen.“
    Bei allen Göttern, sie durfte diesem Mädchen nichts antun. Sie durfte nicht noch mehr Unglück über Connors Familie bringen; nicht durch Rebeccas Schuld.
    „Was soll ich tun?“, fragte sie gefasst.
    Constance stand auf und nickte Richtung Klippen. „Einfach mitkommen, Holly. Und wenn du Dummheiten machst, dann wird diesen kleinen Quälgeist vielleicht nie irgendjemand finden.“
    Sie schluckte trocken, nickte und ging voran.
     
    *
     
    Als Constance mit Rebecca nach einer fast einstündigen Fahrt ein Cottage erreichte, dessen Tür in grotesk fröhlichem Rot gestrichen war, hielt sie ihrer Geisel noch immer die Spitze ihres Skalpells in den Rücken. 
    „Setz dich auf den Sessel, wo ich dich sehen kann“, befahl die Apothekerin und versetzte Rebecca einen Stoß, nachdem sie das Häuschen betreten hatten. Sie warf die Tür klappernd ins Schloss und hielt die Klinge fest in der Hand und auf Rebecca gerichtet.
    Diese war fest entschlossen dem Blick ihres Gegenübers stand zu halten.
    „Wo ist Nora?“
    Constance Steppens hatte einen irren Blick, erst jetzt erkannte Rebecca, dass die Apothekerin nicht etwa viel zu dünn war, sondern schlichtweg austrainiert wie eine Marathonläuferin. Es kam ihr der Gedanke, dass diese Frau sich gründlich auf diesen Tag vorbereitet hatte. Der Cut über dem rechten Auge, der nun schon fast eine Woche alt war, war verarztet und kaum geschwollen. Constance legte den Kopf schräg, gab ein abwägendes Geräusch von sich, bevor sie fragte: „Nora?“
    „Wo ist das Mädchen, verdammt noch mal?“ Rebecca schrie und beugte sich in ihrem Stuhl so weit nach vorne, wie es die blitzende Klinge zuließ. Sie barst schier vor Verzweiflung und Wut.
    „Ach, das Mädchen“, schauspielerte Constance Steppens. „Die müsste auf dem Weg nach Dublin sein.“
    Rebecca sah sie fassungslos an. Unsicher, ob das eine Lüge war oder nicht. „Sie haben sie gar nicht entführt? Es war eine Lüge?“
    „Nur eine klitzekleine Notlüge“, gab Constance zurück. „Und es hat doch hervorragend funktioniert. Du bist hier. Das Mädchen auf dem Weg in den Osten. Die letzte Cunningham, die dich lebend gesehen haben wird. Das müsste dich doch glücklich machen. Betrachte es als mein Abschiedsgeschenk.“
    Rebecca sank in ihrem Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen. Nora war in Sicherheit. Das war das wichtigste, und ohne, dass sie recht wusste warum, gab ihr diese Falle der Apothekerin neue Hoffnung. Sie zwang sich nachzudenken; überlegte, was das Beste in ihrer Situation war. Sie hätte versuchen können fortzulaufen, doch die Mörderin ihrer Schwester kannte sich in der Gegend sicherlich bestens aus und war ihr im Dunkeln haushoch überlegen. Es machte auch keinen Sinn auf Hilfe zu warten, da niemand – nicht einmal sie selbst – wusste, wo sie hier eigentlich war.
    Ihr blieb nur eine Möglichkeit: sie spielte auf Zeit.
    Das selbstzufriedene Lächeln von Constance Steppens brachte ihr die Gewissheit, dass diese Frau auch bei ihrem zweiten Aufeinandertreffen gesprächig war, wenn man die richtigen Fäden zog. Und vielleicht würde sie sich irgendwann ablenken lassen. Fieberhaft suchte Rebecca die richtigen Worte. Sie beschloss es mit einem Klassiker zu versuchen: „Sie glauben doch nicht, dass Sie damit durchkommen.“
    Constance schlug die Beine übereinander und lehnte sich in dem ältlichen grauen Sessel zurück, ohne das Skalpell sinken zu lassen. „Oh, ich bin mir sogar sicher, dass ich damit durchkomme.“ Ohne hinzusehen griff sie hinter sich und warf Rebecca eine Rolle Klebeband zu. „Wickel dir das um das rechte Handgelenk. Ruhig mehrmals“, fügte sie mit einem sarkastischen Zwinkern hinzu. „Den Rest erledige ich dann.“
    Rebecca legte die Rolle in ihren Schoß. „Und was ist, wenn ich mich weigere?“
    „Dann schneide ich dir mit diesem kleinen Skalpell so lange einen Finger nach dem anderen ab, bis es nichts mehr geben wird, was zu fesseln sich lohnt.“
    Rebecca schluckte trocken und konnte sich nicht gegen die Welle von Übelkeit wehren, die sie erfasste. Mit zitternden Händen griff sie nach dem silbernen Klebeband und wickelte es sich eng um das rechte Handgelenk.
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