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Küchenfee

Titel: Küchenfee
Autoren: S Conrad
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Freude!«
     
     
    Nachdem Lilli – gemeinsam mit dem ungewohnt wortkargen Chefkoch – alles für die Spätschicht vorbereitet hatte, band sie sich die Schürze ab. Feierabend, endlich. Lediglich die Spülhilfe erwiderte ihren Abschiedsgruß. Monsieur Pierre drehte ihr demonstrativ den Rücken zu.
    Na gut, wenn du es so willst, dachte Lilli, dann spiel doch die beleidigte Leberwurst.

Kapitel 2
     
    Bepackt mit Tüten, Einkaufstaschen und einem Strauß Pfingstrosen stand Lilli eine knappe Stunde später vor ihrer Haustür. Laute Popmusik war bis auf die Straße zu hören. Sie verrenkte sich bei dem Versuch, ihre Jacken- und Hosentaschen nach ihrem Haustürschlüssel abzuklopfen, ohne etwas abzustellen.
    Ratsch! Der Henkel einer Einkaufstüte war gerissen. Äpfel, Kohlrabi und Zwiebeln rollten davon und verteilten sich im Vorgarten. Die Blumen, die unter ihrem Arm klemmten, rutschten herunter, und Lilli brach beim Versuch, sie noch zu packen, prompt die Hälfte der Blüten ab.
    Immerhin hatte sie jetzt eine Hand frei, um auf die Klingel zu drücken.
    Niemand öffnete, aber die Musik verstummte. Schnell klingelte Lilli mehrmals hintereinander.
    Die Musik setzte wieder ein, noch lauter als zuvor.
    Seufzend stellte Lilli ihre Taschen ab und trat einen Schritt aus dem Türeingang zurück. Vielleicht hatte sie ja Glück, und das Fenster der Gästetoilette stand offen. Fehlanzeige. Zitterte der Efeu an der Hauswand im Takt der Bässe, oder war das Einbildung?
    Seufzend ging Lilli ums Haus herum zur Terrasse. Die Rollläden waren herabgelassen – offenbar hatte Svenja in einem Anfall von Fürsorge die Ruhe in der Nachbarschaft im Sinn gehabt. Lilli schlug mit der Faust gegen die hölzernen Läden, aber nichts rührte sich.
    »Svenja! Svenja! Mach die Tür auf! Ich bin’s, deine Mutter! Verdammt!«, schrie Lilli vergeblich gegen den Lärm an.
    Keine Reaktion. Lilli gab sich schließlich geschlagen.
    Sie ging zurück zur Haustür und erschrak. Obst und Gemüse lagen nicht mehr im Vorgarten verstreut. Und nicht nur das: Ihre Taschen waren ebenfalls verschwunden. Verwirrt sah sie sich um und entdeckte vor dem Garagentor ihre Tochter Kati, die sich gerade auf ihre Vespa schwang und den Motor anließ.
    Lilli wedelte mit den Armen und rannte auf Kati zu. »Kati! Kati! Nicht wegfahren! Ich bin ausgesperrt! Und meine Taschen …«
    Kati drehte sich zu ihr um und winkte. »Der Schlüssel steckt, Ma, und die Taschen sind in der Küche. Bis später.« Sie ließ den Motor aufheulen, gab Gas und fuhr knatternd die Straße hinunter.
     
     
    Auf dem Küchentisch lagen die Einkäufe, direkt neben ihrem vermissten Schlüssel. Erleichtert schaufelte Lilli duftendes Espressopulver in das Sieb ihrer kleinen Espressokanne und stellte sie auf den Herd. Das war immer das Erste, was sie nach der Arbeit zu Hause tat, ein langjähriges, lieb gewonnenes Ritual.
    Die Küchentür flog auf, und Svenja kam aufgeregt herein. »Mama, stell dir vor – gerade war ein Einbrecher oder so am Haus! Der hat voll an die Rollläden gebollert, der wollte rein! Aber wir haben so getan, als wäre niemand da.«
    Lilli zog ihre plappernde Tochter an sich und versuchte, ernst zu bleiben. »Das habt ihr ganz richtig gemacht, Svenja. Nie die Tür aufmachen, wenn ein Fremder davorsteht. Allerdings kannst du bei deiner Mutter schon mal eine Ausnahme machen.«
    Lilli zupfte an Svenjas derangiertem, verschwitztem Haarband. »Macht mal Schluss für heute, meine kleine Pink, Musik aus. In einer Stunde gibt’s Essen, und ich könnte Hilfe gebrauchen.«
    Svenja zog eine Schnute. »Kochen?«, maulte sie gedehnt. »Och, wieso denn ich? Ist denn Kati nicht da? Kann die nicht helfen? Ich find kochen so langweilig. Und außerdem sind wir noch nicht mit Üben fertig. Och, Mama, bitte!«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, entzog sich Svenja Lillis Umarmung und rannte zurück zum Wohnzimmer.
    Lilli wusste nicht, ob sie wütend werden oder die Frechheit ihrer selbstbewussten Dreizehnjährigen bewundern sollte. In letzter Zeit überschritt Svenja allerdings immer häufiger die Grenze zwischen kindlich-charmantem Trotz und purer Unverschämtheit. Sie wollte ihrer Tochter gerade folgen, als die Haustür aufging. Armin, unter dem Arm eine lange Papprolle, kam mit gerunzelter Stirn herein. Er zog sich die Baseballkappe der New York Yankees vom Kopf, auf die er so stolz war, und warf sie ohne hinzusehen über einen der Garderobenhaken. Sein Leinensakko ließ er einfach auf den Boden
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