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Kuss der Ewigkeit

Kuss der Ewigkeit

Titel: Kuss der Ewigkeit
Autoren: K Price
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Zeit vergangen und als befänden wir uns immer noch zu Hause. Doch es war Zeit vergangen, und wir hatten uns verändert.
    Ich zögerte, und mein Blick huschte zu Bobbys kniender Gestalt.
    Sein Rückgrat schien hervorzuspringen, als die Haut aufbrach und sich zurückzog. Ich hörte die Knochen und Gelenke knacken, brechen, sich neu zusammenfügen und von der menschlichen Form zusammenzuschrumpfen. Sein Körper krümmte sich zu seiner ursprünglichen Gestalt, der eines Luchses, und seine Verwandlung ging schneller vor sich, als ich es in Erinnerung hatte. Ich beobachtete ihn– nur einen einzigen Herzschlag lang–, bis die Verwandlung nicht mehr aufzuhalten war. Dann rannte ich los.
    Ich hätte nicht zurückblicken sollen, doch ich tat es. Den betrogenen Ausdruck auf Bobbys Gesicht würde ich bis an mein Lebensende mit mir tragen.

KAPITEL 2
    N och während ich rannte, zog ich meinen Mantel zurecht. Mit etwas Glück würde es eine gute Stunde dauern, bis Bobby wieder in der Lage war, sich in menschliche Gestalt zurückzuverwandeln. Ich konnte nur hoffen, dass er sich in der Gasse versteckte und mir nicht als Luchs folgte. Er würde es doch nicht riskieren, dass ihn Menschen auf der Straße entdeckten, oder? Sicher würde er seine Kleider haben wollen, wenn er sich zurückverwandelte. Er war nicht wie ich in der Lage, mit seiner Kleidung die Gestalt zu wechseln. Ich lief schneller und bog willkürlich um die Ecken. Es war wirklich nicht zu sagen, was Bobby tun würde.
    Als ich die Hände in die Taschen schob, fühlte ich das Stück Papier mit der Straßenkarte, die mir das Mädchen im Bücherladen gegeben hatte. Ich zog es hervor und blieb an einer Kreuzung stehen, um die Straßennamen zu vergleichen. Wenn die Karte auch nur annähernd genau war, überlebte ich diese Nacht vielleicht. Der Klub war vermutlich derselbe, aus dem ich vorhin die Musik hatte kommen hören. Also folgte ich der groben Wegbeschreibung auf der Karte und schickte ein stummes Stoßgebet zum Himmel.
    Die dunklen Ladenfassaden wichen ausgedehnten Lagerhäusern, und ich zwang mich, langsamer zu gehen, als der wilde Lärm des Klubs lauter wurde. Die Straßenlaternen standen hier weiter auseinander als im Einkaufsviertel, und der leere Raum zwischen ihnen war erfüllt mit dichten Schatten, doch je lauter die Musik wurde, umso mehr Autos säumten die Straße. An der Ecke Ravin und Sloan blieb ich vor einem Backsteingebäude stehen, aus dem Dance-Rhythmen pulsierten.
    Das hier musste es sein.
    Ich bog um die Ecke zur Rückseite des Hauses und fand genau das vor, was ich erwartet hatte: zwei Türsteher und eine Schlange von Leuten, die begierig darauf waren hineinzukommen. Nun ja, vielleicht nicht genau das, was ich erwartet hatte. Jeder Einzelne in der Schlange war männlich, gekleidet in alles Mögliche, von zerrissenen Jeans bis hin zu engen Lackhosen. Ich musste von der Straße runter, doch die ausschließlich männliche Klientel ließ mich stutzen. Erneut warf ich einen Blick auf den roten Fetzen von einer Karte. Das hier war eindeutig die richtige Adresse. Die Bücherverkäuferin hätte mir doch sicher nicht vorgeschlagen, bei einem Schwulenklub aufzukreuzen?
    Während ich noch überlegte, kamen zwei übertrieben geschminkte Mädchen Anfang zwanzig von der anderen Straße her um die Ecke. Sie gingen direkt an der Schlange wartender Männer vorbei und zu einem der beiden Türsteher. Die Mädchen zogen ihre Jacken aus, als sie näher kamen, und ein mitfühlender Schauer lief mir über die Arme angesichts all der nackten Haut, die sie in der kalten Nachtluft entblößten. Die beiden warfen sich in Pose, und der Blick des Türstehers glitt anerkennend über sie, bevor er seinem Kumpel zunickte, der die Klubtür öffnete und sie einließ. Nun, damit wäre das geklärt. Mädchen konnten rein.
    Im Schatten verborgen ging ich in Gedanken mein äußeres Erscheinungsbild durch. Auf meinen Schal und die Handschuhe würde ich verzichten müssen, genauso wie auf meinen dicken, grauen Mantel und den Pullover. Darunter trug ich ein Spaghettiträgertop, das akzeptabel war. Meine Jeans waren ein wenig ausgewaschen, saßen aber gut, und meine dunkelblauen Sneakers befanden sich in recht ordentlichem Zustand. Ich zog meine warmen Sachen aus und stand zitternd im Schnee.
    Dann drehte ich mein Haar am Hinterkopf zu einem Knoten, setzte meine Mütze auf und stopfte die Haarsträhnen, die zu entkommen versuchten, darunter. Mein Haar zog zu viel Aufmerksamkeit auf sich,
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