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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen
Autoren: Dan Simmons
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schlief wieder ein.
    Jackson schob ihr eine zusammengerollte Decke unter den Kopf und deckte sie mit einer anderen zu. Dann sprang er hinunter, schlug die Tür zu und setzte sich auf den Fahrersitz. Der Motor sprang, ohne zu zögern, an. »Wenn es euch Touristen nichts ausmacht«, sagte er. »Ich muß uns hier wegbringen, bevor die Bullen oder Feuerwehrleute diese Gasse finden.«
    Nach drei Blocks hatten sie den schlimmsten Verkehr hinter sich gelassen, obwohl immer noch Autos und Notarztwagen in die Gegenrichtung auf die Rauchwolke zu fuhren.
    Jackson kam zum Highway 52 und fuhr Richtung Nordwesten, an dem Park über den Marineanlagen und dann am Motelgelände vorbei. An der Dorchester Road kürzte er zur Interstate 26 ab und fuhr Richtung Flughafen zur Stadt hinaus.
    Natalie stellte fest, daß sie die Augen nicht zumachen konnte, ohne Dinge zu sehen, die sie nicht sehen wollte, und zu spüren, wie ein Schrei in ihr nach außen dringen wollte. »Wie geht es Saul?« fragte sie mit zitternder Stimme.
    Jackson antwortete, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. »Der Mann ist toll. Er ist gerade lange genug aufgewacht, mir zu sagen, was Sie vorhaben.«
    Natalie wechselte das Thema. »Wie geht es Marvin?«
    »Er atmet«, antwortete Jackson. »Den Rest werden wir später sehen.«
    »Catfish ist tot«, sagte sie mit nicht ganz beherrschter Stimme.
    »Ja«, sagte Jackson. »Hören Sie, Babe, laut Karte muß ein paar Meilen hinter Ladson eine Raststätte sein. Dort werde ich Ihre Verletzungen reinigen, Verbände auf die beiden Stichwunden machen und Salbe auf die Verbrennungen und Schnittwunden auftragen. Und dann gebe ich Ihnen einen Schuß, damit Sie schlafen.«
    Natalie nickte und dachte gerade noch daran zu sagen: »Okay.«
    »Wissen Sie, daß Sie einen großen Bluterguß auf der Stirn und keine Augenbrauen mehr haben, Nat?« Er sah sie im Rückspiegel an.
    Natalie schüttelte den Kopf.
    »Möchten Sie mir sagen, was dort passiert ist?« fragte Jackson sanft.
    »Nein!« Natalie fing lautlos an zu schluchzen. Es tat sehr gut.
    »Okay, Babe«, sagte er und pfiff das Bruchstück einer Melodie. Er verstummte und sagte: »Scheiße, ich will nur raus aus dieser Käsegesichterstadt und zurück nach Philly, und es wird wie Napoleons verdammter Rückzug aus dem verdammten Moskau. Nun, wenn sich jemand zwischen hier und der israelischen Botschaft mit uns anlegt, wird es ihm leid tun.« Er hob den Revolver mit dem Perlmuttgriff und verstaute ihn hastig wieder unter dem Sitz.
    »Woher haben Sie den?« fragte Natalie und wischte sich die Tränen ab.
    »Von Daryl gekauft«, sagte Jackson. »Sie sind nicht die einzige, die bereit ist, die Revolution zu finanzieren, Nat.«
    Natalie machte die Augen zu. Die Bilder waren immer noch da, aber der Drang zu schreien war nicht mehr so stark. Sie überlegte sich, daß Saul Laski - zumindest eine Zeitlang - nicht der einzige sein würde, der das Recht auf seine eigenen Träume aufgegeben hatte.
    »Ich habe ein Schild gesehen«, sagte Jacksons tiefe, beruhigende Stimme. »Die Raststätte ist nicht mehr weit.«

77. Kapitel
     
    Beverly Hills: Samstag, 21. Juni 1981
     
    Tony Harod beglückwünschte sich, daß er zu den Überlebenden gehörte.
    Nachdem ihn das schwarze Flittchen auf der Insel angegriffen hatte, ohne daß er es provoziert hätte, war Harod der Meinung gewesen, daß ihn sein Glück möglicherweise verlassen hatte. Er brauchte eine halbe Stunde, bis er sich befreit hatte, und den Rest der Nacht verbrachte er damit, verschiedenen Gruppen von Wachpersonal aus dem Weg zu gehen, die die Neigung verspürten, auf den ersten Blick zu schießen. Harod hatte sich in der Meinung zur Startbahn durchgeschlagen, er könnte vielleicht durch einen Bluff mit Willis oder Barents Privatmaschinen von der Insel entkommen, aber nach einem Blick auf den Großbrand hatte er sich wieder in den Dschungel geschlagen.
    Harod verbrachte mehrere Stunden damit, sich unter dem Bett in einem der Bungalows des Sommerlagers in der Nähe des Amphitheaters zu verstecken. Einmal brach tatsächlich eine Bande betrunkener Wachen ein, die Küche und Zimmer nach Alkohol und Wertsachen durchsuchten und blieben, um im Wohnzimmer drei Runden Poker zu spielen, bevor sie wieder hinaustorkelten und sich zu ihrer Staffel gesellten. Aus ihrem aufgeregten Gespräch erfuhr Harod, daß Barent an Bord der Antoinette gewesen war, als die Jacht zerstört wurde.
    Es wurde schon grau im Osten, als Harod aus seinem Versteck kroch und
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