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Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Titel: Sonne, Meer und Bea (German Edition)
Autoren: Helen Christopher
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Wenn eine Reise einen Prolog hätte, dies wäre er
Paul
    Der Wecker klingelt. Die Nacht war viel zu kurz. Maja ist bereits hellwach und schaut mich an. Soll ich wirklich aufstehen? Das Thermometer auf dem Nachttisch meint: Nein! Mein Kopf gleitet langsam unter die Bettdecke zurück.
    »Wir müssen los!«, versucht mich Maja wieder hervor zu locken. Sie hat recht, aber ich mache mir ernsthaft Sorgen, ob ich meinem Körper überhaupt die Kälte zumuten kann. Währenddessen ist Maja schon aus dem Bett gesprungen und schaut aus dem Fenster. Sie versucht in der Dunkelheit des Hinterhofes etwas zu erspähen.
    »Es liegt Schnee draußen«, merkt sie an und verschwindet im Bad, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Vollkommen auf mich selbst gestellt wage ich das Abenteuer. Die Wohnung ist kalt. Ich quäle mich in die Küche, um die Kaffeemaschine anzuschmeißen. Fasziniert schaue ich zu, wie die schwarze Brühe aus dem Filter tropft. Maja ruft aus der Dusche, ob ich auch an ihren Tee gedacht habe.
    »Habe ich!«, schwindle ich sie an, denn natürlich habe ich vergessen, wie wenig sie Kaffee mag. Dabei hatte ich mich gerade schon gemütlich an den Küchentisch gesetzt, den Kopf auf zwei übereinandergestapelte Fäuste gestützt. Ich gähne vor mich hin und beschließe, doch heißes Wasser für ihren Tee zu kochen.
    Die schwerste Aufgabe steht mir aber noch bevor: Wie bekomme ich meinen Mitbewohner Philipp wach? Gestern ist er spät mit seiner Flasche Wein in sein Zimmer getrottet und hat uns mit schwerem Kopf versprochen, morgen bereitzustehen. Als extremer Langschläfer bleibe er lieber die ganze Nacht wach und gönne sich noch das gute Tröpfchen zum Online-Spielen. Wach scheint er mir nicht zu sein. Der Computer ist zwar noch an, aber Philipp liegt voll bekleidet auf seinem Bett, den Mund halb offen. Wenigstens verliert er keine Zeit mit dem Anziehen, denke ich kurz, als ich den schlaffen Körper anstoße. Er reagiert nur mit einem abfälligen Brummen, das langsam in ein Grunzen übergeht.
    »Es gibt Kaffee!« Keine Reaktion. »Guten Morgen!« im fordernden Ton. Philipp dreht sich weg. Also doch handgreiflich werden. Ich rüttle ihn – ohne Erfolg. Erst als ich ihm zart über die Wange streichle und ihm ins Ohr ein »Aufstehen, Süßer« säusle, entspringt ihm ein Lächeln. Das Abwehrbollwerk ist durchbrochen – also weiter mit Brachialgewalt: »Aufstehen Gefreiter Wagner. Es ist halb fünf. Wenn ich Sie nicht bei drei auf den Beinen sehe ...«
    »Ist ja gut«, sagt er benommen. »Ich komme schon.« Von meinem militärischen Gebrüll angelockt, schaut Maja kurz die Tür herein: »Hast du ihn wach bekommen? Toll!«
    Das Frühstück fällt spartanisch aus. Um diese Uhrzeit kann keiner von uns besonders viel essen. Während ich und Maja das allerletzte Mal unsere Sachen checken, ist Philipp auf der Toilette verschwunden. Ich höre nur noch, wie er den Schlüssel umdreht und den Klodeckel hochklappt. Als ich das realisiere, ist alles schon zu spät. Es kehrt gespenstische Ruhe ein.
    »Er muss auf dem Klo eingeschlafen sein!« Ich schaue Maja panisch an. Sie pirscht sich an die Toilettentür heran und horcht: »Nichts zu hören.« Ich komme nach und klopfe an die Tür.
    »Philipp. Ist alles okay?« Wieder ernte ich nur Schweigen. Doch die Erlösung kommt mit dem Rauschen des Spülkastens. Da habe ich Philipp wohl alles zugetraut.
    Seit zweieinhalb Jahren wohne ich bereits mit Philipp zusammen. Wir haben uns am Anfang meines Studiums im Seminar „Soziologie des Glücks“ kennengelernt, wo wir gemeinsam in eine Referatsgruppe gesteckt worden sind. Wir sollten analysieren, weshalb in Bangladesch die glücklichsten Menschen leben. Das war lustig, besonders weil ich keine Ahnung hatte und Philipp keine Lust auf all die soziologischen Themen. Wir machten keinen Hehl aus unserer Ahnungslosigkeit, schlitterten mit nichtssagenden Thesen durch unseren Vortrag, was der Professor dennoch unheimlich spannend fand. In mir wuchs das Selbstvertrauen, dass ich doch durchs Studium kommen kann und Philipp erkannte, dass ihm Medizin mehr liegt. Er bekam die Zulassung, kurz bevor wir gemeinsam nach Schweden in Urlaub fuhren. Dort haben wir uns so gut verstanden, dass wir danach zusammengezogen sind.
    »Jetzt müssen wir aber langsam los …«, versuche ich ihn anzutreiben, aber das scheint bei Philipp keine Wirkung zu zeigen. »Eile mit Weile«, versucht er uns zu beruhigen, nimmt aber, als er den gereizten Blick Majas erspäht, doch
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