Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Harod bekam immer, wofür er bezahlt hatte. Er sah zum vorderen Waschraum. Der war frei. Die meisten des runden Dutzend Passagiere der ersten Klasse dösten bereits oder lasen.
    Harod winkte der hochnäsigen blonden Stewardeß. »O Miß?« rief er.
    Als sie näher kam, konnte er jede Einzelheit ihres getönten Haars, dick aufgetragenen Make-ups und verschmierten Mascaras sehen.
    »Ja, Sir?« Das Mißfallen in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    Harod sah sie noch ein paar Sekunden an. »Nichts«, sagte er schließlich. »Nichts.«
    Harod traf in den frühen Morgenstunden des Mittwoch auf dem LAX ein, brauchte aber noch einmal drei Tage, bis er sein Haus wieder betrat.
    Er wurde plötzlich argwöhnisch, mietete ein Auto und fuhr nach Laguna Beach, wo Teri Eastern eines ihrer heimlichen Strandhäuser hatte. Dort hatte er sich ein paarmal die Zeit mit ihr vertrieben, wenn sie gerade zwischen zwei festen Liebhabern war. Harod wußte, Teri hielt sich gerade in Italien auf und drehte einen feministisch angehauchten Spaghetti-Western, aber der Schlüssel war wie gewohnt im Rhododendrontopf vergraben. Das Haus mußte gelüftet werden und war im Nairobi- Stil eingerichtet, aber im Kühlschrank stand importiertes Bier, und das Wasserbett war mit frischen Laken bezogen. Harod schlief fast den ganzen Mittwoch über, sah sich abends Teris alte Filme auf Video an und fuhr gegen Mitternacht an der Küste hinauf, chinesisch essen. Am Donnerstag setzte er sich eine dunkle Brille und einen übergroßen Panamahut auf, der einem von Teris Freunden gehörte, und fuhr in die Stadt, um nach seinem Haus zu sehen. Es schien alles in Ordnung zu sein, aber er kehrte in der Nacht trotzdem wieder nach Laguna zurück.
    In der Zeitung vom Donnerstag stand eine kurze Meldung, wonach der Milliardär C. Arnold Barent in seinem Haus in Palm Springs einem Herzanfall erlegen war. Sein Leichnam war eingeäschert worden, der europäische Zweig der Familie Barent hatte einen kurzen Gedenkgottesdienst arrangiert. Vier lebende amerikanische Präsidenten hatten ihre Beileidsbekundungen geschickt, und der Artikel zählte sämtliche menschenfreundlichen Unternehmungen Barents auf und spekulierte über die Zukunft seines Firmenimperiums.
    Harod schüttelte den Kopf. Kein Wort von der Jacht, der Insel, Joseph Kepler oder dem Reverend Jimmy Wayne Sutter. Harod zweifelte nicht daran, daß deren Nachrufe in den kommenden Tagen wie Frühlingsblumen emporschießen würden. Jemand sorgte dafür, daß nichts an die Öffentlichkeit kam. Peinlich berührte Politiker? Die langjährigen Marionetten des Trios? Eine europäische Version des Island Club? Harod wollte es eigentlich gar nicht wissen, solange er nie wieder etwas damit zu tun bekam.
    Am Freitag beobachtete er sein Haus, so gut er konnte, ohne die Polizei von Beverly Hills auf sich aufmerksam zu machen. Es sah gut aus. Es machte einen guten Eindruck. Zum erstenmal seit vielen Jahren hatte Tony Harod den Eindruck, daß er sich bewegen konnte, ohne eine Tonne Scheiße auf sich herabzubeschwören, wenn er einen falschen Schritt machte.
    Am Samstag morgen fuhr er früh, vor zehn, direkt zum Haus, salutierte seinem Satyr, gab dem spanischen Zimmermädchen einen Kuß und sagte der Köchin, daß sie frei nehmen konnte, wenn sie ihm einen Brunch zubereitet hatte. Harod rief den Chef des Studios zu Hause an, danach Schu Williams und ließ sich erzählen, was mit The White Slaver los war - der Film befand sich in der Endfassung des Schnitts, etwa zwölf Minuten, die das Testpublikum gelangweilt hatten, wurden herausgenommen -, rief sieben oder acht andere wichtige Kontakte an und ließ sie wissen, daß er wieder in der Stadt war und arbeitete, und schließlich bekam er einen Anruf von seinem Anwalt, Tom McGuire. Harod bestätigte, daß er definitiv Willis altes Haus übernehmen und das Wachpersonal behalten würde. Ob Tom eine gute Sekretärin kannte? McGuire konnte nicht glauben, daß Harod Maria Chen tatsächlich nach all den Jahren gefeuert hatte. »Sogar kluge Mädchen werden zu abhängig, wenn man sie lange genug um sich herum hat«, sagte Harod. »Ich mußte sie gehen lassen, bevor sie anfing, meine Socken zu stopfen und ihr Monogramm in meine Unterhosen zu sticken.«
    »Wohin ist sie gegangen?« fragte McGuire. »Zurück nach Hongkong?«
    »Woher soll ich das wissen und was geht es mich an?« schnappte Harod. »Lassen Sie mich wissen, wenn Sie von einer hören, die gut stenografieren kann und was im Kopf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher