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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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Böden im Treppenhaus.
    Frau Krosanke war von Lieschen ins Haus gebracht worden. Sie hatten damals eine Reinemachefrau gesucht. Frau Krosanke, die ganz im Süden der Stadt in Lichtenrade wohnte, hatte zunächst die Putzarbeiten in Lieschens Wohnung übernommen. Obwohl sie täglich mehr als eine Stunde von Lichtenrade bis nach Charlottenburg mit der Bahn zu ihnen unterwegs war und kein Fahrgeld bekam, schien sie Lieschen für die Arbeit dankbar zu sein.
    Frau Krosanke kam schon verschwitzt in Charlottenburg an. Im Einbauschrank von Lieschens Flur hingen ihre Putzkittel. Sie zog für ihre Aufräumarbeiten nur den Kittel über ihre Unterwäsche. Ihre Straßenkleidung dünstete im offen stehenden Einbauschrank. Frau Krosanke strahlte einen intensiven Zwiebelgeruch aus. Es kam Terry vor, als ob Frau Krosanke ein wandelnder Kochherd war. Kam man in ihre Nähe, spürte man ihre Körperwärme wie die erhitzte Luft eines elektrischen Heizofens.
    Obwohl Lieschen regelmäßig von dem Schweißgeruch übel wurde, verschacherte sie Frau Krosanke auch an Terrys Mutter. Es war Zeit gewesen. Die Wohnung hatte einen chaotischen Zustand erreicht und in der teuren Einbauküche hatten sich Küchenschaben eingenistet. Seltsamerweise waren die Schaben in die elektrische Herduhr gezogen und hatten nicht mehr herausgefunden. Durch das Sichtfenster hatte Terry sehen können, wie die Schaben elendig verstarben. Die leeren Chitinhüllen der Insektenkörper häuften sich und blockten die Zeiger der Automatikuhr, so dass die schließlich ihren Geist aufgab.
    Als Frau Krosanke kam, bestellte sie zuerst den Kammerjäger, der Terrys Wohnung total vernebelte und alle Insekten vertilgte. Stundenlang durften sie die Wohnung nicht betreten. Dann erst durfte Frau Krosanke in die Räume. Sie saugte die Überreste der Insekten fort und scheuerte die Küche mit Salmiak. Es war wie ein Wunder.
    Der Geruch der Chemikalien des Kammerjägers lag noch Wochen in den Räumen. Schließlich gab er nach, wurde schwächer und schwächer und Frau Krosankes Zwiebelgeruch erfüllte stetig beide Wohnungen.
    Lieschen riss als Erstes die Fenster auf und fächelte sich frische Luft zu, sobald Frau Krosanke gegangen war. Und obwohl sich Terrys Mutter mehr und mehr über Frau Krosankes Geruch aufregte, sagten sie ihr kein Wort darüber. Terry wusste, dass beide Angst hatten, Frau Krosanke zu verlieren. Sie waren von ihr abhängig, und als die Putzfrau für das Treppenhaus ausfiel, verschafften sie Frau Krosanke auch noch diesen Job, was zur Folge hatte, dass Lieschen obendrein für ein offenes Fenster im Treppenhaus sorgen musste.
    Frau Krosanke schleppte den schweren Bodenstaubsauger Stufe für Stufe hinunter. Sie saugte sorgfältig die rot ausgelegte Treppe. Nach auf dem Teppichboden haftenden Fusseln bückte sie sich, um sie aufzuheben und direkt dem Sauger vor das Maul zu halten.
    »Morgen, Frau Krosanke«, sagte Terry.
    Frau Krosanke schaltete den Staubsauger ab. Wieder bückte sie sich hinunter, um den Schalter am Motor mit der Hand anzuknipsen. Als sie sich aufrichtete, stieg mit ihr die bekannte Dunstwolke auf. Terry hatte sich daran gewöhnt. Sie war auch nicht so empfindlich wie Lieschen oder so überdreht wie ihre Mutter. Es war ein bekannter Geruch, wie Fischbrötchen von der Nordsee oder die Zwiebelbuletten vom Max .
    »Tag, Terry«, sagte Frau Krosanke und sah Terry sorgenvoll an. »Hast du schon gegessen?«
    Es war bemerkenswert, dass alle Leute, mit denen Terry zu tun hatte, diese Frage an sie richteten. Es schien in Terrys Leben nichts Wichtigeres zu geben als das Essen, und wenn Terry ehrlich war, so hatte sich Essen auch zu einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen entwickelt.
    »Ich geh jetzt essen«, sagte Terry.
    »Was wird es denn geben?«, fragte Frau Krosanke.
    Terry überlegte ernsthaft und entschied sich dann. »McDonald’s«, sagte sie und fand ihren Entschluss wirklich gut.
    Frau Krosanke sah noch sorgenvoller aus. »Armes Mädchen«, sagte sie und das konnte Terry gar nicht leiden. Es ging ihr gut, sie war besser dran als Frau Krosanke. Sie hatte Geld und konnte essen und überhaupt tun, was sie wollte. Und das Gesicht von Frau Krosanke konnte sie gar nicht ausstehen.
    Terry war so wütend, dass sie Frau Krosanke am liebsten über ihren Zwiebelgeruch aufgeklärt hätte, den sie selber ja wohl gar nicht bemerkte, denn wer läuft schon wie eine Imbissstube riechend umher, wenn er es vermeiden kann.
    Terry entschloss sich, nicht den Fahrstuhl zu
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