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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues
Autoren: Marlene Bach
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die sich an die Brüstung lehnte, niemand, der in
die Kamera lachte.
    War Martinsen deshalb auf die Figur des Hades gekommen? Der Gott,
der unter seiner Einsamkeit gelitten hatte?
    Was sie jedoch gefunden hatten, war ein Schlüssel, versteckt in
einer kleinen rostigen Dose in der Garage. Es war der zu Lea Rinkners
Wohnungstür. Martinsen hatte ihn trotz all seiner Vorsicht behalten. Eine
Trophäe? Das Symbol für seinen Triumph über die Erpresserin?
    Maria vermutete, dass er in der Nacht, in der er Lea getötet hatte,
noch in ihrer Wohnung gewesen war. Er musste nach dem Geld gesucht haben und
nach Hinweisen, die ihn hätten verraten können. Im Gegensatz zu Alsberger hatte
Martinsen dabei wohl Plastikhandschuhe angehabt. Aber den Eintrag im Kalender,
den über »Corti« und Leas Träume, den hatte er übersehen.
    »Die Kollegen haben angerufen.« Alsberger stand in der Tür.
    Ein bläulicher Schimmer zog sich von seinem geschwollenen Kinn die
Wange hoch bis zum grün umrandeten Auge.
    Rinkner hatte ordentlich zugelangt, als die beiden sich im Garten
begegnet waren. Zwei Schläge, und Alsberger hatte eine ganze Weile bewusstlos
mit der Nase im Gras gelegen. Wahrscheinlich war es ein Glück, dass er sofort
zu Boden gegangen war, sonst würde er bestimmt noch bunter schillern.
    »Bevor Martinsen das Haus hier gekauft hat, hat er noch ein halbes
Jahr zur Miete gewohnt. Raten Sie mal, wo«, sagte Alsberger.
    »In der Unterwelt?«
    »Nein. In Handschuhsheim. Nicht allzu weit entfernt von Sarah
Szeidel. Aber sie hat Ihnen doch gestern gesagt, sie kennt ihn nicht, oder?«
    »Hat sie. Aber es reicht, wenn Martinsen sie mal gesehen hat und
wusste, wo sie wohnt. Vom Äußeren her passte sie auf jeden Fall gut in Hades’
angebliches Beuteschema.«
    Maria hatte Sarah Szeidel gestern in der Rehaklinik angerufen und
ihr mitgeteilt, dass der Spuk vorbei war. Sarah Szeidel hatte dreimal gefragt,
ob das wirklich sicher sei, und bitterlich geweint, trotz aller Beteuerungen,
dass der Täter nie vorgehabt hatte, ihr etwas anzutun. Die Angst würde sie sicher
noch einige Zeit begleiten.
    Alsberger war an den Schreibtisch getreten und schaute Maria über
die Schulter.
    »Dafür, dass der sich nicht für Lyrik interessiert, hat er aber
ziemlich viel von dem Kram, was?«
    »Tja, manche Leidenschaften lassen sich eben nur schwer verbergen.«
Maria klappte das Buch zu. Auf dem Umschlag war eine Figur zu sehen, die sich
im Handstand übte. »Der gelbe Akrobat. 100 deutsche Gedichte der Gegenwart,
kommentiert«, stand darunter.
    Unter den vielen Büchern gab es noch anderes, was sie bei Karel
Lindnar vergeblich gesucht hatten: Literatur über griechische Götter, über die
Mythen von Eleusis, ein Buch über Eichendorffs Zeiten in »Halle, Harz und
Heidelberg«.
    »Und, gibt es etwas Neues von der Klinik?«, fragte Maria.
    »Nein, die haben sich nicht gemeldet.«
    Kurt Rinkner war wieder bei Bewusstsein, die Kugel aus seinem Bauch
herausoperiert. Nach Meinung der Ärzte grenzte es an ein Wunder, dass er noch
am Leben war. Vernehmungsfähig sei er aber noch nicht.
    Das war gestern gewesen. Maria hatte heute dreimal versucht, eine
Auskunft zu bekommen, ob man nun zu Rinkner könne, und war jedes Mal von der
Schwester mit dem Versprechen abgespeist worden, der behandelnde Arzt würde
zurückrufen.
    Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Jetzt reicht es mir. Ich fahr da
mal hin und sehe zu, ob ich jemanden erwische.«
    Alsberger war ihr allerdings noch eine Antwort schuldig, bevor sie
aufbrach.
    »Und, haben Sie sich inzwischen überlegt, ob Sie Fervers Vorschlag
annehmen? Er will bis heute Nachmittag Bescheid wissen, das haben Sie
hoffentlich nicht vergessen?«
    »Vera meint …«
    Maria wusste, was Vera meinte. Sie hatte lange mit ihr telefoniert.
Und sich bei ihr entschuldigt. Es war ein Fehler gewesen, Alsberger nicht wie
Veras Freund zu behandeln, ihm nicht die gleiche Offenheit entgegenzubringen,
um die sie sich sonst bei den Menschen bemühte, die Vera wichtig waren.
    Und sie hatte Vera erklärt, dass dieser Mann, den ihre Tochter so
sehr liebte, kreuzunglücklich werden würde, wenn er von der Kripo wegginge. Und
dass sie, ihre Mutter, kreuzunglücklich würde, wenn Vera wegginge.
    Vera hatte ganz offensichtlich mit Alsberger geredet. Von sich aus
zu kündigen war kein Thema mehr gewesen.
    »Was halten Sie von der
Sache, Alsberger? Vera muss es ja nicht tun, Sie müssen es tun.«
    Ein Praktikum in der Rechtsmedizin. Es war Fervers Idee
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