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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co.
Autoren: Friedrich Glauser
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Antwort erhielt, ein Polizist habe nicht zu raten, sondern er müsse seine Behauptungen auch beweisen können. Wie er auf den Gedanken gekommen sei, es könne ein Hundehaar sein?
    – Weil bei der Ankunft der Gesellschaft ein langhaariger Hund um die Beine der Pferde gesprungen sei, dessen Fell exakt diese Farbe gehabt habe. Ja, auch die Länge des Haares stimme…
    Studer nickte, klopfte seinem Schwiegersohn auf die Schulter und meinte: – Vielleicht werde doch noch etwas Rechtes aus ihm. Dann ging er zur Türe der Kellerkammer, riß sie auf, und der Zurückbleibende hörte Schritte, die eine Treppe hinanstiegen.
    Nach fünf Minuten etwa war der Wachtmeister zurück. Er schob vor sich her ein kleines Männchen mit einer roten Knollennase, deren Gewicht den Kopf des Mannes nach vorne zog.
    »Hocked ab«, sagte Studer und stellte einen Stuhl in die Mitte des Raumes, so zwar, daß der Sitzende den Toten nicht sehen konnte.
    Und Wachtmeister Studer von der Berner Kantonspolizei begann wieder einmal jenes Spiel, von dem er in schwachen Stunden behauptete, es verderbe den Charakter – doch war es ihm dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, daß er die Pensionierung vielleicht nur deshalb abgelehnt hatte, weil er es nicht missen konnte… Erstens gab es ihm Macht über seine Mitmenschen und zweitens kannte er dessen Regeln besser als mancher Untersuchungsrichter.
    Das Spiel begann mit den üblichen Fragen.
    »Name?« – »Küng Johannes.« – »Alter?« – »Neunundfünfzig.« – »Beruf?« – »Stallknecht.« – Also er habe die Leiche gefunden? – Ja. – Wo? – Im Garten hinterm Haus. –»Um welche Zeit?«
    Das Männlein schwieg. Es rieb mit einem schwarzen Zeigefinger an seiner dicken Nase, stellte dann diese Beschäftigung ein, um eine riesige silberne Zwiebel mit viel Mühe – der grüne Schurz war ihm dabei im Weg – aus dem Gilettäschli zu ziehen; die Uhr wurde lange angestarrt und dann mit leiser Stimme geantwortet: »Viertel vor zehni!« Hierauf verschwand die Zwiebel.
    »Sicher?« fragte Studer. »Wills Gott!« antwortete das Mannli. –Warum es dann bis Viertel ab zehn gedauert habe, bis die Wirtin benachrichtigt worden sei? – Er habe, erklärte Küng, zuerst den Pferden noch Haber geben müssen, denn die Gäste hätten doch um halb elf abfahren wollen.
    – Und da sei der Tote einfach im Gärtli liegengeblieben? — Nicken, langes, schweigsames Nicken.
    »Gut… – Und habt Ihr den Toten erkannt?«
    Wieder das schweigende Nicken, das den Wachtmeister langsam ungeduldig machte.
    »So red doch, Küng!« sagte er ärgerlich. »Wer war's?«
    »Stieger hat er geheißen. Er ist jemanden besuchen kommen. Über den Sonntag. Der Stieger hat in St. Gallen gearbeitet. – Und die andere auch. Ich glaub«, Küng kratzte an seiner Nase, »ich glaub, sie arbeiten beide auf dem gleichen Büro.«
    »Die andere?« fragte Studer. »Wie heißt sie?«
    »Loppacher! Martha Loppacher. Sie hat Ferien, Erholungsferien hat sie gemacht – weil sie krank war… Vier Wochen ist sie schon hier.«
    Schweigen. Studer hatte sein Notizbuch gezogen und schrieb die Namen ein mit seiner winzigen Schrift.
    ›Stieger‹, schrieb er, malte ein Kreuz hinter den Namen und ›Loppacher Martha‹. Dann wurde ihm plötzlich bewußt, daß alles bis jetzt wirklich nur ein Spiel gewesen war, denn was er da gefragt hatte, wußte er schon. Aber es war so viel anderes dazugekommen: Aufregung, das Schreien der Frauen, der Transport der Leiche. So fühlte der Wachtmeister das Bedürfnis, Ordnung in seine verwirrten Gedanken zu bringen.
    »Vier Wochen?« fragte er gedankenvoll. »Und was hat sie in der Zeit getrieben?«
    »Hä… Spaziergäng g'macht, g'lese… ond off de Wees g'schlofe… Ond karisiert…«
    Studer blickte zu seinem Schwiegersohn hinüber, aber dem schien nichts aufgefallen zu sein. So mußte sich denn der Wachtmeister ganz allein an der Ausdrucksweise des Küng Johannes ergötzen.
    »Karessiert?« wiederholte er. »Wie meinet Ihr das?«
    »Eh de Narre g'macht mit de Mannsbilder.«
    »Mit wem? Mit allen? Oder nur mit einem?«
    »B'sonders mit's Grofe-n-Ernst. Isch gar en suubere Feger, de Grofe-n-Ernst…«
    – Wie heiße der Mann? Graf Ernst? Und was treibe er? – Er sei Velohändler… – Was sei er? Velohändler? – Ja, Velohändler. – Und habe der Graf Ernst etwa einen Hund? –»Seb glob i!« – Was für einen Hund? – Die Herren hätten ihn sicher gesehen. Bei der Ankunft sei er um die Beine der Rosse
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