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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus
Autoren: Lindsey Davis
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Gewächs.«
    »Giftpfeile führen in der Regel zur raschen Lähmung des Opfers … also, sag schon!« drängte ich. (Auch wenn ich inzwischen wußte, was sie mir erzählen würde, mochte ich ihr doch nicht die Freude verderben.) »Wie heißt diese Provinz, in der dein Onkel diente und die mit diesem großen, gelehrten König gesegnet war?«
    »Mauretanien«, sagte Helena.
     
    Ich schloß die Augen.
    Helena stand auf und schlang die Arme um mich. Sie sprach in dem ruhigen, gesetzten Ton, den sie jedesmal anschlug, wenn wir dabei waren, einen Fall aufzudröseln. »Natürlich beweist das gar nichts. Ein Jurist würde es vielleicht nicht einmal als Beweismittel anerkennen. Aber wenn der Ankläger ein Exzerpt von König Jubas Abhandlung verlesen würde und du anschließend dem Gericht von der Schriftrolle berichten könntest, die du in Severinas Haus gesehen hast, dann – vorausgesetzt, der Anwalt hätte Überzeugungsgabe und du präsentiertest dich manierlicher als gewöhnlich –, also dann wäre dies genau der berühmte Stolperstein, der die Angeklagte zu Fall bringen könnte.«
    Ich öffnete die Augen. »Ich erinnere mich vom Jäten her an den milchigen Saft der Euphorbia. Vielleicht hat sie ihn mit Honig vermischt, dann hätte Novus ihn bestimmt gierig aufgeschleckt …«
    Helena fand einen Weg, mich noch fester an sich zu drücken; ich wurde rot, kam ihr aber, wie es so schön heißt, auf halbem Wege entgegen. »Hast du schon rausgekriegt, wie sie ihm das Gift eingeflößt haben könnte?« fragte sie.
    »Das wissen wir beide doch schon eine ganze Weile …« Helena nickte. »Sie bestrich damit die Silberplatte, auf der beim Bankett die Kuchen serviert wurden. Dann präparierte sie die Platte so mit ihrem Eischnee, daß das Gift nicht an die Kuchen dringen konnte. Minnius hatte sieben Stück geschickt; und als Severina der Tafel fernblieb, mußte, falls die Herrschaften gute Manieren bewiesen – was, wie mir versichert wurde, der Fall war – ein letztes übrigbleiben. Bestimmt hat Hortensius Novus das während der ganzen Geschäftsbesprechung nicht aus den Augen gelassen. Als die Gesellschaft auseinanderging, rannte er schnurstracks zurück ins Triklinium und verschlang gierig die übriggebliebene Torte. Und dann …«
    Ich stockte.
    »Dann«, beendete Helena den Satz für mich, »hat Hortensius Novus auch noch die Platte abgeleckt!«
    Würde das für eine Verurteilung reichen? Schließlich waren es nur Indizien. Aber fußen letztlich nicht alle Beweise mehr oder minder auf Indizien? Ein guter Verteidiger würde sich davon allerdings nicht so leicht ins Bockshorn jagen lassen.
    Hatte es einen Sinn, den Fall weiterzuverfolgen? Die Kupfervenus hatte ihr Vermögen eingeheimst. Vielleicht würde sie sich jetzt läutern; vielleicht würde Lusius dafür sorgen. Ich hatte zwar persönlich allen Grund, Severina anzuzeigen, aber noch mehr Lust, an meinem Ex-Vermieter Novus Rache zu nehmen. Wenn Severina Novus nicht schon erledigt hätte, wäre ich heute abend selbst zum Mörder geworden.
    »Marcus, du bist ja völlig erschöpft. Ich hätte dir gar nichts davon erzählen sollen. Du hast wahrhaftig genug getan.«
    »Kein Klient mehr«, räsonierte ich. »Kein Grund, noch irgendwas zu unternehmen … Keine Gerechtigkeit!«
    Gerechtigkeit war etwas für Leute, die sich’s leisten konnten. Ich war ein armer Mann, der für sich und eine ehrbare Frau zu sorgen hatte – und das von einem Einkommen, das uns knapp über Wasser halten, aber niemals zum Sparen reichen würde.
    Mit Gerechtigkeit hat noch keiner seine Rechnungen bezahlen können.
     
    Ich machte mich von Helena los, trat an die Balkonbrüstung und spähte hinüber zum dunklen Schatten des Janiculum. Dort ließ sich’s leben! Schöne Häuser mit reizenden Gärten in Hanglage und wundervoller Aussicht. Nahe am Tiber, und zugleich durch den Fluß getrennt vom Gedränge der Stadt mit ihrem Lärm, Schmutz und all der Hektik. Eines Tages, wenn ich zu Geld gekommen war, könnte man sich vielleicht auf dem Janiculum nach einem Heim umsehen.
    Helena trat hinter mich und kuschelte sich an meinen Rücken.
    »Heute hab ich ein Haus gesehen, daß ich dir auf der Stelle kaufen möchte, wenn wir jemals reich werden«, sagte ich.
    »Was denn für eins?«
    »Eins, auf das zu warten sich lohnt …«
    Wir gingen zu Bett. Das Bett war genauso schrecklich, wie ich es in Erinnerung hatte, aber das besserte sich, sowie Helena in meinen Armen lag. Wir schrieben immer noch die Kalenden des
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