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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht mehr an einer Vermietung gelegen sei. Das Reisebüro hatte einige Tage Bedenkzeit eingeräumt, aber sie wollte möglichst bald mit Lutz sprechen. Über die Mobilnummer war er, wie so oft, nicht zu erreichen.
    Unter der Durchwahl im Verlag meldete sich seine Sekretärin, eine sanfte, kluge Frau und seine rechte Hand seit einem Vierteljahrhundert. »Der Chef ist eben aus dem Haus, Frau Tann. Oder – Augenblick bitte – nein, ich höre ihn im Flur. Warten Sie!« Der Hörer klackte gegen etwas Hartes.
    Kurz darauf vernahm sie seine Stimme. Er klang äußerst zufrieden. »Ich bin auf dem Weg in die Druckerei. Eines muss ich dir schnell erzählen. Stell dir vor, Undine hat diesen Regert endlich abserviert.«
    »Und du hast nichts Besseres zu tun, als ihr Rosen zu schicken!«
    »Bitte, Norma, versteh doch. Ich kann nicht anders. Was gibt’s denn?«
    »Damit komme ich wohl zu spät.«
    Ob sie ihm ihr Anliegen nicht trotzdem verraten könne, flötete er.
    »Es geht um die Reise. Fährst du mit nach Florenz?«
    Die Antwort ließ einen Augenblick auf sich warten. »Ach, Norma, ich würde dich so gern begleiten, aber …«
    Dumpfes Schnurren drang unter der Schreibtischplatte hervor. Ihre Beine wurden taub. »Lass gut sein, Lutz. Manchmal nimmt man eben kindisch viel Rücksicht, wenn man jemanden gern hat.«
    Sie wünschte ihm Glück, bevor sie auflegte. Vor dem nächsten Anruf vergrub sie die Finger im Katzenpelz, zog den vor Behaglichkeit schlaffen Kater in eine andere Position und beriet sich mit ihm. Leopolds grollendem Kommentar war keine eindeutige Meinung zu entnehmen.
    »Du bist mir eine schöne Hilfe, Poldi«, murrte sie und griff zum Telefon. »Wahrscheinlich steckt er sowieso mitten in einer Verhandlung.«
    Mit dem eisernen Entschluss, nicht mehr als diesen einen Versuch zu unternehmen, zählte sie die Signale. Beim fünften war er dran. Sie würde gern etwas mit ihm besprechen, erklärte sie knapp.
    »Heute habe ich jede Menge Termine.« Im Hintergrund war das Rascheln von Papier zu hören. »Könnte ich sofort zu dir kommen? In einer Viertelstunde? In deinem Büro?«
    Norma schluckte. So schnell?
    Sie hatte kaum den Kaffee aufgebrüht und den Besucherstuhl von Katzenhaaren gesäubert, als Eiko eintraf.
    Unaufgefordert reichte sie ihm einen Becher. »Setz dich!«
    Zögernd folgte er ihrer Aufforderung. Er wirkte auf der Hut. »Worum geht es?«
    Sie begnügte sich mit der Schreibtischkante. »Ich will gleich zur Sache kommen. Bist du noch auf Wohnungssuche?«
    Er zögerte mit der Antwort: »Ich habe etwas in Aussicht, eine schöne helle Wohnung in Sonnenberg. Näher am Zentrum wäre es mir allerdings lieber. Deswegen habe ich noch nicht zugesagt.«
    Sie suchte nach den richtigen Worten. »Ich habe über das nachgedacht, was du neulich gesagt hast. Es stimmt: Jedes Mal, wenn wir uns getroffen haben, kam mir der Prozess in den Sinn.«
    In seinem Blick lag Wärme. »Du musst dich nicht rechtfertigen, Norma. Du hast deinen Mann verloren. Dein Leben wurde bedroht. Was du dabei getan und empfunden hast, musstest du vor der Öffentlichkeit bloßstellen. Dabei kann man schnell zum zweiten Mal zum Opfer werden. Ich hätte dir gern beigestanden.«
    »Du gehörtest auf die andere Seite.« Sie schaute dem Kater zu, der schnurrend um Ehlers Waden strich. »Der Prozess ist vorbei, Eiko. Lass uns nicht mehr darüber sprechen. Sofern du überhaupt noch willst, kannst du die Wohnung haben.«
    Er war einverstanden. Sie schlug vor, den Mietvertrag in den nächsten Tagen abzuschließen.
    »Denk in Ruhe darüber nach«, sagte er.
    Norma lachte leise. »Keine Sorge, gegrübelt habe ich lange genug. Mein Entschluss steht fest. Versprochen!«
    Er trank den Kaffee aus und streichelte den Kater. Dabei fiel sein Blick auf die Reiseunterlagen auf dem Schreibtisch. »Planst du einen Urlaub in Florenz? Meine Ex-Frau schwärmt in höchsten Tönen von der Stadt. Ich war noch nie dort.«
    Norma biss sich auf die Zunge. In ihrer Erleichterung, die leidige Wohnungsgeschichte endlich hinter sich zu haben, hätte sie ihn beinahe zum Mitfahren eingeladen. Nachdem er gegangen war, schob sie die Rechnung in einen Umschlag. Mitten in der Überlegung, ob sie den Brief besser persönlich abgeben sollte, rief Undine an.
    »Ich wollte gerade zu dir«, sagte Norma.
    »Kannst du Gedanken lesen? Bitte komm sofort in meine Wohnung!« Undine klang höchst beunruhigt.
    »Was ist passiert?«
    »Sieh es dir selbst an!«
    Undine war nicht allein. Nina wartete
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