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Der Räuber Hotzenplotz

Der Räuber Hotzenplotz

Titel: Der Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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wusste der Räuber Hotzenplotz, war in diesem Falle genau das Richtige.
    »Ob der Bursche noch lang auf sich warten lässt?«, dachte Hotzenplotz. – Aber nein, wenn ihn nicht alles täuschte, kam da schon wer durch den Wald getappt . . .
    Richtig, dort tauchte er zwischen den Bäumen auf! Er trug eine knallrote Zipfelmütze: der Kasperl also!
    Hotzenplotz konnte nicht wissen, dass das Seppel mit Kasperls Mütze war. Kaltblütig hob er die Pfefferpistole und zielte.
    Er zielte sehr sorgfältig, machte langsam den Finger krumm . . . Rrrrumsdich – ein Blitz, ein Knall und ein Wölkchen Pulverdampf.
    Armer Seppel! Er hatte den Schuss aus der Pfefferpistole mitten ins Gesicht bekommen. Hören und Sehen verging ihm, er nieste und spuckte und hustete ohne Unterlass. Wie das brannte und kratzte und in die Augen biss! Schrecklich, schrecklich!
    Jetzt hatte der Räuber Hotzenplotz leichtes Spiel mit ihm.
    Hohn lachend band er ihm Arme und Beine mit einem Kälberstrick, lud ihn sich auf den Rücken und trug ihn in seine Räuberhöhle. Dort warf er ihn in die Ecke.
    »Da!«, rief er, »jetzt kannst du dich ausniesen, wohl bekomm's dir!«
    Er wartete, bis sich Seppel ein wenig erholt hatte. Als er sah, dass die Wirkung des Pfeffers nachließ, gab er ihm einen Fußtritt und spottete:
    »Guten Tag, Kasperl! Schön willkommen in meiner Höhle, gefällt sie dir? Tut mir Leid, dass du Schnupfen hast. Aber das lasst sich nicht ändern, das kommt davon! Was musst du auch deine Nase in Dinge stecken, die dich nichts angehen.«

    Seppel konnte nicht antworten, Seppel nieste. »Zum Wohlsein, Kasperl!«, sagte der Räuber Hotzenplotz. Hatte er »Kasperl« gesagt?
    »Ich bin nicht der Kasperl!«, rief Seppel und musste schon wieder niesen.
    »Nein, nein«, meinte Hotzenplotz grinsend, »ich weiß, dass du nicht der Kasperl bist, sondern der Kaiser von Konstantinopel.«
    »Nein doch, ich bin der Seppel!«
    »Natürlich, natürlich – und ich bin der Wachtmeister Dimpfelmoser, falls dir das neu sein sollte.«
    »Ich bin aber wirklich der Seppel!«
    »Maul halten!«, brüllte der Räuber Hotzenplotz. »Wenn du mich anschwindelst, werde ich grob und versohle dich mit dem Schürhaken! – Aber horch mal . . .«
    Bim – bim – bim – bim.
    Ein Glöckchen, das neben dem Höhleneingang am Türstock hing, bimmelte.
    »Weißt du, was das bedeutet?«, fragte der Räuber Hotzenplotz. »Nein, das kannst du nicht wissen, ich muss es dir also erklären. Das Bimmeln bedeutet, dass eben jetzt dein Freund Seppel in eine Grube geplumpst ist, genauer: in eine Fallgrube! Ja, da staunst du wohl, das verschlägt dir die Sprache, wie? Aber tröste dich, mit dem Hotzenplotz sind schon ganz andere Leute nicht fertig geworden!«
    Hotzenplotz lachte dröhnend und patschte sich auf die Schenkel. Dann kramte er unter dem Bett ein paar Stricke und einen Sack hervor.
    »Ich gehe nun deinen Freund Seppel holen, damit es dir hier nicht zu einsam wird«, sagte er. »Überlege dir unterdessen, ob du nicht doch der Kasperl bist! Viel Vergnügen einstweilen!«

Trübe Aussichten

    Und was hatte Kasperl inzwischen erlebt?
    Seit er sich von Seppel getrennt hatte, war er auf »seiner« Spur immer tiefer ins Dickicht geraten. Im Stillen verwünschte er nicht nur den Räuber Hotzenplotz und den elenden Weg voller Wurzeln und Dornenranken, auf dem er ihn da verfolgen musste, sondern auch – Seppels Hut.
    Seppels Seppelhut rutschte ihm fortwährend ins Gesicht. Er konnte ihn in den Nacken schieben so oft er wollte: Spätestens nach dem übernächsten Schritt saß er ihm wieder auf der Nase!
    »Vielleicht wird es besser, wenn ich ihn umdrehe?«, dachte Kasperl und setzte den Hut verkehrt auf.
    Das half aber auch nichts.
    Noch oft musste Kasperl den dummen Hut in den Nacken schieben und noch oft rutschte ihm Seppels grüner Seppelhut wieder in die Stirn – bis es plötzlich ein furchtbares Knacken und Prasseln gab und Kasperl samt Seppels Hut in eine der vielen, mit Reisig bedeckten Fallgruben stürzte, von denen die Räuberhöhle umgeben war.
    Da saß er nun unversehens ein Stockwerk tiefer, der gute Kasperl, und rieb sich das Hinterteil. Ein Glück nur, dass er sich nichts gebrochen hatte! Das hätte leicht sein können bei dem tiefen Fall und dem harten Aufprall.
    »Zu dumm!«, dachte Kasperl und schaute sich in der Grube um. »Vier senkrechte glatte Wände und weiter nichts. Wie soll ich da jemals wieder hinauskommen?«
    Aber da war ja noch Seppel! Der würde ihn sicher
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