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Küchenfee

Titel: Küchenfee
Autoren: S Conrad
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fallen.
    Lillis Herz machte einen kleinen Freudensprung, als sie ihren Ehemann sah. Allerdings wirkte er, wie so häufig in letzter Zeit, sehr abgespannt. Er arbeitete viel und kam oft erst spät abends nach Hause.
    Sie ging auf Armin zu, um ihn zu umarmen. Lilli fühlte einen kleinen Stich der Enttäuschung, als er, ohne sie zu beachten, die Papprolle abstellte, direkt aufs Wohnzimmer zuging und die Tür öffnete.
     
     
    Theoretisch hätte sein Auftauchen bei der lauten Musik minutenlang unbemerkt bleiben können, aber die Choreographie befand sich gerade an einem Punkt, an dem die Mädchen komplizierte Drehungen vollführen mussten, und so blickte das Tanz-Quartett in dem Moment zur Tür, als Armin das Wohnzimmer betrat.
    Svenja lief sofort auf ihren Vater zu. »Papa! Du musst dir unbedingt anschauen, was wir heute geübt haben!« Sie hopste aufgeregt vor ihm herum.
    Lilli stand im Türrahmen und beobachtete die beiden. Svenja war eine echte Vater-Tochter, seine kleine Prinzessin. Es war typisch, dass sie nur ihm die aufregenden neuen Tanzschritte vorführen wollte und nicht ihrer Mutter.
    Armin nahm Svenja kurz in den Arm. »Nein, heute nicht, meine Süße. Ich bin todmüde. Aber ich nehme gern ein Autogramm von den Künstlerinnen.« Verschwörerisch zwinkernd zog er einen Filzschreiber aus der Hemdtasche. »Hier, die Damen, direkt aufs Hemd, wie es sich für echte Stars gehört. Aber vorher bitte die Musik aus. Mir fliegt gleich das Trommelfell raus.«
    Die Mädchen lachten und plapperten durcheinander. Svenja schaltete gehorsam die Stereoanlage aus. »Aufs Hemd, Papa? Was sagt Mama denn dazu?«
    »Ach, mit der rede ich schon. Und außerdem, schau mal«, er zeigte seinen rechten Ärmel, der am Ellenbogen eingerissen war, »da hat meine Lieblingsbaustelle auch schon ein Autogramm hinterlassen.«
    Die vier Mädchen schrieben kichernd ihre Namen auf Armins Hemdbrust.
    »Wiedersehen, Frau Berger, Wiedersehen, Herr Berger«, verabschiedeten sich Svenjas Freundinnen wenig später höflich und drängelten sich an den beiden vorbei in den Hausflur.
     
     
    »Armin, sind wir wirklich schon so alt?«, fragte Lilli. »Mir kommt es vor, als hätte ich erst letzte Woche zu Hause in meinem Mädchenzimmer die Hits von Donna Summer oder Sister Sledge in die Haarbürste gesungen, und jetzt stehe ich hier und runzle missbilligend die Stirn.«
    Armin lachte und nahm Lilli in die Arme. »Das war in der Tat erst vor einer Woche, meine Liebste. Du hast im Schlafzimmer vor dem Spiegel posiert und irgendein Stück von Blondie in deine Bürste gegrölt. Und dazu getanzt. Ziemlich sexy sogar.«
    »Was? Das hast du …?«
    Armin grinste. »Du hast gedacht, ich wäre noch unter der Dusche, aber ich habe dich heimlich beobachtet. Und das, was ich da gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen.« Er beugte sich zu ihr und küsste sie.
    Svenja runzelte die Stirn, als sie die zärtliche Umarmung ihrer Eltern sah. »Bäh, ihr seid ja peinlich!«
    Lilli wand sich aus Armins Armen. »Alles klar. Wenn dir das so peinlich ist – in der Küche wartet ein Kilo völlig unpeinlicher Kartoffeln darauf, geschält zu werden.«
    Svenja rannte wie ein geölter Blitz die Treppe hoch zu ihrem Zimmer. »Keine Zeit«, rief sie über die Schulter, »ich muss Schularbeiten …« Die Zimmertür knallte zu.
    Lilli ließ sie ziehen. Lieber allein kochen als mit einer bockigen, schlecht gelaunten Tochter, die aus Protest wie in Zeitlupe durch die Küche schleichen würde, wie sie es immer tat, wenn sie keine Lust hatte.
    Lilli untersuchte den Riss in Armins Ärmel. »Schade um das schöne Hemd. Ich wusste gar nicht, dass ein Architekt so gefährlich lebt.«
    Armin entzog ihr den Arm. »Ach, das ist heute auf der Baustelle passiert, ein rostiger Nagel oder so.« Armin verstummte, drückte ihr abwesend einen Kuss auf die Stirn und verschwand in seinem Arbeitszimmer. Sein Telefon klingelte.
     
     
    Lilli ging ins Schlafzimmer und tauschte ihre Jeans gegen eine weite, bequeme Hose aus Nickistoff. Sie trug noch immer die gleiche Kleidergröße wie vor zwanzig Jahren, trotz ihrer Arbeit als Köchin. Sie musterte sich kritisch im Spiegel: ein gleichmäßig geschnittenes Gesicht, blaugrüne Augen, eine schmale und – wie Lilli fand – etwas zu lange Nase, ein schön geschwungener Mund. Ihre mittelblonden, schulterlangen Haare, die sie fast immer als Zopf trug, hatten schon länger keinen Friseur mehr gesehen. Sie trat näher an den Spiegel. Um die Augen hatten sich die
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