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Küchenfee

Titel: Küchenfee
Autoren: S Conrad
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dass ihr ihm etwas zu essen gemacht habt, obwohl wir eigentlich schon Mittagsruhe haben.« Sie schnupperte an der Blüte. »Euer Gezeter hat er ignoriert wie ein echter Gentleman.«
    Lilli wollte gerade mit der Schilderung der dramatischen Vorkommnisse beginnen, als Monsieur Pierre durch die Schwingtür gestapft kam. Lilli konnte gerade noch hastig flüstern: »Die Spülhilfe hat keine Schuld, es war reine Notwehr«, als auch schon der wütende Koch neben ihr stand und tief Luft holte, bereit, seiner Empörung freien Lauf zu lassen.
    Vanessa hob die manikürte Hand.
    Monsieur Pierre klappte den Mund zu.
    Lilli bildete sich für den Bruchteil einer Sekunde ein, Dampf aus seinem knallroten Kopf aufsteigen zu sehen.
    Mühsam beherrscht presste der Küchenchef hervor: »Ich will Sie sofort sprechen, Madame Kamlot. Mir reicht es endgültig. Ich kann so nicht arbeiten.«
    »Monsieur Pierre!«, rief Polizeipräsident Gruber in diesem Moment. »Kompliment an die Küche! Und diese originelle Dekoration, wunderbar.«
    Monsieur Pierre fuhr sich durch seine nassen Haare und rang sich ein gequältes Lächeln ab. » Merci, Monsieur Gruber.« Dann drehte er sich zu Lilli um und fauchte: »Welche Dekoration? Wieso originell?« Seine Kiefermuskeln traten vor Anspannung hervor, seine dunklen Augen sprühten Funken. Die sonst immer akkurat sitzende Kochjacke klebte klatschnass an seinem mächtigen Oberkörper, und zu seinen Füßen hatte sich eine kleine Wasserpfütze gebildet.
    Wieder rang Lilli um Fassung und kämpfte verzweifelt gegen das aufsteigende Lachen an. Monsieur Pierre agierte wie der Darsteller in einem Slapstick-Stummfilm – maßlos übertrieben, pathetisch und mit raumgreifender Gestik.
    Vanessa Kamlots Gesichtsausdruck zeigte allerdings unmissverständlich, dass sie die Situation keineswegs komisch fand. »In mein Büro, Monsieur Pierre. Ich lasse dich dann rufen, Lilli.«
    Ohne eine Antwort ihrer Angestellten abzuwarten, verschwand Vanessa in ihrem Büro, gefolgt von dem tropfenden Monsieur Pierre.
    Lilli schlenderte zum Tresen, nahm sich ein Glas Mineralwasser und prostete dem Polizeipräsidenten zu.
    »Frau Berger, leisten Sie mir und meiner Entenbrust einen Moment Gesellschaft?«, flachste Gruber und tupfte sich mit seiner Serviette die Mundwinkel ab.
    Lilli lächelte und ging auf seinen Ton ein. »Ich habe doch gar nichts verbrochen.«
    »Ich befürchte, doch. Ich habe Indizien dafür, dass diese hervorragende Orangensauce auf Ihr Konto geht.«
    Lilli trat an den Tisch ihres Gastes, ließ theatralisch den Kopf hängen und sagte: »Sie haben mich überführt.«
    »Ich würde Sie gern für meine Geburtstagsparty in drei Monaten verhaften und in meiner Küche einsperren. Ich hoffe, Sie kommen freiwillig, und ich brauche keine Handschellen. Ich konnte Ihre Kunst ja auch bei der Silberhochzeit Ihrer Cousine bewundern. Fantastisch. Wie wär’s?«
    Die Klingel in der Durchreiche ertönte und rief sie in Vanessas Büro. Gerettet.
    Polizeipräsident Gruber sah sie erwartungsvoll an.
    »Warum nicht?«, sagte Lilli. »Lassen Sie uns doch darüber ein andermal reden, jetzt muss ich leider zurück in meinen Küchenknast. Mein Hofgang ist um. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Appetit.«
     
     
    Als sie auf Vanessas Büro zuging, hörte sie Monsieur Pierre schon durch die geschlossene Tür toben: »Ich kann so nicht arbeiten! Erst versaut meine werte Kollegin die Sauce, und dann werde ich von diesem Punk an der Spüle tätlich angegriffen. Ich verlange, dass die Küchenhilfe gefeuert wird. Madame Kamlot, es ist Ihre Entscheidung: die oder ich!«
    »Wen meinen Sie? Ihre werte Kollegin oder den Punk an der Spüle? Oder vielleicht beide?« Vanessas dunkle Stimme klang wütend und nicht samtig wie gewohnt.
    Als Lilli die Tür öffnete, sah sie Monsieur Pierre, jeder Zoll beleidigte Diva, vor Vanessas Schreibtisch stehen, die Arme verschränkt, den Kopf empört in den Nacken geworfen. Vanessa atmete sichtlich auf, als Lilli hereinkam und sich in den einzigen freien Sessel setzte. Ihre gerade noch gerunzelte Stirn glättete sich, als sie sich Lilli zuwandte. »Erzähl doch mal, was war da los mit der Spülhilfe? Wieso hat sie den Maître mit dem Spülschlauch angegriffen?«
    Monsieur Pierre schnaufte empört und funkelte Lilli lauernd an. »Na, da bin ich ja mal gespannt auf die Version der gnädigen Madame.«
    Vanessa schaltete sich ein: »Bitte, Herr Meisenheimer.«
    Monsieur Pierre hielt die Luft an. Lilli wusste, wenn er etwas
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