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Der Räuber Hotzenplotz

Der Räuber Hotzenplotz

Titel: Der Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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Der Mann mi t den sieben Messern

    Einmal saß Kasperls Großmutter auf der Bank vor ihrem Häuschen in der Sonne und mahlte Kaffee. Kasperl und sein Freund Seppel hatten ihr zum Geburtstag eine neue Kaffeemühle geschenkt, die hatten sie selbst erfunden. Wenn man daran kurbelte, spielte sie »Alles neu macht der Mai«, das war Großmutters Lieblingslied.
    Seit Großmutter die neue Kaffeemühle hatte, machte ihr das Kaffeemahlen solchen Spaß, dass sie doppelt so viel Kaffee trank wie früher.
    Auch heute hatte sie die Kaffeemühle schon zum zweiten Mal aufgefüllt und eben wollte sie weitermahlen – da rauschte und knackte es plötzlich in den Gartensträuchern und eine barsche Stimme rief:
    »Her mit dem Ding da!«
    Großmutter blickte verwundert auf und rückte an ihrem Zwicker.
    Vor ihr stand ein fremder Mann mit einem struppigen schwarzen Bart und einer schrecklichen Hakennase im Gesicht. Auf dem Kopf trug er einen Schlapphut, an dem eine krumme Feder steckte, und in der rechten Hand hielt er eine Pistole. Mit der Linken zeigte er auf Großmutters Kaffeemühle.
    »Her damit, sage ich!«
    Aber Großmutter ließ sich nicht Bange machen.
    »Erlauben Sie mal!«, rief sie entrüstet. »Wie kommen Sie da herein – und was fällt Ihnen ein, mich so anzuschreien? Wer sind Sie denn eigentlich?«
    Da lachte der fremde Mann, dass die Feder an seinem Hut nur so wackelte.
    »Sie lesen wohl keine Zeitung, Großmutter? Denken Sie mal scharf nach!«
    Jetzt erst sah Großmutter, dass in dem breiten Ledergürtel des Mannes ein Säbel und sieben Messer steckten. Da wurde sie blass und mit ängstlicher Stimme fragte sie:
    »Sind Sie etwa – der Räuber Hotzenplotz?«
    »Der bin ich!«, sagte der Mann mit den sieben Messern. »Machen Sie keine Geschichten, das mag ich nicht. Geben Sie mir sofort die Kaffeemühle!«
    »Aber die gehört Ihnen doch gar nicht!«
    »Papperlapapp!«, rief der Räuber Hotzenplotz. »Tun Sie gefälligst, was ich von Ihnen verlange! Ich zähle bis drei . . .«
    Und er hob die Pistole.

    »Bitte nein!«, sagte Großmutter. »Die Kaffeemühle dürfen Sie mir nicht wegnehmen! Ich habe sie zum Geburtstag bekommen. Wenn man dran kurbelt, spielt sie mein Lieblingslied.«
    »Eben deshalb!«, knurrte der Räuber Hotzenplotz. »Ich will auch eine solche Kaffeemühle haben, die ein Lied spielt, wenn man dran kurbelt. Geben Sie sie schon her!«
    Da tat Großmutter einen tiefen Seufzer und gab sie ihm. Was hätte sie sonst auch tun sollen?
    Jeden Tag konnte man in der Zeitung lesen, was für ein böser Mensch dieser Hotzenplotz war. Alle Leute hatten entsetzliche Angst vor ihm, sogar der Herr Wachtmeister Dimpfelmoser, und der war immerhin von der Polizei.
    »Na also, warum nicht gleich?«
    Mit zufriedenem Grunzen ließ Hotzenplotz Großmutters Kaffeemühle in seinem Schnappsack verschwinden. Dann kniff er das linke Auge zu, schaute Großmutter mit dem rechten Auge scharf an und sagte:
    »So – und nun passen Sie mal gut auf! Sie bleiben jetzt auf der Bank hier sitzen und rühren sich nicht vom Fleck. Dabei zählen Sie leise bis neunhundertneunundneunzig.«
    »Warum?«, fragte Großmutter.
    »Darum!«, entgegnete Hotzenplotz. »Wenn Sie bis neunhundertneunundneunzig gezählt haben, dürfen Sie meinetwegen um Hilfe rufen. Aber nicht einen Augenblick früher, das sage ich Ihnen! Sonst können Sie was erleben! Verstanden?«
    »Verstanden«, lispelte Großmutter.
    »Und versuchen Sie nicht zu mogeln!«
    Der Räuber Hotzenplotz hielt ihr zum Abschied ein letztes Mal die Pistole unter die Nase. Dann schwang er sich über den Gartenzaun und verschwand.
    Kasperls Großmutter saß kreidebleich auf der Bank vor dem Häuschen und zitterte. Der Räuber war fort und die Kaffeemühle war auch fort.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Großmutter endlich mit dem Zählen beginnen konnte.
    Sie zählte gehorsam bis neunhundertneunundneunzig.
    Eins, zwei, drei, vier . . . Nicht zu schnell, nicht zu langsam.
    Aber in der Aufregung verzählte sie sich so oft, dass sie mindestens ein Dutzend Mal wieder von vorne anfangen musste.
    Als sie schließlich doch bei neunhundertneunundneunzig angelangt war, stieß sie einen gellenden Hilfeschrei aus.
    Und dann fiel sie in Ohnmacht

Der Polizei kann geholfen werden

    Kasperl und sein Freund Seppel waren beim Bäcker gewesen und hatten eingekauft: eine Tüte Mehl, etwas Hefe und zwei Pfund Zucker. Nun wollten sie noch in den Milchladen, süßen Rahm holen. Morgen war Sonntag und sonntags gab es bei
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