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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co.
Autoren: Friedrich Glauser
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Kopf zwischen die Schultern und vergräbt die Hände tief in die Taschen der Hose oder des Kittels. Und wartet, bis der Regen aufhört…
    Nein, den Albert wollte er hier behalten. Studer spürte es in allen Gliedern – es war ein Gefühl wie vor einem Gewitter, wenn die Luft schwül ist und noch ganz wenig Wolken über dem Horizonte sichtbar sind – er spürte es: der Mord an diesem Jean Stieger war nur ein Anfang… Doch wozu sich über die Zukunft den Kopf zerbrechen!…
    – Ob er wisse, fragte der Wachtmeister den Graf, daß als Mordwaffe die spitz zugefeilte Speiche eines Velorades benützt worden sei?
    Der andere nickte. Er sei ja bei der Entdeckung der Leiche dabeigewesen. – So? – »Wills Gott! Sicher, sicher!« –
    Wo er denn gestanden sei? – Oh, ganz im Hintergrund, denn er habe nicht gewollt, daß die Wirtin ihn sehe. – Die Wirtin? – Ja, das Rechsteiner Anni. Es werde böse, wenn er sich in der Umgebung der Wirtschaft zeige… – Warum? – Eh, die beiden, Mann und Frau, behaupteten immer, daß er mit seinem alten Eisen und mit seiner Unordnung die Gäste vertreibe. – Und sei das wahr? – Nein, nein. Ganz im Gegenteil. Die Kurgäste kämen gern zu ihm in die Werkstatt plaudern…
    »Warum haben Sie dem Verstorbenen alle zwei Tage Briefe geschrieben, Fräulein Loppacher?« fragte Studer plötzlich. Er sah dabei den Velohändler an und nicht die Martha. Graf verzog das Gesicht, als ob er Zahnweh habe, er öffnete den Mund und schien etwas fragen zu wollen. Seine Fäuste lagen geballt auf der Tischplatte, reglos, aber seine Unterarme durchlief ein leises Zittern. »Jeden zweiten Tag?« flötete Fräulein Loppacher. »Sie übertreiben, Herr Studer! Gewiß, ich hab ihm öfters geschrieben, aber meist nur geschäftliche Dinge, wir arbeiten auf dem gleichen Büro und da Herr Stieger während meiner Abwesenheit einen Teil meiner Arbeit übernommen hatte, so mußte ich ihm Auskunft geben über manches… über manches…«, wiederholte sie und trommelte mit ihren bemalten Nägeln auf dem Tisch.
    »Das Büro«, fragte Studer, »ist doch in St. Gallen? Ja? Und womit beschäftigt es sich?«
    »Es ist«, die Antwort kam stockend, »es ist ein juristisches Büro… Beratung in geschäftlichen Angelegenheiten, in schwierigen, zivilrechtlichen Fällen – Abfassung von Testamenten und Schenkungsurkunden. Daneben haben wir es auch unternommen, in besonders verwickelten Fällen Nachforschungen anzustellen, Verschollene wieder aufzufinden. Schließlich ist noch eine Abteilung angegliedert, die sich mit Auskünften befaßt…«
    »Auskünften?«
    »Ja. Eine Art Privatdetektivbüro, verstehen Sie?«
    »Und wer ist der Inhaber dieses Büros?«
    »Joachim Krock. Aber Herr Stieger war daran beteiligt. Er hatte Geld im Geschäft und war darum Leiter des Detektivbüros. Wir zwei haben dort zusammen gearbeitet.«
    »Und waren verlobt?«
    »Aber nein! Was denken Sie! Niemals!«
    Der Velohändler seufzte tief und erlöst. Es klang, als ob der Blasbalg der Feldschmiede sich leere.
    »Und gestern hat Ihnen Herr Stieger einen geschäftlichen Besuch gemacht?«
    »J…a. Jawohl!« Ganz ehrlich klang die Antwort nicht, aber man mußte sich vorläufig mit ihr begnügen. Denn gleich danach kam eine Frage: »Woher wußten Sie, Herr Studer, daß ich so eifrig mit Herrn Stieger korrespondierte?«
    »Weil ich Ihre Briefe bei ihm gefunden habe.«
    »Meine Briefe? Das ist nicht möglich. Die liegen sicher in St. Gallen.«
    »Und das hier?« fragte Studer, zog das Paket Umschläge aus der Busentasche und zeigte sie dem Fräulein.
    Eigentlich, dachte der Wachtmeister bei sich, sollte es den Frauen polizeilich verboten werden, sich anzumalen und zu pudern. Unter der Schicht, die ihre Wangen bedeckt, können sie leicht, nur allzu leicht, ein Erröten sowohl als auch ein Erblassen verbergen. Wirklich, es war nicht festzustellen, welchen Eindruck die Briefe auf das Fräulein machten, denn zu allem senkte sie noch halb die Oberlider und den Rest der Augen verdeckten die Wimpern, die lang waren und natürlich geschwärzt…
    »Darf ich sehen?« fragte Fräulein Loppacher. Und streckte die Hand aus… Die Hand zitterte kaum merklich.
    »Es tut mir leid«, sagte Studer. »Aber ich muß die Briefe der Untersuchungsbehörde übergeben… He!« rief er plötzlich, aber es war schon zu spät. Der Velohändler hatte des Wachtmeisters Hand am Gelenk gepackt, eine kurze Drehung, dann hielt der das Päckli triumphierend in der Linken und reichte es
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