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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co.
Autoren: Friedrich Glauser
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Schlafzimmer, sondern öffnete eine Tür rechts von diesem. Und der Raum dahinter sah wesentlich anders aus.
    Eine Werkstatt, sehr sauber. Unter einem Fenster ein Tisch mit Schraubstöcken. Neben dem Fenster waren Lederstreifen an die Holzwand genagelt, in denen die Werkzeuge steckten: englische Schlüssel, Schraubenzieher, Feilen… Velorahmen, umwickelt mit braunem Packpapier, hingen von der Decke, und eine kleine Feldschmiede stand in einem Winkel. Graf scharrte die Asche von den Kohlen, trat den Blasbalg; er warf Holzkohlen auf die geringe Glut, ging ein Pfännlein mit Wasser am Brunnen füllen und stellte es aufs Feuer. Wieder trat er den Blasbalg, und als das Wasser zu summen begann, holte er einen Sack Kaffee aus einem weißgehobelten Wandschrank.
    Dann lag ein Tischtuch auf dem unteren Ende des Werkzeugtisches, und darauf standen drei Tassen, eine Kaffeekanne, Brot, Butter, Honig.
    Ernst Graf hatte ein sauberes Hemd angezogen.
    Eines war klar: die beiden, der Velohändler und das Bürofräulein, waren ineinander verliebt.
    Um dies festzustellen, brauchte es nicht viel Beobachtungsgabe. Die Blicke, der Ton der Worte, das›Du‹, das sich nicht unterdrücken ließ, sondern immer wieder durchbrach… Studer schmunzelte, und zugleich war es ihm ein wenig eng um die Brust… Denn er hatte, der Himmel mochte wissen warum, zu dem ›suubere Feger‹ eine ehrliche Zuneigung gefaßt. War die Liebe, die der Mann den Tieren entgegenbrachte, an dieser Zuneigung schuld, oder seine rauhbauzige und zugleich doch freundlich-kameradschaftliche Art? Der Wachtmeister schüttelte unmerklich den Kopf, während er sachte über das Fell des Hundes ›Bäärli‹ fuhr und nachher die Haare betrachtete, die in seiner Hand zurückgeblieben waren. Kein Zweifel – das Haar, das an dem Mordinstrument geklebt hatte, stammte von diesem Hund. Armer Hund! Sein Meister würde diesen Abend wohl im Gefängnis zu Trogen schlafen. Laßt nur erst den Verhörrichter und den Chef der Kantonspolizei kommen! Die Herren würden ohne weiteres den Mann beschuldigen…
    Velohändler – – – und die Mordwaffe war eine Radspeiche, vorn spitz zugefeilt. Zweitens: Das Hundehaar – – – und drittens: Die Herren brauchten sich nur ein wenig den Dorfklatsch anzuhören, dann hatten sie ihr Motiv, den Beweggrund zur Tat fein säuberlich auf der flachen Hand.
    … Eifersucht!
    Und Studer fühlte, daß er machtlos war – hier, in diesem fremden Kanton.
    Angenommen, er versuchte, den Verhörrichter von der Unschuld des Ernst Graf zu überzeugen. Was würde die Folge sein? Er glaubte, schon jetzt das Lachen zu hören, das die Herren schütteln würde. Was! Ein einfacher Fahnder, ein fremder Schroter – noch dazu aus dem Bärnbiet – wollte klüger sein als ein studierter Herr? Hahahaha… Er solle heimfahren, würde es heißen, und sich nicht in Angelegenheiten mischen, die ihn nichts angingen! – Denn wer wußte im Kanton Appenzell A.-Rh., daß Wachtmeister Studer früher wohlbestallter Kommissär an der Stadtpolizei in Bern gewesen war? Daß er bei Groß in Graz, bei Reiß in Lausanne und bei Locard in Lyon gearbeitet hatte? Daß man gewöhnlich ihn an die Polizeikongresse delegierte?…
    All das nützte hier nichts. Es handelte sich darum, den Fall anders anzupacken. Erstens: man mußte sich im Hintergrund halten. Zweitens: es war notwendig, alle Mitspieler kennenzulernen, sich einzuschleichen, nach und nach, in ihr Vertrauen, mit ihnen zu leben, eine Zeitlang, um dann die kleinen Beobachtungen, die alltäglichen, zusammenzusetzen, wie man ein Steinbett legt als Fundament einer Straße. Stein an Stein, geduldig… Endlich ist der Weg fertig und er führt zum Schuldigen…
    Das alles aber würde Zeit kosten, viel Zeit!
    Mira! dachte Studer. Er hatte eine Woche Ferien genommen, um seine Tochter zu verheiraten, und war gewillt, diese Woche auszunutzen. Die Luft hier war gesund – gesünder sicherlich als in der Thunstraße zu Bern, wo der Wachtmeister in einer Dreizimmerwohnung hauste. Fragte sich nur, ob er allein in Schwarzenstein bleiben oder seine Frau und das junge Ehepaar auch gleich hier behalten sollte… Nein, dachte er, die Familie war einem doch nur im Weg. Aber den Albert brauchte er! Es würde Tränen geben, Frauen waren in solchen Dingen unvernünftig und unbelehrbar. Aber Studer hatte in den fünfundzwanzig Jahren seiner Ehe gelernt, wie man seinen Willen auch gegen Tränen und Klagen durchsetzen kann. Man rundet den Rücken, zieht den
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