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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus
Autoren: Lindsey Davis
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Becher Wein auf dem Balkon und schmökerte in meinen privaten Wachstäfelchen. Vermutlich waren’s genau die, die ich ihr zu lesen verboten hätte.
    Meine Gedichte.
    Sie hatte noch einen Becher auf den Tisch gestellt, für den Fall, daß jemand vorbeischauen sollte, der einen anständigen Tropfen zu schätzen wußte. Ich goß mir ein. Dann lehnte ich mich an die Schiebetür und gab mit meinem Siegelring Klopfzeichen. Sie schien keine Notiz davon zu nehmen, aber ihre Wimpern bebten leise, woraus ich schloß, daß meine männliche Gegenwart doch nicht ganz unbemerkt geblieben war.
    »Wohnt hier der Falco?«
    »Wenn ihm danach ist.«
    »Ich hab ’ne Nachricht für ihn.«
    »Die geben Sie besser mir.«
    »Sie sind wunderschön.«
    Sie schlug die Augen zu mir auf. »Hallo, Marcus.«
    Ich schenkte ihr mein verführerischstes Lächeln.
    »Tag, mein Schatz! Die Sache ist ausgestanden. Ich hab mich so weit wie möglich vorgewagt.«
    »Und, konntest du sie überführen?«
    »Nein.«
    Helena legte meine Gedichte beiseite. Neben ihr auf der Bank türmte sich eine kleine Pyramide gedruckter Werke. Sie trug eine meiner ausrangierten Tuniken, und ihre Füße steckten in einem Paar ausgelatschter alter Pantoffeln, die ebenfalls mir gehörten. Ich sagte: »Sieht mir ähnlich, auf ein Mädchen reinzufallen, das sich meine Kleider unter den Nagel reißt und meine Bibliothek plündert!«
    »Die gehörten Onkel Publius …« Sie deutete auf die Schriftrollen. Ich wußte, daß der Bruder des Senators im letzten Frühjahr gestorben war, » auf See verschollen « (der Gute hatte in der Politik arg danebengehauen). »Sein Haus war voller Plunder, der noch aus der Provinz stammt, wo der Onkel als junger Mann diente …«
    »Und das hast du alles heute abend gelesen?« Dieses flinke Frauenzimmer mit Lesefutter zu versorgen, konnte ja ein teures Vergnügen werden.
    »Nur überflogen.«
    »Und? Ist dir dabei was Gutes untergekommen?«
    »Ich hab was über König Juba gelesen. Er war verheiratet mit Kleopatra Silene, der Tochter von Marcus Antonius. Scheint eine ziemlich interessante Persönlichkeit gewesen zu sein – jedenfalls für einen König. Einer dieser exzentrischen Privatgelehrten, die minutiöse Abhandlungen über die skurrilsten Themen verfassen – er zum Beispiel über die Wolfsmilch.«
    »Ach ja, der gute alte Juba!«
    »Weißt du, was Wolfsmilch ist?«
    »Natürlich.« Es hörte sich an, als dächte ich: Was zum Hades ist Wolfsmilch? Ich grinste. »Also Wolfsmilch, das ist doch diese rundum gallegrüne Pflanze mit den lanzenförmigen Blättern und den kleinen Hutzelblüten …«
    Helena Justina zog die dichten Brauen zusammen, und ihr beredtes Schweigen sagte: Woher weiß dieser Dummkopf, was Wolfsmilch ist? Dann hörte ich ein Kichern: das hell entzückte Lachen, das sie eigens dafür reserviert hatte, mich zu necken. »Ah, du bist wahrhaftig der Enkel eines Handelsgärtners!«
    »Und immer für Überraschungen gut!« schob ich nach.
    »Klug bist du.« Helena maß mich mit sanftem Blick.
    »Nun, sagen wir, ich bin aufgeschlossen und vielseitig interessiert. Ich kann lesen – ehrlich gesagt, lese ich alles, was mir in die Finger kommt. Wenn du diese Schriftrollen herumliegen läßt, bin ich Ende der Woche bestimmt Experte für König Juba.« Ich war gereizt; wahrscheinlich, weil ich bei meinem Fall versagt hatte. »Ich bin kein hergelaufener Rüpel vom Aventin. Ich halte immer und überall Augen und Ohren offen. Ich verfolge genau, was es auf dem Forum Neues gibt. Wenn mir jemand was erzählt, höre ich aufmerksam zu …« Helenas geduldiges Schweigen nahm mir den Wind aus den Segeln. »Ich weiß zum Beispiel, daß du, mein Liebling, mir in Sachen Wolfsmilch ganz etwas Bestimmtes zu sagen hast.«
    Sie lächelte. Ich liebe Helenas Lächeln. »Wolfsmilchgewächse werden in der Heilkunde verwendet. Eine Gattung taufte König Juba die Euphorbia, nach seinem Leibarzt. Dieser Euphorbus setzte den Saft der Pflanze als Abführmittel ein. Ich hätte dem Doktor freilich nicht erlaubt, mir einen Löffel voll davon einzuflößen!« erklärte meine Liebste sarkastisch.
    »Und warum nicht?«
    »Weil das Zeug schrecklich penibel dosiert werden muß. Wolfsmilch hat nämlich auch noch eine ganz andere Wirkung.«
    »Verrat sie mir«, flüsterte ich und beugte mich, da ich das Glitzern in ihren Augen sah, erwartungsvoll vor.
    »Die Bogenschützen in König Jubas Provinzen bestrichen mit dem Saft ihre Pfeilspitzen. Wolfsmilch ist ein hochgiftiges
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