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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
Autoren: Rainer Wekwerth
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auf den Rücken gewälzt, bevor sie den Mund aufriss, und das Wunder war geschehen: Sie konnte atmen. Der schmale Spalt in der Röhre, nur wenige Zentimeter hoch, den das Wasser nicht ausfüllte, rettete ihr das Leben. Keuchend atmete sie ein und aus, aber sie atmete. Als sie aus dem Wasser nach oben geschossen war, hatte sie sich den Kopf heftig an der Röhre angeschlagen, aber selbst der Schmerz konnte diesen Moment nicht zerstören. Ihr war schwindlig und der ganze Körper surrte. Wieder Luft zu bekommen, war die größte Befreiung, die sie jemals erlebt hatte.
    Mary kniff die Augen mehrmals zusammen und konzentrierte sich erneut. Sie hatte wieder neuen Mut gefasst. Sie konnte sich jetzt sicher sein, dass sie es schaffen würde, denn wann immer es nötig war, konnte sie atmen und ein paar Sekunden ausruhen. Die anderen waren sicher fast krank vor Sorge, sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Aber sie wusste eines: Sie würde durch diese Röhre kommen und die anderen befreien.
    Mary holte noch einmal tief Luft, dann ließ sie ihren Kopf wieder unter Wasser sinken und versuchte, sich vorwärtszuschieben, aber auf dem Rücken liegend klappte das nicht. Dazu müsste sie die Knie anwinkeln und so viel Platz bot die Röhre einfach nicht. Also wälzte sich Mary wieder herum und schob sich wie eine Robbe vorwärts.
    Mary musste noch fünfmal Luft holen. Durch die anstrengende Wendung verlor sie noch mehr Zeit und vor allem kostete es sie unendlich viel Kraft. Ihr Körper war bereits taub vor Kälte, nur noch der reinen Mechanik ihrer Glieder war es zu verdanken, dass sie sich weiter im Wasser abstoßen konnte. Doch nach dem letzten Mal Luftholen sah sie einen schwachen Lichtschimmer vor den brennenden Augen. Zunächst war es nur eine Ahnung von Helligkeit, aber dann wurde es Wirklichkeit. Jetzt musste sie ihre Luft noch mal gut einteilen, damit sie nicht mitten in der Bewegung ausging. Sie stieß sich ein letztes Mal mit müden Beinen aus der Röhre ab und gelangte in ein Auffangbecken. Sofort sank sie wie ein Stein zu Boden und Panik durchflutete sie, dass sie nie wieder nach oben kommen würde. Sie suchte in ihren steif gefrorenen Armen und Beinen nach Gefühl, machte ungelenkte Schwimmbewegungen und schließlich merkte sie, wie sie nach oben trieb. Die Luft wurde knapp, die ungewohnten Bewegungen in einem untauglich gewordenen Körper waren anstrengend, erneut schmerzte die Lunge.
    Schwimm, Mary, schwimm um dein Leben! Du schaffst es, du kannst es schaffen!
    Sie machte noch einen kräftigen Schwimmzug und erwartete, an die Oberfläche zu gelangen, sie reckte den Kopf nach oben, bereit, Luft zu schnappen, doch noch immer war überall Wasser um sie herum. Sie hatte sich verschätzt. Für einen Moment begann sie, wild zu paddeln und um sich zu schlagen, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle, der Kopf dröhnte, aber nach zwei weiteren Schwimmzügen durchstieß sie mit dem Kopf endlich die Wasseroberfläche und schnappte in einem fauchenden, tiefen Atemzug nach Luft.
    Sie hatte es tatsächlich geschafft.
    Sie war draußen.
    Mary brauchte einen Moment, um sich zu erholen. Vor den Augen hing ein Nebelschleier, sodass sie nichts sehen konnte. Es dauerte Ewigkeiten, bis sie den Beckenrand erreicht hatte. Sie schwamm zum Rand und zog sich mit zuckenden Armen heraus. Keuchend, mit brennender Lunge und Rauschen in den Ohren, saß sie einige Minuten am Rand, zusammengekauert und die Arme um die Beine geschlungen. Die Umgebungstemperatur war wesentlich höher als das Wasser, aber trotzdem begann sie, fast krampfartig zu zittern.
    Endlich schaute sie sich um. Sie befand sich in einem weiten Raum, an dessen einer Seite mächtige Pumpen arbeiteten, die man hinter der Tür nicht gehört hatte. Über ihr an der hohen Decke baumelten verschmutzte Neonröhren an Metallseilen herab und tauchten die Szenerie in ein kaltes Licht.
    Nun sah sie auch, wo sie sich befand. Es war ein ungefähr zehn Mal zehn Meter großes Überlaufbecken, das fast bis zum Rand gefüllt war. Die Röhre mündete am oberen Rand in das Becken.
    Wäre das Becken voll gewesen, hätte ich keine Chance gehabt.
    Erst jetzt spürte sie die Schmerzen, die die eisige Kälte auf der Haut und in den Gliedern verursachte. Ihre niedrige Körpertemperatur ließ sie beinahe einschlafen. Sich auf den Boden zu legen, zusammenzurollen und einfach die Augen zuzumachen, war ein sehr verführender Gedanke.
    Ich will nur ganz kurz ein wenig schlafen und mich ausruhen. Ich bin so
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