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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille
Autoren: P Bordage
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Zwischen den hängenden Teppichen hielten sich ein Mann und eine Frau auf. Sie versuchten, ihre Körper in leichte Stoffe zu
hüllen. Der Mann schien die Stadt gut zu kennen, denn er redete, als hätte er lange hier gelebt. Von Zeit zu Zeit unterbrachen sie ihre Anproben und küssten sich. Ich fand die Frau sehr schön. Sie stellte dem Mann eine Menge Fragen, so wie diese: »Und du hast hier ganz allein, ohne deine Familie gelebt?«
    Dann erzählte er ihr von seiner Kindheit. Ich entnahm seinen Worten, dass er Oranger sein muss wie ich. Aber aus einer anderen Provinz stammt, vielleicht aus Vieulinn. Die beiden schienen sich sehr zu lieben. Ich habe vermutet, dass sie etwas oder jemanden suchten und nicht wussten, wohin sie gehen sollten. Dann habe ich mich gefragt, was ich tun sollte. Denn sie sahen überhaupt nicht wie Diebe aus, obwohl sie sich heimlich in den Lagerraum geschlichen hatten. Also habe ich gezögert. Dann bin ich auf sie zugegangen, doch ich hatte keine Zeit irgendetwas zu sagen. Sie saßen auf einer Kiste mit Stoffen und hielten sich bei den Händen, und plötzlich waren sie verschwunden, so als hätten sie nie existiert, wie Rauch sich in Luft auflöst. Zuerst habe ich gedacht, dass ich geträumt habe. Aber als ich zu Hause alles erzählt habe, hat Papa sofort nachgeschaut, ob ihm Lager etwas fehlt, und festgestellt, dass zwei Ballen Stoff gestohlen wurden. Da hat er mir befohlen, Ihnen alles zu erzählen. Außerdem wollte er, dass man mich der mentalen Inquisition unterzieht, weil er glaubte, ich hätte den Stoff gestohlen und diese Geschichte nur erfunden.
     
    Vierte Zeugenaussage
     
    Spek Jennequin, aus der Stadt Noulonde, vom Planeten Nouhenneland. Alter: 60 Standardjahre. Junggeselle. Beruf: Forschungsreisender. Autorvieler Bücherfilme, Videoholos und codierter Reportagen über Eingeborene, die in den Tropenwäldern Nouhennelands leben, und über den Panthard, das äußerst scheue Wappentier des Ordens der Absolution.
    Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich strikt gegen die mentale Inquisition bin und mich ihr gezwungenermaßen unterziehe. 2

     
    Seit einer Woche folgte ich bereits den Spuren eines großen Panthards, eines Riesen, den Abdrücken seiner Pranken nach zu urteilen. Entgegen den Gepflogenheiten war ich allein auf dem Fluss Tams in den Dschungel der großen südlichen Hemisphäre vorgedrungen und das mit Hilfe meines kleinen Forschungsboots, das sich nach Belieben in ein hermetisch verschlossenes Zelt oder ein Tauchgerät umwandeln lässt.
    Als ich eines Abends mein Biwak herrichtete, sah ich durch das blaue Ufergestrüpp des Tams’ zwei große grüne Augen leuchten, die Augen des Panthards! Naiverweise hatte ich geglaubt, ihm zu folgen, dabei war er es, der mich verfolgte. Mit Pistole und Kamera bewaffnet schlich ich so leise wie möglich zu dem Dickicht in der Hoffnung, ihn wenigstens bei der Flucht filmen zu können, sollte er mich nicht angreifen. Aber er war bereits geflohen. Da vergaß ich jede Vorsicht, verließ mein sicheres Camp und folgte seinen Spuren. In meinem Eifer merkte ich nicht, dass ich bei der Verfolgung das verbotene Terrain des Schoklett-Stamms betreten hatte. Es handelt sich dabei um eines der primitivsten Völker des Universums, die bisher noch kaum erforscht sind. Nach ein paar hundert Metern fand ich mich auch schon von einer Horde dieser wilden Krieger umringt. Sie sind klein, nackt und haarlos. Ihre Haut hat einen braunroten Ton. Daher stammt auch ihr Name. Schoklett bedeutet Schokolade in der alten Terra-Mater-Sprache.
    Doch ich konnte mich weder verbal äußern noch mich meiner Waffe bedienen, denn ich wurde von einem mit einem Anästethikum getränkten Pfeil in den Oberschenkel getroffen und verlor sofort das Bewusstsein.
    Als ich es wiedererlangte, hatte man mich an den Händen am mittleren Pfahl eines großen, seltsam konstruierten Gebäudes aufgehängt, das entstanden war, indem die Eingeborenen das Astwerk der riesigen Urwaldbäume miteinander verflochten hatten.
    Die Schoklett – Frauen, Männer und Kinder – starrten mich unter allgemeinem Gelächter an. Sie hatten ihre Körper feierlich bemalt, mit roten und schwarzen Streifen, die das Fell des Panthards versinnbildlichen. Ihre kahlen Schädel hatten sie mit den gelben Blättern des Valef-Baums geschmückt. Zuerst glaubte ich, dieses Fest gelte mir, dass sie meine Gefangennahme feierten und sich für das schreckliche, mir zugedachte Schicksal in Stimmung brachten. Ich kannte ihre
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