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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
Autoren: Petros Markaris
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springt von ihrem Platz hoch und läuft mir entgegen.
      »Herzlichen Glückwunsch, Herr Charitos! Wie froh und stolz müssen Sie sein! Wie fühlen Sie sich jetzt, wo Katerina fertig ist mit ihrem Studium?«
      »Wie ein Marathonläufer, der acht Jahre lang unterwegs war und beim Einlaufen ins Stadion am Zusammenbrechen ist.« Sie lacht auf. »Wann kommen Sie uns besuchen? Adriani hat sich schon beschwert, daß Sie sie ganz vergessen haben.«
      »Sobald ich aus den Ferien zurückkomme. Ab Montag bin ich im Urlaub.«
      Sie deutet auf Gikas' Büro. »Sie können reingehen. Schon seit heute morgen fragt er nach Ihnen und ob Sie heute vorbeikommen.«
      Gikas sitzt an seinem wie immer leeren und wie ein Tanzparkett polierten Schreibtisch. Sobald er mich erblickt, erhebt er sich und kommt mir entgegen.
      »Glückwunsch, Kostas«, sagt er. »Keiner hat es für möglich gehalten, aber Sie haben es geschafft.«
      Wortlos schlucke ich den ersten Halbsatz hinunter, denn er bezieht sich auf das spöttische Grinsen und die abwertenden Kommentare wie »Charitos' Tochter promoviert? Daß ich nicht lache!«, die hinter meinem Rücken all die Jahre ausgetauscht wurden. Er scheint sich darüber zu freuen, daß ich alle in die Schranken gewiesen habe. Und es überrascht mich, obwohl ich eigentlich wissen müßte, daß es Teil seines Machtspielchens ist: sich zu freuen, wenn jemand alle anderen düpiert.
      »Also sagen Sie mir, wann sie sich bewirbt, damit ich ein gutes Wort für sie einlegen kann.«
      Ich bin ganz überrascht. »Wo sollte sie sich denn bewerben?«
      »Na, in der Rechtsabteilung der Polizei.«
      »Hm, ich weiß nicht, ob sie daran gedacht hat.«
      »Sagen Sie bloß, sie sucht nach einem Job, wenn sie als Tochter eines Polizeibeamten einen sicheren Posten in der Rechtsabteilung haben könnte!« sagt er mit demselben Gesichtsausdruck, den er immer annimmt, wenn ich seiner Meinung nach etwas nicht ganz kapiere.
      »Ehrlich gesagt haben wir darüber noch gar nicht gesprochen. Ich sage Ihnen Bescheid, sobald ich weiß, was sie davon hält.«
      »Schön, dann höre ich also von Ihnen. Und sagen Sie ihr: Die Zeiten sind hart, und keiner kann es sich leisten, lange herumzuprobieren. Sicherheit ist angesagt.« Offensichtlich hat jeder wieder andere Vorstellungen vom idealen Posten.
      Ich trete in den Fahrstuhl und fahre in die dritte Etage hinunter, wo mein Büro liegt. Doch im letzten Augenblick ändere ich meine Meinung und drücke den Knopf zur Cafeteria. Ich kann es nicht erwarten, die Glückwünsche all derer entgegenzunehmen, deren Spott ich jahrelang getrotzt habe.
     
     

* 4
     
    Das Klingeln des Telefons im Flur reißt mich aus dem Schlaf. Zunächst halte ich es für unseren Wecker und öffne halb die Augenlider, um auf die Zeiger zu blicken. Es ist zehn vor vier. Adriani protestiert verschlafen, schlägt ihre Augen jedoch nicht auf. Wenn es um diese Zeit klingelt, kann es nur für mich sein. Ich stehe auf und verfluche abwechselnd Gikas und Adriani. Gikas, weil er mich sicher wieder wegen irgendeiner läppischen Messerstecherei weckt, statt einen meiner Assistenten zu benachrichtigen. Und Adriani, weil sie keinen Telefonapparat im Schlafzimmer duldet, schließlich wolle sie nicht aus dem Schlaf gerissen werden.
      Ich greife nach dem Hörer und gebe ein knappes, verschlafenes »Ja?« von mir, erhalte jedoch keine Antwort. Nur so etwas wie Schluckauf oder Schluchzen ist zu hören. »Ja, wer ist denn da?« Wieder keine Antwort, doch diesmal ist das Schniefen sehr deutlich zu hören, während jemand nach Worten ringt.
      »Wer ist da! So reden Sie doch!«
      »Das Fernsehen, Herr Kommissar... Schalte das Fernsehen ein... Oh, mein Gott!...«
      »Wer ist denn da, verdammt noch mal?!«
      »Ich bin's, Sevasti. Mach den Fernseher an...«
      Ich lasse den Hörer fallen und laufe zur Fernbedienung.
      Mein erster Gedanke gilt der Linienfähre, die Katerina und Fanis nach Kreta bringen sollte. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, sie möge nicht mit Mann und Maus untergegangen sein. Doch gleichzeitig mache ich mir Mut mit dem Gedanken, daß die Route nach Kreta zu den meistbefahrenen zählt und keine Seelenverkäufer eingesetzt werden wie zu manchen abgelegenen Inseln.
      Die Lautstärke des Fernsehers zerreißt die Stille der Nacht. Ich verfluche Adriani, weil sie die Angewohnheit hat, den Fernseher als Radio zu mißbrauchen, wenn sie in der Küche Essen zubereitet
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