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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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und die Mutter kriegte abends, wenn sie von ihren Ausgängen zurückkam, Atemnot und riss das Fenster auf, wo sie dann stand und selber eine Zigarette nach der anderen nervös rauchte, bis Onkel Hugo oder sonst wer kam und sie abholte.
    Terry konnte das Rauchen schon längst nicht mehr ausstehen, aber sie machte weiter, damit die Mutter nicht auf die Idee kam, Terry würde auch nur ein Quäntchen auf ihre Worte geben.
    Zur selben Zeit hatte Terry ihre Erfahrungen in Sachen Liebe gemacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass sich Liebe nicht lohnt und dass sich letztlich nur jeder selber lieben kann. Ihre eigene Familie bewies das nur. Man konnte ihr nicht erzählen, dass ihre Mutter Onkel Hugo oder sonst wen, geschweige denn C. W. Burger, liebte.
    Terry hatte im Bücherschrank ihrer Mutter einen Bericht über die Liebe gefunden. Einige tausend Frauen waren ausgefragt worden und hatten zum Thema Liebe Stellung genommen. Und da hatte Terry schon geahnt, dass es die Liebe gar nicht geben konnte. Sie hatte aber trotzdem eine Menge aus dem Buch gelernt und es eine Zeit lang zu ihrer Bibel gemacht und es überall gelesen, gleich nach der Schule und auf dem Klo und vor dem Einschlafen und manchmal auch nachts zwischendurch, und danach wusste sie Bescheid.
    Nachdem sie alles mit sich selber ausprobiert hatte, fragte sie sich, was das mit Liebe zu tun hatte, und sie entschloss sich, danach zu suchen, draußen irgendwo.
    Sie hatte Thomas Wiesner im McDonald’s getroffen, und keiner konnte ihr vorwerfen, unachtsam gewesen zu sein, sie hatte ihn sorgfältig ausgesucht und alles selber in die Wege geleitet.
    Es war letztes Jahr im Sommer gewesen, sie trug dieses blaue Minikleid mit der weißen Passe, und ihre Haare hatte sie frisch getönt in einen anthrazitfarbenen Naturlook, sie sah O. K. aus, es konnte nichts schief gehen.
    Terry sah sich im McDonald’s in aller Ruhe um. Es war mittags gewesen und der Laden voller Schüler. Terry bestellte sich ein Essen mit vier Gängen. Einen Cheeseburger, Pommes mit Ketchup, eine heiße Apfeltasche und einen Sundae-Eisbecher. Dazu gab es zuerst einen Happy-Mäc-Shake zu trinken und später die große Cola. Da ging es ihr wirklich gut, wie immer nach einem großen Menü. Sie nuckelte an dem rot gestreiften, abgeknickten Strohhalm und wählte aus. Die meisten Typen kannte sie. Sie brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, dann hätte sie sie. Aber es sollte nicht irgendeiner sein wie Pit von der Oberstufe oder Sven aus der Neunten.
    Terry suchte sich Thomas aus, weil sie ihn noch nie gesehen hatte. Er sah gut aus, natürlich, und war bestimmt aus der Zehn oder der Elf. Er stand auch ein bisschen über den Dingen. Das Disco-Geschwätz der anderen schien ihn nicht zu berühren. Auch Terry konnte sich vor Schmerzen winden, wenn sie das Gerede der anderen hörte, immer dasselbe, und es kam nicht daher, dass sie noch nicht in die Disco durfte, weil sie noch nicht sechzehn war. In der Beziehung hatte sie Pech. Obwohl sie aussehen wollte wie mindestens siebzehndreiviertel und das nach gut zwei Stunden Arbeit an ihrem Gesicht auch glatt schaffte, checkten sie jedes Mal, wenn sie auf Tour gehen wollte, die Ausweise, und Terry musste draußen bleiben; es blieb ihr nur die Straße.
    Terry mochte Leute mit Persönlichkeit, und die meisten besaßen rein gar nichts davon, aber Thomas kaute seine Fingernägel, er war nervös, und das war ein gutes Zeichen. Irgendetwas in ihm schien ihn zu beschäftigen. Er sah aus, als horche er in sich hinein. Er kaute einen Fingernagel nach dem anderen ab. So etwas von Konzentration hatte Terry noch nie gesehen und sie wollte es wissen.
    »Hallo«, sagte sie. »Ich habe dich hier noch nie gesehen.«
    Er nahm seinen Finger aus dem Mund und starrte sie an.
    »Ich bin Terry«, sagte sie. »Terry Burger .« Börger! »Was machst du hier?«
    Fast hatte Terry es schon bereut, ihn angesprochen zu haben, weil sie ihr Pulver nicht gern umsonst vergeudete, aber dann war er doch angemacht, sagte: »Hallo« und: »Ich bin Thomas Wiesner«, und die Sache nahm ihren Lauf.
    Sie verließen McDonald’s. Thomas schob sein Moped und Terry ging neben ihm her. Sie sprachen zuerst über die neuesten Hits, und weil jeder jedem zustimmte, war das Thema schnell abgehakt. Dann redeten sie über die Schule. Thomas war erst kürzlich nach Berlin gezogen. Es war seine erste Woche in der Schule, und er war nervös, weil er noch nicht viele kannte, aber jetzt kannte er Terry und es ging ihm schon
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