Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition)
Autoren: Jack Kerley
Vom Netzwerk:
nicht abschütteln konnte, war für ihn der pure Horror. Er hat seiner Wut freien Lauf gelassen und seine Peiniger getötet, Carson. Bedauerlicherweise war das Ausleben seines Rachedurstes frei von Symbolik, und so konnten ihn die Morde nicht befreien.«
    »Hat er dir deshalb im Institut die Ohren vollgeheult?«
    »Zu meinem Leidwesen musste ich Bobby Lees schlimmste Ängste bestätigen: dass seine Rache nicht die Macht hatte, seine Vergangenheit auszumerzen, dass er niemals frei sein würde.«
    Ich trat vor Jeremys Bücherregal. Da standen Jungs Der Mensch und seine Symbole und Wirklichkeit der Seele, Joseph Campbells Die Kraft der Mythen, Der Heros in tausend Gestalten und Die Mitte ist überall, ein Dutzend anderer Bücher zu diesem Thema sowie Der goldene Zweig von Frazer.
    Langsam fuhr ich mit dem Finger über die Buchrücken und drehte mich schließlich zu meinem Bruder um.
    »Was ist für dich dabei rausgesprungen, Jeremy?«
    »Keine Ahnung, worauf du hinauswillst, Carson«, flötete er beinahe höhnisch und voller Stolz auf das, was immer er getan hatte.
    »Was hast du bekommen für deine Einschätzung, ob die Morde den Kriterien Gefahr, Vernichtung und Bloßstellung genügen? Du hast behauptet, Taitherings Reise mangelte es an einem signifikanten Element, nämlich der Bestätigung durch eine höhere Instanz. Jemand musste die Zeichen analysieren und gutheißen. Du warst Jessie Stones höhere Instanz, richtig? Du, der endlos über Zauber und Symbole quatschen kann und der für seine Genialität von Bobby Lee Crayline zutiefst verehrt wurde.«
    Mein Bruder schnippte einen Fussel von seiner Manschette. »Ich habe nichts Falsches getan, Carson. Ich habe lediglich harmlose Morgenspaziergänge unternommen.«
    »Harmlos? Du warst der Tatinspektor«, sagte ich und verwendete Judd Caudills scharfsinnige Bezeichnung. »Hast du das Blutbad begutachtet und abgesegnet, Jeremy? Und deine Billigung hast du auf der Geocaching-Website veröffentlicht, oder? Und diese visuelle Anspielung auf den Hodenschutz geht auch auf dein Konto.«
    Seine Augen funkelten. »Ich musste nur zwei Minuten lang auf der Tastatur rumspielen, bis die Idee Gestalt annahm. Hat sie dir gefallen?«
    »Was hast du Crayline angeboten, damit er Stone bei seinem Unterfangen unterstützt? Dass ihm ein Teil seiner Vergehen erlassen wird, wenn er als Mentor fungiert?«
    »Bobby Lee hat Stone geholfen, weil er sich diesem Krieger, den er als Waffenbruder betrachtete, verbunden fühlte. Falls Bobby Lee davon profitiert hat, dann nicht so sehr, dass ihm Erlösung zuteilwurde.«
    »Du hast doch behauptet, seit dem Institut nicht mehr mit Bobby Lee gesprochen zu haben. Dein Aufenthalt dort liegt Jahre zurück.«
    »Gesprochen haben wir uns tatsächlich nicht. Ich habe nicht gelogen, Carson. Heutzutage kann man auch auf anderem Wege kommunizieren. Im Web existieren ziemlich verschwiegene Räume, alternative Begegnungsstätten. Bobby Lee hat mich über einen Freund in Kenntnis gesetzt, der mit der Vergangenheit abschließen wollte. Er brauchte einen Schamanen, der in den Eingeweiden liest.«

Kapitel 53
    Ein Blick auf meine Uhr führte dazu, dass sich mir der Magen zusammenschnürte. Es wurde Zeit, die wirklich wichtigen Fragen zu stellen.
    Ich stellte mich dicht vor Jeremy hin und steckte die Hände in die Hosentaschen.
    »Stone hat Cherry, Jeremy«, sagte ich. »Er muss sie töten.«
    Er grinste. »Dann wird es hier in Zukunft ziemlich still sein.«
    Ohne zu überlegen, verpasste ich ihm einen Schlag zwischen die Augen. Sein Kopf fiel nach hinten, und er knallte gegen die Wand. Als mein Bruder wieder klar sehen konnte, musterte er mich neugierig.
    »Oje!«, spottete er und massierte seine Stirn. »Jetzt hast du also doch von der Torte genascht, Carson. War sie lecker?«
    »Wo ist Stone?«
    »Was weiß ich?«
    »Ich frage dich noch mal: Wo ist …«
    »Du kapierst es nicht, Carson. Ich wusste nicht, mit wem Bobby sich zusammengetan hat. Die Koordinaten unterschiedlicher, ähm, Ereignisse tauchten auf meinem Monitor auf. Verfügte der Vorfall über das richtige Maß an Poesie, signalisierte ich meine Zustimmung. Ich weiß nur, dass die Opfer Leute waren, die Kinder gequält haben und nun bekamen, was sie verdienten.«
    »Beale hat keine Kinder gequält. Cherry auch nicht. Sie fungieren nur als Platzhalter für ihre verstorbenen Verwandten.«
    Mein Bruder spielte das Unschuldslämmchen. »Du kannst doch nicht erwarten, dass ich so etwas vorhersehe.«
    Am liebsten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher