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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff
Autoren: Gmeiner-Verlag
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bekannt vor. Richtig, er hatte den Mann in der Galerie gesehen. Während der Feier anlässlich der Rückkehr des Bildes war er wie ein Gockel um Undine Abendstern herumstolziert. Der Mann senkte den Blick, als würde er den Kommissar nicht erkennen, erwiderte den Gruß unwillig mit stummem Nicken und eilte weiter.
    Eine Viertelstunde später saß Wolfert auf der Gasthausterrasse und ließ sich ein Hefeweizen schmecken. Er setzte das Glas zum dritten Mal an, als sich das Mobiltelefon bemerkbar machte. Bloß kein neuer Mord!, war sein erster Gedanke. ›Norma Tann‹, lautete die Anzeige.
    Wolfert wischte sich über den Mund. »Dein Anruf kommt wie gerufen, Norma! Sag mal, wie heißt der Mann, der neulich in der Galerie dabei war? Mit einem Doktortitel, soweit ich mich erinnere.«
    Ihre Stimme klang hellwach: »Du meinst Dr. Gregor Regert. Warum fragst du nach ihm?«
    »Nichts von Bedeutung«, beruhigte er sie. »Ich habe ihn eben getroffen und kam nicht auf den Namen.«
    »Wo hast du ihn getroffen?«
    »Während eines Spaziergangs bei der Platte.« Er wolle auch mal raus, fügte er an und ärgerte sich gleich darauf über die unbedachten Worte. Seine freie Zeit musste er vor niemandem rechtfertigen.
    »Wo genau?«, fragte sie beharrlich.
    Er erinnerte sich an ein Schild am Wegrand. »Auf dem Herzogsweg! Der zweigt von der Trompeterstraße ab, hinter dem Jagdschloss. Warum interessiert dich das?«
    »Nicht so wichtig«, antwortete sie hastig. »Worauf es ankommt: Undine Abendstern hat eine Warnung bekommen. Das sollten wir ernst nehmen. Denk an das Päckchen, das an Nina gerichtet war!«
    Er seufzte unwillkürlich. »Wie könnte ich das vergessen.«
    »Daniel Götz und Ralf Reisinger müssen observiert werden.«
    »Norma, du mit deiner Fantasie! Muss ich dir erklären, was Gert von deiner verrückten Hypothese hält? Er wird dafür niemanden abstellen.«
    »Dann tut es mir leid um deinen freien Abend, Dirk. Und um Luigis Feierabend.«
    »Du erwartest nicht wirklich, dass ich mich deswegen mit Luigi anlege!«
    »Wollt ihr die Täter überführen, oder nicht?«
    Er spürte ein Kribbeln im Nacken. »Wo ist Frau Abendstern jetzt?«
    »In der Villa Tann bei Lutz. Dort kann ihr nichts geschehen.«
    »Und die Tochter?«
    »Nina ist in Undines Wohnung. Sie hat versprochen, im Haus zu bleiben. Also, was ist?«
    Er konnte Norma nicht widersprechen. Das war die bisher größte Chance, den Fall endlich aufzuklären. Doch davon müsste er zunächst Luigi überzeugen. Norma war hoffentlich klug genug, sich selbst von den Verdächtigen fernzuhalten – die beste Vorsichtsmaßnahme, sofern sie von der eigenen Theorie überzeugt war.
    Entschlossen hob er die Hand. »Zahlen, bitte!«

38
    Norma baute zuversichtlich auf die Fachkompetenz der Ex-Kollegen. Ihr Ziel war das Dornröschenschloss. Keine halbe Stunde nach ihrem Besuch in der Galerie parkte sie ein Stück entfernt in einer Nebenstraße. Sie fuhr mit Absicht einen unscheinbaren Wagen, der am Straßenrand gewöhnlich nicht weiter auffiel. Regert jedoch kannte den Polo. Einmal hatte er eine wenig schmeichelhafte Bemerkung darüber fallen lassen. Sie wollte nicht riskieren, dass ihm in der Nachbarschaft ihr Auto auffiel. Regerts dunkler BMW stand vor dem Gartentor.
    Sie holte das nötige Werkzeug aus dem Kofferraum, schob den Dietrich für die alten Schlösser und das Taschenmesser für alle Fälle in die Hosentasche und klinkte die Taschenlampe in den Gürtel. So ausgerüstet, kroch sie, sobald sie sich unbeobachtet fühlte, durch das vertraute Loch im Zaun. Aufmerksam pirschte sie an die Villa heran. Das Haus lag still. Alle Fenster waren geschlossen. Ob Regert überhaupt zu Hause war? Während sie überlegte, unter welchem Vorwand sie ihn anrufen könnte, erschien seine Silhouette für einen Augenblick hinter einem Fenster im Erdgeschoss. Es musste das Küchenfenster sein. Fest entschlossen darauf zu warten, dass er das Haus verließ, hockte sie sich auf den Boden. Selbst wenn es die ganze Nacht dauerte! Sie musste rein in die Villa und suchen, bis sie irgendeinen Hinweis auf den gestohlenen Jawlensky fand. Dieses Mal würde sie das Feld nicht so schnell räumen.
    Das Handy signalisierte eine SMS.
    ›Luigi ist dabei! Er hat Götz im Visier, ich kümmere mich um Reisinger. Melde mich!‹, schrieb Wolfert.
    Er hatte Luigi tatsächlich auf die Beine gebracht! Respekt, Dirk! Das lief deutlich besser als bei ihr. Auf ihrem Posten tat sich wenig. Abwechselnd sitzend, stehend oder auf
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