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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
Autoren: Petros Markaris
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sich um ein Taschentuch. Bislang hat sie es nicht benützt, sie hat es für den Notfall dabei.
      »Wozu denn Uni und Doktortitel? He Kostas, eine gute Hausfrau soll sie werden und einen netten jungen Mann kennenlernen. Ganz ungebildet muß sie ja nicht bleiben, damit sie auch ein Gehalt nach Hause bringt und nicht von ihrem Mann abhängig ist. Heute lassen sich ja die meisten Ehepaare am nächsten Tag schon wieder scheiden. Klar, sie sollte finanziell nicht in der Luft hängen. Aber Studium und Doktorat... Wozu soll das gut sein?«
      »Der repressive Umgang mit dem Terrorismus ist notwendig, aber unzureichend. Ohne vorbeugende Maßnahmen, welche die Motive für den Terrorismus eindämmen, wird die Rechtsordnung, die Justiz, seiner Ausbreitung tatenlos zusehen müssen. So wie im Umgang mit Krebs Prophylaxe notwendig ist, so sind auch im Umgang mit dem Terrorismus Vorsorgemaßnahmen angezeigt.«
      Glücklicherweise habe ich mir weder von meiner Frau noch von meinen Kollegen einen Floh ins Ohr setzen lassen. Ich habe meinen Kopf durchgesetzt und recht behalten. Der einzige, auf den ich hörte, war Kalamitis, Katerinas Schuldirektor, der damals kurz vor der Rente stand.
      »Lassen Sie sie studieren, Herr Kommissar«, hatte er gemeint. »Ihre Tochter ist außergewöhnlich begabt. Sie wird es zu etwas bringen.«
      Dieses »Sie wird es zu etwas bringen« gab den Ausschlag. Kalamitis hatte nicht gesagt »Sie wird gut abschneiden«, »Sie wird es schaffen« oder »Sie wird vorankommen«, sondern: »Sie wird es zu etwas bringen«. Die Tochter eines Bullen, die es »zu etwas bringt«. Da entschloß ich mich, alle  Einwände in den Wind zu schlagen und meinen Kopf durchzusetzen.
      »Gibt es, Frau Kollegin, ein Recht auf den Tod?«
      Ich sehe, wie sich Adriani unwillkürlich bekreuzigt und wie Fanis, der allein in der letzten Reihe sitzt, lächelt. Er ist am einfachsten von uns allen gekleidet. Er trägt ein T-Shirt und Jeans, und seine bloßen Füße stecken in Mokassins.
      Er bemerkt meinen Blick und zwinkert mir aufmunternd zu. Von uns dreien bewahrt er die größte Ruhe, entweder weil er davon überzeugt ist, daß Katerina mit der Situation zurechtkommt, oder weil er in seiner Eigenschaft als Arzt gelernt hat, bei schwierigen Fällen nicht die Fassung zu verlieren.
      »Zweifellos besitzt der Mensch das unbeschränkte Recht auf sein Leben, außer es würde Dritte oder die Rechtsordnung in Mitleidenschaft ziehen. Das Recht auf unseren Tod rundet den Begriff vom Recht auf unser Leben ab.«
      Der Vorsitzende wendet sich an die übrigen Mitglieder. »Ich denke, wir können hier abbrechen. Gibt es weitere Fragen?« Die meisten schütteln den Kopf, ein oder zwei fügen noch ein leises »Nein« hinzu.
      »Frau Kollegin, bitte warten Sie draußen.«
      Katerina erhebt sich von ihrem Platz und geht direkt zur Tür, ohne nach rechts oder links zu blicken. Adriani und ich tauschen verlegene Blicke aus. Sollen wir bleiben oder auch hinausgehen? Adriani zuckt mit den Schultern, während ich mich zu Fanis drehe. Er bedeutet mir sitzen zu bleiben. Vorne an dem langen Tisch halten sich die Mitglieder der Prüfungskommission Katerinas Doktorarbeit wie einen Paravent vor den Mund, um ungestört zu konferieren. Nach nicht einmal zehn Minuten kommen sie zu ihrem Ergebnis, doch mir kommt es wie eine Ewigkeit vor.
      Katerina betritt den Saal, doch wiederum weicht sie unseren Blicken aus. Sie stellt sich vor die Prüfungskommission.
      »Herzliche Gratulation, Frau Kollegin«, sagt der Vorsitzende. »Mit sechs zu einer Stimme ernennen wir Sie mit der Note sehr gut zur Doktorin der Rechte.«
      »Sie wird es zu etwas bringen, Herr Kommissar«, hatte Kalamitis gesagt. »Sie wird es zu etwas bringen.«
     
     

* 2
     
    Wir kehren in Fanis' Fiat Brava nach Athen zurück. Katerina hat mich an Fanis' Seite genötigt, damit ich bequemer sitze, und mit Adriani auf dem Rücksitz Platz genommen. Ihre Mutter ist nach der feuchtfröhlichen Feier von Katerinas Doktortitel mit Tsipouro und Fischhäppchen in einer Taverne in Kalamaria noch etwas wackelig auf den Beinen. Nun ist es zehn Uhr vormittags, und wir haben Platamonas bereits hinter uns gelassen, da uns Fanis' Eltern in Volos zum Mittagessen erwarten. Wir haben uns seit ihrem ersten Höflichkeitsbesuch bei uns zu Hause nicht mehr gesehen.
      Adriani öffnet hin und wieder halb die Augen und sagt besorgt: »Fahr nicht so schnell, Fanis. Wir wollen am Eßtisch
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