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Kuss der Ewigkeit

Kuss der Ewigkeit

Titel: Kuss der Ewigkeit
Autoren: K Price
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wenn es sichtbar blieb. Ich hatte kein Make-up, das ich auflegen konnte. Ehrlich gesagt besaß ich gar keines. Meine ausgeprägten Wangenknochen vertrugen sich nicht besonders gut mit Rouge, meine Augen waren auch so schon lebhaft genug, und Lippenstift allein würde albern aussehen. Irgendwann einmal hatte ich Lipgloss besessen, was meinen Lippen zumindest ein wenig Glanz verliehen hätte, doch nach dem Durchwühlen meiner Manteltaschen kam ich zu dem Schluss, dass ich es wohl verloren haben musste. Nun, ich sah so gut aus, wie ich eben aussah.
    Der Schal und die Handschuhe beulten meine Manteltaschen zwar aus, doch sie passten hinein. Der Pullover allerdings– mit dem war es nicht so weit her. Na großartig. Ich besaß nur diesen einen Pullover und hatte keine Lust, ihn zu verlieren. Also sah ich mich um. An der Wand der Gasse entlang befand sich ein Stapel Kisten, und nachdem ich darin herumgestochert hatte, schob ich den Pullover in einen trockenen Spalt zwischen zwei Kisten. Ich würde später zurückkommen und ihn holen. Als ich endlich alles verstaut hatte, stachen meine Hände vor Kälte.
    Nun hieß es jetzt oder nie.
    Ich warf mir den Mantel über den Arm und gab alles. Mit hoch erhobenem Kopf und dem besten Hüftschwung, den ich zustande bringen konnte, spazierte ich zu dem ersten Türsteher und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das hoffentlich schrie: » Ich bin heute Abend das Beste hier!« Er musterte mich zweimal von Kopf bis Fuß, anscheinend nicht beeindruckt, doch dann nickte er seinem Kumpel zu, und die Tür öffnete sich für mich.
    Ich holte tief Luft und trat ein.
    Der Angriff auf meine Sinne begann unmittelbar. Draußen hatte ich die Musik schon für laut gehalten, doch drinnen war sie ein überwältigendes Brüllen, das mir vibrierend unter die Haut ging und meine Knochen durchdrang. Dicker Zigarettenqualm hing in der Luft und vermischte sich mit dem Gestank von Alkoholausdünstungen schwitzender Körper. Verzweifelt versuchte ich, mich zu orientieren, und sah mich um, doch wo auch immer sich mein Blick festhalten wollte, flackerten Stroboskopleuchten und blinkten wild bunte Lichter.
    In meinem Kopf drehte sich alles. Scharfe Sinne waren Segen und Fluch zugleich. Zu starke Reize konnten die Kampf-oder-Flucht-Reaktion der Katze in mir auslösen. Orientierungslos stolperte ich und prallte mit dem Rücken gegen die Backsteinwand. Brennender Schmerz schoss mein Rückgrat entlang. Fell rieb rau von innen über meine Haut und versprach vorübergehende Erleichterung.
    Nein. Nicht hier. Ich war in der Öffentlichkeit. Überall waren Menschen. Der Schmerz breitete sich aus, als die Haut an meinem Rücken begann, sich wie eine Schale zu öffnen.
    Verschwitzte Hände, die sich mir auf die nackten Schultern legten, rissen mich wieder in die Realität zurück. Ich schüttelte den Kopf, um ihn wieder klarzubekommen, und konnte ein Paar braune Augen erkennen, die sich nur wenige Zentimeter vor meinen befanden. Mühsam gelang es mir, mich auf das Gesicht des Mannes zu konzentrieren, seine Worte konnte ich jedoch nicht verstehen. Sein Mund bewegte sich, doch alles, was ich hörte, war ein dumpfes Brüllen. Als sein Mund aufhörte, sich zu bewegen, schüttelte er mich kräftig.
    Ich kniff die Augen zusammen und konzentrierte mich. Das half mir dabei, die Katze in mir tiefer in mein Inneres zurückzudrängen, und schließlich wurde mir klar, dass er mich fragte, ob mit mir alles in Ordnung war. Ich nickte schwach und legte mir die Hand über die Augen.
    » Willst du dich hinsetzen?«
    Diesmal war es leichter, seine Stimme auszumachen. Ich nickte erneut, und er legte mir die Hand an die Taille und dirigierte mich zum hinteren Teil des Klubs. Da wir uns vom Eingang und demzufolge auch von der Tanzfläche fortbewegten, wurde das Licht ruhiger. In einer Ecke drängten sich Sofas hinter einer gewaltigen Maschinenanlage, deren Zweck ich nicht einmal erahnen konnte. Die alte Industrieeinrichtung dämpfte den Lärm ein wenig, und dankbar ließ ich mich auf eine abgewetzte braune Couch nieder.
    » Bleib hier, ich bin gleich wieder da«, sagte der Typ.
    Ich rieb mir die Augen und dehnte dann mein Blickfeld langsam von den Sofas auf die Bereiche dahinter aus. Nicht weit entfernt von dort, wo ich saß, bildeten Stapel aus Getränkekisten, über die man Sperrholzplatten gelegt hatte, die Bar. Neben der behelfsmäßigen Theke standen ein paar Bierfässer in mit Eis gefüllten Mülltonnen: Eines davon trieb bereits leer
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