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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
Autoren: Petros Markaris
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an und finde Sissis mit seinem Freund auf der Veranda vor.
      »Darf ich dir Thodoris vorstellen?« sagt er.
      Ein ungleicheres Paar kann ich mir kaum vorstellen. Sissis ist groß und knochig, hat ein runzeliges Gesicht, und die Hälfte seiner Zähne fehlt. Ich weiß nicht, ob Thodoris gleich alt ist, er wirkt jedoch wesentlich jünger: mittelgroß, wohlgenährt und mit rosigen Backen. Sissis hat abgetragene Shorts, ein Leibchen mit Hosenträgern und Flip-Flops an. Thodoris trägt ein weißes Hemd, eine Hose mit akkurater Bügelfalte und Mokassins. Die beiden sind wie Tag und Nacht.
      »Seit dreißig Jahren sind wir beide unzertrennlich.«
      »Auch wenn wir sehr unterschiedlich sind«, ergänzt Thodoris, dem meine vergleichenden Blicke nicht entgangen sind.
      »Er hat immer schon Wert auf eine elegante Erscheinung gelegt«, bemerkt Sissis. »Marx hat ihn davor bewahrt, ein eitler Geck zu werden.«
      »Hör nicht auf ihn, Herr Kommissar. Ich habe geheiratet und eine Familie gegründet. Lambros ist ein Hagestolz geblieben und nun im Alter einsam und allein. Das ist der Unterschied.«
      Sissis geht mir einen Kaffee kochen, und ich bleibe mit Thodoris zu zweit zurück.
      »Lambros hat mir erzählt, daß du etwas über die Sicherheitsbataillone erfahren willst.«
      »Nicht generell über die Sicherheitsbataillone. Ein Mitglied muß den Kraftprotz, den wir gestern geschnappt haben, mit einer Luger-Pistole aus der Zeit der deutschen Besatzung ausgerüstet haben. Diese Person suche ich.«
      Sissis bringt mir den Kaffee und nimmt wieder in seinem Sessel Platz. Er hält sich zurück und überläßt Thodoris die Initiative. »Weißt du, es sind nicht mehr viele übrig. Die meisten sind tot, genau wie unsere Leute.«
      »Wenn dir jemand sagen kann, wie viele noch am Leben sind, dann Thodoris. Seit Jahren beobachtet er sie und führt Buch darüber«, bemerkt Sissis.
      »Derjenige, den ich suche, muß besonders fanatisch und uneinsichtig sein, da er nicht einmal in hohem Alter Ruhe gibt.«
      »Ich kenne zwei, auf die deine Beschreibung paßt. Natürlich kann ich nicht sagen, ob es wirklich die Gesuchten sind, aber ich kann sie dir nennen. Der eine ist der berüchtigte Kostaras.«
      »Kostaras ist es nicht«, unterbreche ich ihn. »Den habe ich gecheckt. Er lebt in einem miesen Altenheim in Nikea. Der ist zwar unbelehrbar, aber ungefährlich.«
      Ich werfe einen Blick auf Sissis. Kostaras war der Grund, weshalb wir uns kennengelernt haben. Er blickt in den Hof auf seine Blumentöpfe, scheinbar gleichgültig, als ob der Name ihm nichts sage. Aber ich weiß, daß er sich an ihn erinnert. Kostaras ist keiner von denen, die man leicht vergißt. Doch er schweigt, vielleicht um das Gespräch nicht in falsche Bahnen zu lenken, vielleicht aber auch, weil das Aufrühren alter Geschichten nicht zu seinem Charakter paßt.
      »Dann gehen wir zum zweiten Fall über, der auch der üblere ist«, meint Thodoris. Er hält kurz inne und fragt mich dann: »Sagt dir der Name Sachos Kommatas etwas?«
      »Nein.«
      »Niemandem sagt er was. Und dennoch ist er einer der blindwütigsten Mörder, die Griechenland je gekannt hat. Unter uns gesagt, damals haben wir alle getötet. Doch ihm hat es Spaß gemacht.«
      Er verstummt und wartet auf eine Reaktion, doch Sissis schweigt, weil er sich der Autorität des anderen beugt, und ich schweige aus Unkenntnis der Dinge.
      »Haben sie euch in der Polizeischule je über das Massaker von Kalavryta erzählt?« fragt mich Thodoris.
      »Man sagte uns, die Angehörigen der griechischen Volksbefreiungsarmee hätten ein paar deutsche Soldaten gefangengenommen, und die Deutschen hätten dann als Vergeltungsaktion die Einwohner von Kalavryta umgebracht und den Ort dem Erdboden gleichgemacht.«
      »Nicht ein paar Deutsche, sondern genau einundachtzig. Die Deutschen schickten Unterhändler vor, damit die griechische Volksbefreiungsarmee die Soldaten freiließe, und sie drohten mit schweren Vergeltungsmaßnahmen. Die Volksbefreiungsarmee hat nicht klein beigegeben. Dann haben die Deutschen das berühmt-berüchtigte Bataillon Ebersberger ausgeschickt. Dabei handelte es sich um etwa achthundert Deutsche mit Hans Ebersberger an der Spitze. An ihrer Seite waren aber auch dreihundert Angehörige der griechischen Sicherheitsbataillone in deutscher Uniform. Weitere tausendfünfhundert von ihnen hatten die ganze Umgebung abgeriegelt, damit keiner entkommen konnte. Die
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