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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Entertainer war sicher Nietzsche, der mit Recht nichts unversucht ließ, R.W. in der Szene lächerlich zu machen. Nietzsche verdroß es, daß sein einstiges Idol, sein Freund gar, sich so vergaß, so abglitt. Nietzsche war maßlos enttäuscht von der Entwicklung eines Mannes, der in Paris den Aufstand der Nibelungen gegen die ›giftige Geldwirtschaft‹ miterlebt hatte, der dort erkannt hatte, daß kein Einzelner frei sein könne, ›ehe wir es alle sind‹, der mit ›Rheingold‹ das heavy-metal-Panorama einer sich auflösenden Gesellschaft gezeichnet hatte … daß dieser selbe Mann sich plötzlich in Erlösungsmotiven verlor, nur weil ihn ein gekrönter Spinner sponserte, daß dieser Mann plötzlich eine mittelalterliche Gruselmoritat wie ›Parsifal‹ verbrechen, plötzlich mystische Märchen auf ein immerhin aufgeklärtes Publikum loslassen konnte.
    Wagner wirkte wie fortgesetzter Gebrauch von Alkohol, streute er in der Szene aus, um zu retten, was zu retten war, Jugendliche, die sich nicht entblödeten, ihm zu folgen, würden zu Mondkälbern … Nietzsches Warnungen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
    Wagner aber schwamm wie viele Kollegen mit dem Strom, nicht merkend, daß dies nach unten führt. Liederlich huldigte er dem ›pecunia non olet‹ – doch es gibt Gelder, die sehr wohl stinken. Die schonungslose Entlarvung der verbrecherischen Heuchelei der Mächtigen im ›Rheingold‹ blieb vielversprechende Eintagsfliege (trotz anhaltender Wirkung auf Epigonen, vgl. Morak, ›Summa cum laude … manchmal träum’ ich vom lieben Gott …‹ eine Transkription des Wagner’schen hellen Göttergelichters = gierigen Gaunergezüchts in den Operationssaal).
    Anstatt die Revolution, der er einst so nahe gestanden, zu vertiefen, anstatt die Veränderung der Gesellschaft von Grund auf weiterzupropagieren (und diese Absicht hatte er ja! das steckte ja in ihm drinnen! darum, und nur darum verdient er ja überhaupt Beachtung und Mitleid!) zog er sich satt zurück, ließ er den Dingen in bourgeoisem Behagen seinen Lauf.«
    D’Arnoncourt ließ dieses doch endgültige Verdikt einen Augenblick im Raum schweben und beendete dann, mit ruhiger Stimme, fast lakonisch, seinen Vortrag, »als dieser Richard Wagner starb, gab es weder ein Konzert im Hyde-Park mit 200.000 Schmetterlingen wie für Brian Jones, gab es die weltweite Erschütterung nicht wie beim Tod von Jimi Hendrix oder Janis Joplin.
    Was blieb, war, wie bei John Lennon oder Robert Stolz, eine interessierte Witwe.«
     
    Die Studenten nickten stumm ergriffen, in ihrer typischen Art blickten sie gläubig und voll Ehrfurcht hinauf zum Professor.
    »Ich danke Ihnen.« D’Arnoncourt räumte seine Unterlagen in die Tasche. »Bitte beachten Sie beim Hinausgehen den Anschlag rechts neben der Tür, der Sie auf eine höchst interessante Lehrveranstaltung meines Kollegen Dr. Roman D’Ummel am kommenden Mittwoch aufmerksam macht!«

    Natürlich verabsäumte es keiner der traditionell wohlerzogenen jungen Leute, dem Hinweis des Professors gebührende Aufmerksamkeit zu widmen, sie wußten schließlich, daß sie nur für sich lernten, daß es um ihr Wissen, um ihren weiteren Lebensweg ging.
    Die Ankündigung lautete:

     
    Copyright © 1987 by Ernst Petz
    illustriert von Jobst Teltschik

 
Karl Michael Armer
Die Endlösung der Arbeitslosenfrage
    Ein Feature
     
    RENTENVERSICHERUNG PLEITE! schreit es von der Titelseite der BILD-Zeitung. MILLIONEN HABEN ANGST.
    Der Bundeskanzler bläht indigniert die Nasenflügel. »Die Lage ist doch wirklich ernst genug«, murmelt er, »und was tun diese Schreiberlinge? Betreiben Panikmache!«
    Sein Blick schweift über die Kabinettsrunde. Fast alle Minister blättern in Zeitungen.
    »Bundesanstalt für Arbeit vor schwerer Krise.« Eine überregionale Tageszeitung aus München. Na ja. Der Kanzler entspannt sich ein wenig, doch der Aufmacher des Nachrichtenmagazins, das der Außenminister neben ihm gerade zur Seite legt, läßt sein aufkeimendes zuversichtliches Lächeln wieder gefrieren.
    Rente ade – alt sein tut weh. Und dazu ein Foto von alten Leuten in schäbiger Trauerkleidung, die einen Sarg in die Grube senken. Auf dem Sarg liegt ein Kranz mit einer schwarz-rot-goldenen Schleife, auf der geschrieben steht: Rentengarantie. Ruhe in Frieden.
    Sichtlich erregt beugt sich der Kanzler zur Seite und wendet das Heft um. Auf der Rückseite steuert ein verkniffen lächelnder Naturbursche seinen Jeep durch den Urwald, auf der
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