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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff
Autoren: Gmeiner-Verlag
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jeweils für den anderen einen Mord zu begehen. Reisinger will seinen Rivalen loswerden, und Daniel möchte den Bruder aus dem Weg schaffen.«
    »Der Rivale, nun gut«, warf Undine ein. »In Gedanken habe ich Lutz’ jeweilige Geliebte liebend gern gerädert und gevierteilt. Aber den eigenen Bruder töten zu lassen?«
    »Daniel glaubte, seine Gründe zu haben. Rico drängte ständig darauf, das Haus zu verkaufen, und hatte heimlich Kontakt zu einem Makler aufgenommen. Mit dem Bruder als Mitbesitzer hätte Daniel seine selbst gewählte Aufgabe auf Dauer nicht durchhalten können. Das Heim für Straßenkinder ist sein Lebenswerk, für das er alles tun würde.«
    »Daniel wollte also freie Handhabe und das Haus allein für seine Zwecke?«
    Norma nickte. »Dazu kommt ihm das Geld aus der Lebensversicherung gelegen. Immerhin 80.000 Euro! Er schmiedet gemeinsam mit seinem alten Sportkameraden einen üblen Plan. Der eifersüchtige Ralf Reisinger hat Pitt Metten seit längerer Zeit beschattet. Er weiß, dass sein Rivale frühmorgens zum Joggen zur Platte hinauffährt und gibt Daniel den Tipp, Metten dort aufzulauern. Es ist reiner Zufall, dass Metten kurz nach der Bildübergabe erschossen wird.«
    »Nun kommt Gregor ins Spiel«, ergänzte Undine Normas Gedankengang. »Zufällig findet er den Koffer mit dem Bild, den Daniel Götz unbeachtet zurückließ.«
    »So könnte es gewesen sein. Regert nimmt das Bild an sich. Er spürt dessen Qualität, kennt sich vielleicht sogar mit Jawlensky aus. Um mehr zu erfahren, kommt er hierher in die Galerie und gibt sich als Interessent aus. Von dir selbst erfährt er, dass dir ein Bild gestohlen wurde. Das ›Schweigende Rot‹.«
    Undine runzelte die Stirn. »Und er setzt alles daran, dass ich es unversehrt zurückbekomme. Ohne ein Lösegeld zu verlangen. Ich habe Gregor unrecht getan! Er mag anstrengend sein – ein schlechter Kerl ist er nicht. Gott sei Dank, ich habe mich doch nicht so sehr täuschen lassen. Trotzdem ist es aus. Die wunderbaren Rosen kamen übrigens, als Gregor hier war. Am liebsten hätte er sie zertreten.«
    Dass Undine den Strauß nicht gleich in den Müll befördert hatte, steigerte Lutz’ Chancen.
    »Noch etwas gibt mir zu denken«, wandte Norma ein. »Die Botschaft an Nina. Sie passt zu den Briefen, die ich bekommen habe, und kann nur von ihm stammen.«
    »Weil Gregor mehr wusste als wir und Rico warnen wollte!«
    »Eine Warnung, die leider zu spät kam.«
    »Willst du mit der Polizei reden?«
    Norma überlegte. »Nicht sofort! Ich brauche etwas mehr als nur Vermutungen, wenn ich mich nicht völlig lächerlich machen will.«
    Das Telefon gab ein kurze Tonfolge von sich.
    Undine griff danach. »Eine SMS. Von Gregor! Er beschwert sich, weil ich jeden Anruf abweise.«
    Norma beobachtete Undines flinke Finger. »Ich möchte nicht neugierig sein …«
    Undine lächelte. »Kein Geheimnis! Ich frage ihn gerade heraus, ob er das ›Schweigende Rot‹ bei sich hatte.«
    Beide warteten gespannt auf die Antwort, die umgehend kam. Undine reichte das Telefon an Norma weiter.
     
    ›Was soll die Frage? Damit habe ich nichts zu tun! Wann können wir uns sehen?‹
     
    Mit einem Seufzer nahm Undine das Handy zurück. »Er wird es niemals zugeben. Falls wir nicht grundsätzlich auf dem Holzweg sind.«
    »Was wirst du ihm antworten?«
    »Er soll mich in Ruhe lassen, im übertragenen Sinn. Dafür reichen zwei Worte«, sagte Undine herzlos und tippte die wenig damenhaft Antwort ein.

36
    Den Nachmittag verbrachte sie damit, die Rechnung für Undine zusammenzustellen, und hatte dabei einige Mühe, die Tastatur zu bedienen. Der Kater gewährte ihr eine seltene Zuwendung und ruhte lang ausgestreckt auf ihren Oberschenkeln. Ursprünglich hatte sie sich vorgenommen, sich für Undines Launenhaftigkeit mit einem gepfefferten Honorar zu revanchieren. Im Großen und Ganzen war die Zusammenarbeit jedoch unerwartet harmonisch verlaufen, sodass sie nicht übertreiben wollte. Wenn es darauf ankam, konnte Undine die postpubertäre Zickigkeit beiseite lassen, und so rundete Norma den Betrag nach unten ab, bevor sie das Blatt ausdruckte.
    Als das erledigt war, schaute sie nach den neuen E-Mails. Zwei Nachrichten waren eingetroffen: Das Reisebüro schickte drei Termine zur Auswahl, und der Makler ließ anfragen, ob er die Wohnung in der Taunusstraße endgültig aus dem Angebot nehmen sollte. Zwischen den Zeilen schwang Unverständnis mit. Norma antwortete ebenso höflich wie bestimmt, dass ihr
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