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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co.
Autoren: Friedrich Glauser
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besonders an – soweit von Freundschaft zwischen einem Großkapitalisten und einem Kellner die Rede sein kann. Rechsteiner ist klug, geschickt. Es gelingt ihm, den Franzosen mit dem Bürgermeister der Stadt zusammenzubringen. Wie – ist hier gleichgültig. Ein großer Betrug gelingt – Gold wird verschoben, Rechsteiner hilft. Aber der Franzose ist nicht ein Mann, der sich unbesehen in die Hände eines Untergebenen gibt. Eine dunkle Scheckgeschichte wird inszeniert (Helfer gibt es ja zu dieser Zeit genug), Rechsteiner wird beschuldigt, einen Scheck von 50000 Mark gefälscht zu haben, er wird verhaftet – der Franzose besticht die Gefangenenwärter (bedenkt, daß dies während des Umsturzes war!). Rechsteiner kann fliehen und kommt in die Schweiz zurück. In Zürich trifft er den Franzosen wieder, der ihm folgendes erklärt: Die Gerichtsverhandlung in Mannheim hat stattgefunden, Rechsteiner ist zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden, das Deutsche Reich kann jederzeit die Auslieferung des Verurteilten beantragen – aber: Ihm werde nichts geschehen, solange er sich den Anordnungen des Franzosen füge… Natürlich, sobald er unfolgsam sei, werde ein Brief abgehen an das Polizeipräsidium in Mannheim, seine Auslieferung werde verlangt werden… Doch liege diese Möglichkeit durchaus nicht in den Absichten des Franzosen. Im Gegenteil. Hier seien hunderttausend Franken, Rechsteiner möge sich mit dem Gelde ein Hotel kaufen – später werde man weiter sehen… Übrigens, hier seien Papiere auf den Namen Rechsteiner (der Mann dort im Bett heißt anders, er hat den Namen seiner Mutter angenommen). Rechsteiner ist zufrieden. Er kommt nach St. Gallen, arbeitet dort in einem Hotel als Chef de Réception, lernt die Gouvernante kennen, verliebt sich in sie. Die beiden beschließen, zu heiraten und sich selbständig zu machen. Ankauf des Hotels ›zum Hirschen‹ in Schwarzenstein. Fünf Jahre Glück, Rechsteiner hat das deutsche Abenteuer vergessen, da wird es ihm wieder in Erinnerung gebracht.
    Langsam beginnt im Appenzellerland die Krise der Stickerei. Plötzlich erhält Rechsteiner einen Brief aus St. Gallen mit der Unterschrift des Franzosen, er habe sich in allem und jedem nach den Vorschriften des Auskunfteibüros Joachim Krock zu richten.
    Die Vorschriften lassen nicht lange auf sich warten. Rechsteiner soll der Vermittler sein. Er soll all seine Nachbarn dahin bringen, daß sie von ihm Geld leihen – er ist beliebt in der Gegend, niemand mißtraut ihm. Es gelingt ihm, die Scheine unterzeichnen zu lassen. Die Zinsen, die jedes Jahr eingehen, führt er an das Büro in St. Gallen ab.
    Der Franzose hat eigentlich seine Methode wenig geändert. Wie er damals ein Land, das durch Krieg, Umsturz, Besetzung kopfscheu geworden war, systematisch ausgesaugt hat – so ›investiert‹ er jetzt ein gewisses Kapital – ebenfalls in einem Kanton, in dem die Arbeitslosigkeit die Köpfe verstört. Er wird zuwarten – zwei Jahre, drei Jahre. Dann das Geld einfordern und auf diese Weise billig zu Land kommen. Was er mit dem vielen Land tun wird, weiß ich nicht – und es geht mich gar nichts an.
    Ich habe den Mann, der hinter der Auskunftei Krock steht und durch sie den Rechsteiner tyrannisiert, einen Franzosen genannt. Das ist falsch. Soviel ich weiß – und mein Wissen stammt aus sicherer Quelle, ich habe einen guten Freund, der bei der Pariser Police judiciaire eine hohe Stelle bekleidet – ist der Mann genau so wenig Franzose wie die anderen großen Schwindler, die wie Maden auf Frankreichs Land schmarotzen. Aber auf dem Papier ist er Franzose – nicht wahr, Herr Gardiny?«
    Der Angriff war so unerwartet, daß alle im Zimmer zusammenzuckten. Nur der Pariser Bankier blieb regungslos sitzen. Nach einem Augenblick führte er die behandschuhte Hand zum Mund, um ein Gähnen zu verbergen.
    »Rechsteiner wird krank«, fuhr Studer fort. »Da man zu einem Kranken kein Vertrauen haben kann, wird ihm jemand ins Haus gesetzt, der ihn unausgesetzt beobachten muß… Nicht wahr, Otti?«
    »Ich bin für Sie nicht ›Otti‹, sondern Fräulein Buffatto!« erklang es gereizt von der Türe her. Lachen, bedrücktes Lachen. Studer fuhr fort:
    »Rechsteiner ist wirklich krank, er hat die Auszehrung. Nach Aussage des Doktors hat er noch drei, vier Jahre zu leben. Und um wenigstens in Ruhe sterben zu können, kommt ihm ein glänzender Gedanke. Er wird nicht mehr aufstehen – er wird behaupten, er sei gelähmt. Doktor Salvisberg, der den
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