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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete
Autoren: Roland Spranger
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seine Bereitschaft,
selbst in den Tod zu gehen.«   
    Maik
nickte.
    »Gegen
mich hast du Civilization aber mit den Ägyptern
gespielt.«
    »Damit
es schneller geht.«
    »Du
hast meine ersten Siedlungen mit einem einzigen Streitwagen
plattgemacht, weil die Ägypter auffrisierte Streitwagen mit
einer fiesen Spezialfähigkeit hatten.«
    »Das
mit der Spezialfähigkeit hätte ich dir fairerweise sagen
sollen. Allerdings stationiert man auch immer einen Krieger zum
Schutz der Städte, da hast du gepennt.«
    »Ich
muss jetzt gehen. Die Rammstein-Platte verschicken.«
    Maik
stand auf. Mitten in den Brennnesseln drehte er sich noch mal um. Er
lächelte und hob die Hand zum Gruß. Der Regen war
unnachgiebig. Maiks Kleidung klebte an der Haut und ließ ihn
noch dünner aussehen. Er sah vollkommen lächerlich aus.
Daniel musste laut lachen. Maik schien sich darüber zu freuen.
Er winkte stärker.

    ***

    Das
Wartezimmer war absichtsvoll hell. Man merkte dem Raum an, dass er
gestaltet worden war. In jeder Ecke eine Grünpflanze. Die
Korbsessel sahen nach Urlaub aus. Nach einem Strandcafé an der
Adria. Caipirinha mit Schirmchen und Strohhalmen aus der
Pop-Fraktion. Die Optik stimmte, aber wirklich bequem waren die
Sessel nicht. Das Korbgeflecht der Lehne drückte in den Rücken.
Vielleicht Absicht, weil Doktor Hamann unbequemes Sitzen im
Wartezimmer als Teil der Psychotherapie interpretierte? Wie bei jedem
seiner Besuche sah sich Daniel die beiden Bilder an der
gegenüberliegenden Wand an. Der große Kunstdruck eines
sehr bunten Marc-Chagall-Gemäldes. Und das kleine
Schwarz-Weiß-Foto eines Mannes, der sich auf einer Promenade in
Brooklyn sonnt. Den Kopf im Nacken. Entspannt. Im Hintergrund die
Skyline von Manhattan. Daniel stellte sich dicht vor das Foto. Ein
altes Foto aus den Fünfzigern. Jedenfalls bevor das World Trade
Center gebaut worden war. Und lange bevor die beiden Türme in
sich zusammensackten. Die Größe der Bilder stand in einem
auffälligen Missverhältnis. Vielleicht war der Chagall für
die Manischen und das New-York-Foto für die Depressiven gedacht.
Oder umgekehrt.
    Die
Tür öffnete sich und Doktor Hamann verabschiedete sich von
einem zierlichen blonden Teenager. Magersüchtig, dachte Daniel.
Die Blonde ging mit gesenktem Blick an Daniel vorbei. Doktor Hamann
sah dem Mädchen nach. Sie drehte sich an der Ausgangstür
noch einmal um und winkte kurz. Verlegen. Hamann lächelte
zurück. Nachdem das Mädchen die Tür geschlossen hatte,
ließ er das Lächeln zu Daniel weitergleiten.
Professionelle Freundlichkeit, die Psychotherapeuten während
ihrer Ausbildung erlernen. Wahrscheinlich gab es spezielle
Lächel-Seminare. Für Daniel war das in Ordnung. Er
arbeitete gern mit Profis zusammen.
    »Guten
Tag, Herr Schramm«, sagte Hamann. Seine Freundlichkeit und
seine ausgestreckte Hand kamen Daniel weit entgegen. Die Hand zu
schütteln war ganz einfach, nur mit der Freundlichkeit konnte
Daniel nicht mithalten. Wahrscheinlich schafften das die wenigsten
Patienten.
    Doktor
Hamann führte Daniel durch sein Arbeitszimmer. Parkettboden. Ein
seltsam altmodischer Schreibtisch. Davor ein Gummibaum. Riesig. So
groß, als müsste sich gelegentlich jemand dahinter in
Deckung bringen. Nach dem Durchgangszimmer kam der Gesprächsbereich.
Ein Wintergarten, in dem zwei eher schlichte Holzstühle mit
einer gepolsterten Ledersitzfläche standen. Dazwischen ein
strenger, kleiner, quadratischer Tisch mit Glasplatte. Die Stühle
waren umgeben von einer Dschungellandschaft. Palmen. Benjamine.
Gummibäume. Die Sonnenblumen fand Daniel übertrieben.
    »Bitte
nehmen Sie Platz!«
    Daniel
machte es sich bequem. Er hatte in den vergangenen Monaten einmal
wöchentlich Gelegenheit gehabt, herauszufinden, wie man am
besten auf Doktor Hamanns Stühlen saß – und die
Anspannung loswurde. Die plötzlichen, heftigen Schweißausbrüche.
Das Herzrasen. Die Übelkeit. Die ganze Alarmstimmung, die
Daniels Körper in geschlossenen Räumen durchschüttelte.
    »Wollen
Sie was trinken?«, fragte Hamann. »Tee wäre gerade
fertig. Bayram-Tee, das ist Apfel, Dattel und Feige.«
    »Nein
danke. Ich habe wie immer mein Getränk selbst dabei. Da ist
Magnesium drin.«
    Doktor
Hamann setzte sich.
    Daniel
kramte eine Plastik-Wasserflasche aus dem Rucksack, öffnete sie
und nahm einen kräftigen Schluck. Während er trank, sah er
in den Garten hinaus. Tadelloser Golfrasen. Dazwischen Büsche
und Obstbäume. Überall Blüten. Er hatte den Garten
schon im Sommer
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