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Küchenfee

Titel: Küchenfee
Autoren: S Conrad
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ersten feinen Fältchen eingegraben. Normal bei einer Frau von zweiundvierzig Jahren.
    Sie griff nach ihrer Haarbürste, hielt sie wie ein Mikrofon vor den Mund, stellte sich in Positur und deklamierte: »Sehr verehrte Damen und Herren. Nie hätte ich damit gerechnet, den Küchennobelpreis für die beste Kartoffelsuppe der Welt entgegennehmen zu dürfen. Und noch dazu aus der Hand des großen Ferrán Adria, den ich zutiefst verehre und der mir immer eine große Inspiration war und ist. Ich danke meiner Familie, meinem Ehemann …«
    Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür und Armin steckte seinen Kopf herein. »Du, Lilli, ich muss noch mal kurz weg. Wartet nicht mit dem Essen auf mich. Könnte sein, dass ich es nicht rechtzeitig schaffe.«
    Lilli drehte sich zu ihm herum. »Wo musst du denn jetzt noch …« Aber sie hörte schon die Haustür hinter ihm ins Schloss fallen.
     
     
    Lilli nahm einige zarte Karotten, eine Stange Lauch, eine prachtvolle Gemüsezwiebel und ein paar Kartoffeln und räumte den Rest der Einkäufe weg. Vom Biometzger auf dem Markt hatte sie Mettwürste und ein paar Scheiben Kassler mitgenommen – das rief nach einem deftigen Kartoffeleintopf.
    Zu den sanften Rhythmen ihrer Lieblings-Reggae-CD erledigte sich die Arbeit wie von selbst. Lilli schwang die Hüften und summte mit, während sie die Kartoffeln schälte und in Würfel schnitt. Die Karotten dufteten leicht nach der Erde, in der sie gestern noch gesteckt hatten. Lilli biss ein Stück ab, es schmeckte süß und zart. Vorsichtig wusch sie das kleine Bündel unter fließendem Wasser und schnitt die Karotten in feine Scheiben. Mit dem Lauch verfuhr sie ebenso. Tack tack tack tack tack – das große scharfe Messer zerteilte die Lauchstange so blitzschnell in gleichmäßige Ringe, als hätte es ein Eigenleben. »Erst wenn es sich anhört wie eine Maschinengewehrsalve, seid ihr schnell genug!«, hatte ihr Ausbilder immer gesagt. Zum Schluss hackte sie die Gemüsezwiebel ebenso kunstvoll in kleine Würfelchen.
    In einem großen Suppentopf schwitzte sie das zerteilte Gemüse in Öl an, bis die Zwiebelwürfel glasig waren, und goss zwei Liter Gemüsebrühe dazu. Es zischte laut, und eine weiße Dampfwolke stieg auf. Bevor Lilli den Deckel auf den Topf setzte, gab sie noch Salz und Pfeffer und zu guter Letzt die gewaschenen Kartoffelwürfel hinein. Während die Mischung vor sich hin brodelte und sich die Küche mit einem köstlichem Aroma füllte, deckte Lilli den Tisch. Kati musste auch jeden Moment auftauchen, sie war zum Abendessen stets zu Hause.
    Gerade arrangierte sie die zerzausten, kümmerlichen Reste ihres Pfingstrosenstraußes, als sie schon das vertraute Knattern des Motorrollers hörte. Lilli gab schwungvoll einen Schuss Sahne in den Topf. Mit einem kleinen Löffel probierte sie die Mischung, runzelte die Stirn und holte dann aus dem Kühlschrank ein kleines, irdenes Töpfchen mit Senf. Ein haselnussgroßes Häufchen davon versank in der Suppe und löste sich sofort auf. Lilli schnupperte an dem Dampf, der jetzt eine Spur schärfer duftete als zuvor. Was fehlte noch? Frische Kräuter. Rasch hackte Lilli ein Bündel Schnittlauch zu feinen Röllchen. Die würde sie später auf die gefüllten Teller streuen.
    Kati, die eben in die Küche kam, sog genießerisch den Duft der Suppe ein. »Das macht Appetit! Kartoffelsuppe?« Sie schnappte sich eins der Mettwürstchen, die Lilli gerade zusammen mit den Kasslerscheiben in den Topf geben wollte.
    »Auch dir einen guten Tag«, begrüßte Lilli ihre Tochter. »Finger weg. Vor dem Essen wird nicht genascht.«
    »Wie soll man denn bei diesen Prachtstücken widerstehen?«, fragte Kati und gab Lilli die Wurst zurück.
    »Sag doch bitte Svenja Bescheid. Das Essen ist fertig.«
    Zehn Minuten später saßen sie zu dritt am Tisch und schnatterten durcheinander. Und selbst Svenja, die zwar ungern kochte und sich dafür aber umso lieber Lillis Essen schmecken ließ, rief, wie sie es schon als kleines Mädchen immer getan hatte: »Leckerleckerlecker!« Sie kam um den Tisch gelaufen, um Lilli einen fettigen Schmatzer auf die Wange zu drücken.
    Sie hatten ihre Teller bereits geleert, als Armin endlich wieder auftauchte und sich zu ihnen in die Küche gesellte.
    »Hm, hier duftet es ja köstlich. Habt ihr mir was übrig gelassen?«
    »Natürlich!«, rief Kati und sprang auf, um ihm eine Portion Suppe zu holen.
    »Das sieht wunderbar aus«, sagte Armin und nahm seiner Tochter den Teller ab. Er setzte sich
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